(Nantes / Frankreich) – Das Projekt „HOPE“ (Hydrogen Offshore Production for Europe) wird von der Europäischen Kommission mit 20 Millionen Euro unterstützt. Ziel eines Konsortium unter Führung des französischen Unternehmens Lhyfe ist es, grünen Wasserstoff auf See zu produzieren und über eine Pipeline an Land zu schaffen.

Standort ist in der Nordsee vor dem Hafen von Ostende (Belgien) in einer Offshore-Testzone. Den Angaben zufolge liegt die Kapazität des geplanten Elektrolyseurs bei zehn Megawatt und der Ertrag bei vier Tonnen Wasserstoff pro Tag. Die Inbetriebnahmen ist für 2026 vorgesehen.

Sealhyfe produziert bereits offshore

Vorläufer und gleichsam Testballon war das 2022 von Lhyfe auf den Weg gebrachte Projekt „Sealhyfe“: Mit einer 20 Kilometer vor der Küste Frankreichs im Atlantik schwimmenden Windturbine mit einer Leistung von einem Megawatt will Lhyfe die technische Machbarkeit eines solchen Offshore-Vorhabens unter Beweis stellen und die für eine rasche Ausweitung erforderliche Betriebserfahrung sammeln.

Einweihung der Offshore-Plattform zur Erzeugung von erneuerbarem Wasserstoff in Saint Nazaire, Loire-Atlantique durch Lhyfe-CEO Matthieu Guesné im September 2022. © Lhyfe

Die beteiligten Unternehmen feierten Mitte Juni das erste dort erzeugte Kilogramm Wasserstoff. Die Plattform, die weniger als 200 Quadratmeter groß ist, kann täglich bis zu 400 Kilogramm des Energieträgers produzieren. Als Basis der Erprobung dient die unbemannte schwimmende Plattform „Wavegem“ des französischen Offshore-Spezialisten GEPS Techno, die zur Stabilisierung der Produktionseinheit auf See umgebaut und mit einer großen Zahl an Sensoren ausgestattete wurde. Sie ist mit dem „SEM-REV“ genannte Offshore-Testgelände in Nantes verbunden.

Sealhyfe: noch angedockt im Hafen. © Lhyfe

Wavegem ist eine hybride, autonome Energieerzeugungsplattform, die für die umweltfreundliche Stromversorgung von Meeres- oder Inselanlagen ohne Zugang zum Netz konzipiert ist. Die Plattform gewinnt Energie aus Wellenkraft durch die Bewegungen eines Schwimmers in einem geschlossenen Kreislauf mit Meerwasser. Die Umwandlung in elektrische Energie erfolgt über eine Turbine mit niedriger Drehzahl.

An der Entwicklung ist auch die französische Ingenieurschule Centrale Nantes beteiligt. Die norwegischen DNV Group, Dienstleister in den Bereichen technische Beratung, Ingenieurswesen, Zertifizierung und Risikomanagement, begleitet Sealhyfe mit einer Studie über Umwelt-, Sicherheits- und Betriebsrisiken.

Hoher Besuch: Staatspräsident Emmanuel Macron mit Lhyfe-CEO Matthieu Guesné bei der Einweihung. © Lhyfe

Von September 2022 bis Mai 2023 war die Sealhyfe-Plattform am Quai des Frégates im Hafen von Saint-Nazaire festgemacht. Dort seien den Angaben zufolge zunächst „Hunderte von Tests“ durchgeführt worden, um das genaue Verhalten und die Leistung aufzuzeichnen. Überdies wurde die Technologie für den Offshore-Betrieb unter extremen Bedingungen angepasst und so konzipiert, dass die Anzahl der auf See erforderlichen Fernwartungseingriffe auf ein Minimum reduziert wird.

Am 19. Mai wurde Sealhyfe zum Offshore-Testgelände vor der Küste von Le Croisic (Frankreich) geschleppt. Anschließend wurde es über ein speziell für die Wasserstoffanwendung entwickeltes Kabel mit dem Unterwasser-Hub der Anlage verbunden. Das System wurde innerhalb von 48 Stunden wieder in Betrieb genommen. Lhyfe wird nun alle Tests, die am Kai durchgeführt wurden, mehrmals wiederholen, um einen Vergleich der Ergebnisse zu erhalten, und dann „weitere offshore-spezifische Tests in Angriff nehmen“.

Startschuss für die Offshore-Wasserstoffproduktion

Mit dem aktuellen Projekt „HOPE“ will Lhyfe nunmehr das Tempo bis zur Kommerzialisierung beschleunigen. Die Offshore-Anlage wird aus drei Einheiten bestehen: Produktion und Verdichtung (bei mittlerem Druck) auf See, Export durch eine Verbundpipeline, dann weitere Verdichtung (bei hohem Druck), Lagerung und Verteilung an Land. Den grünen Strom liefert im Rahmen von PPA-Verträgen (Power Purchase Agreement) ein namentlich nicht genannter Erzeuger.

