(Torralba / Spanien) – Der Prototyp von Spaniens erstem Wasserstoffzug geht in den Probebetrieb. Den Fahrstrom bezieht der dreiteilige Triebzug entweder aus der Oberleitung oder aus seinem bordeigenen Brennstoffzellensystem. Damit könne das Fahrzeug auch Bahnstrecken ohne Fahrdraht elektrisch nutzen. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) koordiniert das Verbundprojekt „FCH2Rail“.

Auf elektrifizierten Bahnstrecken holt der Triebzug seinen Strom aus der Oberleitung. Auf Abschnitten ohne Fahrdraht liefern Brennstoffzellen und Batterien den Strom. © Adif

Hintergrund ist, dass wenig frequentierte Überland- und Nebenbahnen oft gar nicht oder nur teilweise mit Oberleitungen ausgebaut seien. Lokomotiven und Triebzüge führen daher mit Diesel. Die an dem Projekt Beteiligten aus Industrie und Forschung haben dafür nun den neuartigen Hybridantrieb entwickelt, um einen klimafreundlichen durchgehenden Bahnverkehr zwischen Stadt und Umland zu ermöglichen. „Der FCH2Rail-Zug ist ein Demonstrator des innovativen Antriebskonzepts. Wir wollen zeigen, dass der Bi-Mode-Hybridantrieb eine wettbewerbsfähige und effiziente Lösung für einen nachhaltigen Bahnverkehr ist“, erklärt Holger Dittus vom DLR-Institut für Fahrzeugkonzepte, der das Projekt leitet. Der Wasserstoffzug habe jetzt den Technologiereifegrad „Stufe sieben“ erreicht. Im November hat der spanische Betreiber für Bahninfrastrukturen Adif die Probefahrten auf der Strecke Torralba-Soria genehmigt.

Für das FCH2Rail-Projekt hat das staatliche spanische Eisenbahnunternehmen Renfe einen dreiteiligen Elektrotriebzug der Baureihe CIVIA bereitgestellt. Im Werk von CAF wurde der Zug mit Brennstoffzellen von Toyota Motor Europe ausgerüstet. © CAF

Die Ingenieure könnten nun Erfahrungen in der Praxis sammeln und den Antrieb unter verschiedenen Bedingungen erproben. Dazu würden unterschiedliche kommerzielle Fahrdienste im Nah- und Fernverkehr simuliert. „Die Testfahrten helfen uns die Antriebsleistung zu bewerten und zu verbessern sowie die Energieversorgung des Zugs ganzheitlich zu charakterisieren“, betont Holger Dittus.

Im Mittelpunkt stehe das Energiemanagement des Brennstoffzellen-Batterie-Systems. Unterschiedliche Einsätze des Wasserstoffzuges bedeuteten jeweils andere Betriebszustände. Bei der Nutzung beispielsweise als S-Bahn müsse der Zug ständig anfahren und bremsen, auf flachen Überlandstrecken sei der Energiebedarf geringer als im Bergland.

Auf Gefällstrecken helfen die Fahrmotoren wie ein Dynamo, die Batterien wieder aufzuladen. Diese dienten als Pufferspeicher für hohe Antriebsleistungen zum Beispiel beim Beschleunigen oder bei Steigungsfahrten. Für die Brennstoffzellen werde grüner Wasserstoff eingesetzt.

220 Kilometer mit gemischter Stromversorgung

Bereits auf der ersten Überlandfahrt von Zaragossa nach Canfranc sei man auf der mehr als 220 Kilometer langen Strecke mit gemischter Stromversorgung unterwegs gewesen. Dabei musste der Zug gut 1.000 Höhenmeter, eine steile Gebirgsstrecke mit engen Kurven und bis zu 20 Promille Steigung ohne Oberleitung überwinden. „Beim Wechsel von Streckenabschnitten mit und ohne Oberleitung konnten wir das Umschalten der Stromversorgung zwischen Fahrdraht und Batterie-Brennstoffzellensystem optimieren“, sagt Holger Dittus.

Seine erste Fernfahrt absolvierte der Zug auf der 220 Kilometer langen Strecke von Zaragossa nach Canfranc in den Pyrenäen. © CAF

Den dreiteiligen Elektrotriebzug hatte das staatliche spanische Eisenbahnunternehmen Renfe bereitgestellt. Das Fahrzeug hat 170 Sitzplätze, ist 65 Meter lang, gut 100 Tonnen schwer und 120 Kilometer pro Stunde schnell. Im Werk des spanischen Schienenfahrzeugherstellers CAF wurde der Zug mit Brennstoffzellen von Toyota Motor Europe ausgerüstet. Die Fahrzeugführer waren von Renfe für Fahrten mit dem bimodalen Wasserstoffzug ausgebildet worden. Mitte 2022 begannen die Tests auf abgesperrten Strecken.

An „FCH2Rail“ (Fuel Cell Hybrid Power Pack für Schienenanwendungen) sind mit dem DLR als Projektkoordinator sieben weitere Partner aus Industrie und Forschung beteiligt: aus Spanien das Eisenbahnunternehmen Renfe, der Schienenfahrzeughersteller CAF, der Infrastrukturbetreiber Adif und das Forschungszentrum für Wasserstoff CNH2; aus Portugal der Infrastrukturbetreiber Infraestruturas de Portugal sowie aus Belgien und Deutschland Toyota Motor Europe.

Die Agentur Clean Hydrogen Partnership der Europäischen Kommission zur Förderung der Entwicklung von Wasserstoff und Brennstoffzellen unterstützt das über vier Jahre laufende Projekt mit zehn Millionen Euro. Die beteiligten Industriepartner haben weitere vier Millionen Euro investiert.

Eine Projektbeschreibung über „FCH2Rail“ gibt es auf Englisch als PDF.

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Auf teilelektrifizierten Linien oder Bahnstrecken ohne Oberleitung ermöglicht die Wasserstofftechnologie einen emissionsfreien Zugverkehr. © CAF