(Essen/Lingen) – Der Energiekonzern RWE AG hat bei dem Anlagenbauer Linde Engineering zwei 100-Megawatt-Protonen-Austauschmembran-Elektrolyseure (PEM) bestellt. RWE plant die erste der beiden Anlagen im nächsten Jahr auf dem Gelände seines Gaskraftwerks im niedersächsischen Lingen im Emsland in Betrieb zu nehmen. Die zweite Anlage soll ein Jahr später hochfahren.

Die Herstellung der Stacks und Module von Elektrolyseuren dieser Größe erfordere nach Unternehmensangaben mehrere Monate und müsse daher mit großem zeitlichem Vorlauf bestellt werden. Eine finale Investitionsentscheidung sei damit indes noch nicht verbunden.

300 Megawatt Leistung für grünen Wasserstoff

RWE will im Rahmen des Projekts „GET H2“ bis 2026 eine Elektrolyseurleistung von insgesamt 300 Megawatt in Lingen installieren und grünen Wasserstoff für industrielle Abnehmer erzeugen. GET H2 ist eines von vier Wasserstoff-Projekten mit RWE-Beteiligung, die seit Mai 2021 in der engeren Auswahl für eine Förderung aus dem Programm für „Wichtige Projekte von gemeinsamem europäischem Interesse” (IPCEI) steht. Allerdings sei die beihilferechtliche Genehmigung der EU-Kommission für die Förderung des Projekts aus Mitteln des Bundes und des Landes Niedersachsen noch nicht erteilt.

Aufbau einer überregionalen Infrastruktur

Ziel der Initiative GET H2 ist es, zusammen mit nationalen und europäischen Partnern „die kritische Masse zu schaffen, die für den Aufbau einer überregionalen Wasserstoffinfrastruktur und die Entwicklung eines europäischen Wasserstoffmarktes erforderlich“ sei. Im Rahmen der Strategie „Growing Green“ hat RWE angekündigt, bis 2030 mindestens zwei Gigawatt Elektrolysekapazität für die Erzeugung von grünem Wasserstoff zu errichten. Weltweit ist RWE eigenen Angaben zufolge an mehr als 30 Projekten auf allen Stufen der Wasserstoff-Wertschöpfungskette beteiligt.

Erst im Mai 2022 hatte die RWE AG die Dresdner Sunfire GmbH mit der Installation eines Druck-Alkali-Elektrolyseurs mit einer Leistung von zehn Megawatt in Lingen beauftragt. Der britische Hersteller von Industriegasen Linde plc liefert parallel einen Protonen-Austauschmembran-Elektrolyseur mit einer Leistung von vier Megawatt. RWE will an dem Standort im Rahmen eines Pilotvorhabens unter industriellen Bedingungen diese beiden Technologien erproben.

GET H2: Das geplante Netz verbindet im ersten Schritt die Erzeuger von grünem Wasserstoff in Niedersachsen mit industriellen Abnehmern in Nordrhein-Westfalen. © GET H2

Ab 2023 sollen mithilfe von Ökostrom pro Stunde bis zu 290 Kilogramm grüner Wasserstoff erzeugt werden. Der Versuchsbetrieb sei zunächst auf drei Jahre ausgelegt, es gebe die Option auf ein weiteres Jahr, hieß es seinerzeit. Der dabei erzeugte Wasserstoff werde im Rahmen des Verbundprojekts „GET H2“ in ein Fernleitungsnetz eingespeist. So will man mittels Testpipeline „wichtige Erkenntnisse zum Transport und zur Speicherung von Wasserstoff“ sammeln. Im ersten Schritt verbindet das darin zusammengeschlossene Konsortium aus Industrie und Wissenschaft die Produktionsstätte von grünem Wasserstoff in Niedersachsen mit industriellen Abnehmern in Nordrhein-Westfalen. Geplant ist ein rund 130 Kilometer langes Leitungsnetz von Lingen bis Gelsenkirchen.

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RWE-Kraftwerk in Lingen, Emsland. © RWE AG