HOPE: Der offshore in einem 10-Megawatt-Elektrolyseur erzeugte Wasserstoff wird per flexibler Pipeline in das rund einen Kilometer entfernte Ostende/Belgien geleitet. Von dort wird er weitertransportiert und verteilt. Die Plattform wird mit grünem Strom versorgt und von Land aus überwacht. © Lhyfe

Das für die Elektrolyse verwendete Wasser wird aus der Nordsee entnommen, entsalzt und gereinigt. Dabei kommt ein sparsames Niedrigenergiesystem zum Einsatz, das die vom Elektrolyseur abgegebene Wärme nutzen kann, erklärt Lhyfe. Der auf See produzierte Wasserstoff wird über eine mehr als einen Kilometer lange flexible Pipeline aus thermoplastischem Verbundwerkstoff an Land gebracht, welche für diese spezielle Verwendung technisch zertifiziert wurde.

Der erste HOPE-Wasserstoff könnte nach Unternehmenseinschätzung bereits 2026 produziert werden. Als Abnehmer wird der Mobilitätssektor genannt, außerdem die Kleinindustrie in Belgien, Nordfrankreich und den südlichen Niederlanden in einem Umkreis von 300 Kilometern.

Das Konsortium

Bei dem Projekt obliegt Lhyfe das Engineering, die Beschaffung der Ausrüstung, Bauüberwachung, der Betrieb, die Optimierung des gesamten Produktions-, Export- und Verteilungssystems sowie die Projektkoordination. Die niederländische Tochter des US-Herstellers von Brennstoffzellen Plug Power Inc. liefert und installiert den 10-Megawatt-Elektrolyseur.

EDP NEW (Portugal), das Forschungsinstitut des Energiekonzerns Energias de Portugal SA, analysiert den Betrieb und leitet technisch-wirtschaftliche Studien für groß angelegte Entwicklungen. Die Agentur für Unternehmensentwicklung POM-West-Vlaanderen (Belgien) unterstützt die Projektdurchführung durch Studien und Genehmigungen sowie durch Analysen der sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Auswirkungen des Projekts. Das französische Forschungszentrum für alternative Energien und Kernenergie CEA (Commissariat à l’énergie atomique et aux énergies alternatives) wird durch digitale Simulationen den Betrieb optimieren.

Strohm entwickelt Lösungen, um offshore produzierten grünen Wasserstoff unterseeisch per Rohrleitung an Land zu transportieren. © Strohm BV

Strohm (Niederlande) liefert die flexiblen Unterwasserpipeline aus thermoplastischem Verbundwerkstoff (TCP). Das Unternehmen war damit bereits Ende 2021 in Erscheinung getreten, um den Wasserstofftransport mit neu entwickelten Rohren zu testen. Bekannt wurden seinerzeit eine Kooperation mit dem spanischen Windkraftanlagenbauer Siemens Gamesa Renewable Energy, der im Juni dieses Jahres nach einer Kapitalherabsetzung und Sqeeze-Out der verbliebenen Minderheitsaktionäre vollständig in Siemens Energy integriert wurde. Auch mit dem norwegischen Ingenieurdienstleister Seanovent Engineering AS gab es Verabredungen zur Entwicklung von Rohrstrukturen, um grünen Wasserstoff von See an Land zu transportieren.

Alfa Laval (Dänemark) liefert das Meerwasseraufbereitungssystem. Die Berliner DWR Eco GmbH ist für die Kommunikation und Verbreitung der Projektergebnisse in Europa zuständig. Das Beratungsunternehmen ERM International Group Ltd. unterstützt das Konsortium über seine im Sommer 2021 hinzugekaufte und auf kohlenstoffarme Energieversorgung spezialisierte Consulting-Tochter Element Energy (Frankreich/Großbritannien).

Außerdem gebe es nach Lhyfe-Angaben bereits Vereinbarungen mit Windkraftanlagenentwicklern und Offshore-Energiespezialisten wie EDPR, Centrica und Capital Energy.

Der kommerzielle Betrieb der in diesem Zusammenhang entwickelten Infrastrukturen für die Erzeugung, den Export und die Verteilung von Wasserstoff soll über den auf fünf Jahre angelegten EU-Förderzeitraum hinaus fortgesetzt werden.

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Lhyfe-Vision: So könnte einst die mit grünem Strom versorgte Offshore-Wasserstoffproduktion aussehen. © Lhyfe