(Düsseldorf) – Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Eisenforschung GmbH (MPIE) und ihre Kollegen von der Tsinghua University China sowie der Norwegian University of Science and Technology haben eigenen Angaben zufolge einen Weg gefunden, wasserstoffinduzierte Risse in hochfesten Stählen zu stoppen. Die Versprödung sei zu einem der Hauptprobleme geworden, welches die Umsetzung der Wasserstoffwirtschaft behindern. Hochfeste Legierungen werden in der Automobil- und Luftfahrtindustrie benötigt für den Bau von Leichtbaukomponenten und in allen anderen Bauteilen, die zur Speicherung und zum Transport von Wasserstoff eingesetzt werden.

„Stähle machen 90 Prozent des weltweiten Marktes für Metalllegierungen aus und hochfeste Stähle können besonders anfällig für Wasserstoffversprödung sein“, erklärt Binhan Sun, Themenleiter für Wasserstoffversprödung in Hochleistungslegierungen am MPIE. „Deshalb war es unser Ziel, eine kostengünstige, skalierbare Strategie zu finden, um hochfeste Stähle unter Beibehaltung ihrer mechanischen Leistungsfähigkeit widerstandsfähiger gegen Wasserstoff zu machen.“

Die Wissenschaftler implementierten dazu manganreiche Bereiche in die Mikrostruktur des Stahls, „um Risse abzustumpfen und Wasserstoff darin einzufangen“ und so die Rissausbreitung zu stoppen. „Wir haben unsere Methode mit hochfesten Manganstählen getestet, in denen wir eine extrem hohe Anzahldichte von manganreichen Pufferzonen erzeugt haben. Diese Pufferzonen stellen Sackgassen für Risse dar, indem sie scharfe Risse abstumpfen“, sagt Dirk Ponge, Leiter der MPIE-Gruppe „Mechanism-based Alloy Design“, der das Forschungsprojekt betreut. „Dadurch wird der Stahl doppelt so widerstandsfähig gegen Wasserstoff wie herkömmliche chemisch homogene Stähle, unabhängig davon, wann und wie Wasserstoff in das Material eingedrungen ist.“

Die Methode lasse sich „prinzipiell auf über zehn etablierte Stahlsorten anwenden“. Weitere Nutzungsmöglichkeiten sehen die Wissenschaftler den Angaben zufolge auch für andere Legierungssysteme, etwa mehrphasige Titanlegierungen. Bevor jedoch das Spektrum der Legierungen erweitert werde, wollen die Forscher verschiedene Methoden finden, „um Pufferzonen mit chemischer Heterogenität innerhalb des Gefüges präzise zu erzeugen“. Diese könnten den Effekt der Rissbeständigkeit weiter verstärken und besser zu den etablierten industriellen Verarbeitungsrouten passen, heißt es in einer MPIE-Mitteilung. Die Forschungsergebnisse wurden in der Fachzeitschrift Nature Materials veröffentliche.

Deep Link
https://www.mpie.de/4581011/dead-ends-for-hydrogen-induced-cracks
https://dx.doi.org/10.1038/s41563-021-01050-y

Foto oben
Coillager des Stahlherstellers Salzgitter AG / © Salzgitter AG

Grafik Mitte
Chemische Heterogenität innerhalb der Mikrostruktur führt zu einer verbesserten Beständigkeit gegen wasserstoffinduzierte Rissbildung und unterdrückt damit ein wasserstoffinduziertes vorzeitiges Materialversagen (linkes Bild). Diese Mikrostruktur wurde in einem hochfesten manganhaltigen Stahl eingestellt, in dem eine hohe Dichte an ultrafeinen manganreichen Zonen erzeugt wurde, die dazu dienen, wasserstoffinduzierte Mikrorisse abzustumpfen und aufzuhalten (einige der manganreichen Pufferzonen sind durch rote Ellipsen im rechten Bild markiert). Quelle: MPIE © Grafik: MPIE / Die Abbildung wurde reproduziert aus B. Sun et al, Nat. Mater. 2021