(Ulm) – Hybridsysteme, die Brennstoffzellen und Batterien vereinen, gelten als mögliche innovative Lösungen für umweltfreundliche Flugantriebe. „Sie erreichen nicht nur deutlich höhere Reichweiten als reine E-Flieger, sondern bieten auch das technologische Potenzial für ein Upscaling hin zu größeren Leistungsklassen“, erklärt ein Forscherteam der Universität Ulm. Die Wissenschaftlerinnen verfolgen im Rahmen des Forschungsverbundes „EnaBle“ das Ziel, hochinnovative Hybridantriebssysteme weiter zu entwickeln und zu optimieren. Herzstück ist ein elektrisches 250 Kilowatt leistendes Antriebsstrangmodul, bei dem druckluftgespeiste Brennstoffzellen zum Einsatz kommen.

Um den Weg bis zur industriellen Herstellung und gewerblichen Verwertung dieser Technologie zu beschleunigen, fördert das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) den Forschungsverbund EnaBle mit acht Millionen Euro. Zu dem Konsortium gehören die Firmen Diehl Aerospace und MTU Aero Engines, zwei Industrieunternehmen aus dem Luftfahrtbereich, sowie das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), die DLR-Ausgründung H2Fly und die Universität Ulm.

„Wir arbeiten gemeinsam an der Entwicklung eines hybridelektrischen Antriebs bestehend aus Brennstoffzelle, Batterie, Leistungselektronik und Power-Management-System“, erklärt Ronny A. Knepple, verantwortlicher Ingenieur im Bereich Energiesysteme bei der Diehl Aerospace. „Das konkrete Ziel ist die zeitnahe industrielle Umsetzung für leichte Motorflugzeuge mit bis zu 19 Sitzen.“

So funktionieren Hybridsysteme

„Die Brennstoffzelle produziert Strom aus Wasserstoff und stellt damit die energetische Grundlage des Propellerantriebes sicher. Lithium-Ionen-Batterien liefern während des Starts oder Steigfluges zusätzliche Leistung, die benötigt wird, um die Reiseflughöhe zu erreichen“, erklärt Caroline Willich, Wissenschaftlerin vom Institut für Energiewandlung und -speicherung der Universität, die Funktionsweise der Hybridsysteme. Die Ingenieurin leitet gemeinsam mit ihrer Institutskollegin Christiane Bauer die Ulmer Teilprojekte. Dabei soll unter anderem das Luftversorgungsmodul für die Brennstoffzellen entwickelt werden. „Die Brennstoffzellen, die hier zum Einsatz kommen, werden mit Druckluft betrieben. Die Druckaufladung macht die Brennstoffzellen effizienter und ermöglicht höhere Leistungen, erklärt Caroline Willich. „Dies ist besonders in Flugzeugen von Interesse, denn diese bewegen sich in großer Höhe und damit im Unterdruckbereich.“

Den Ulmer Forscherinnen obliegt auch die Entwicklung und Optimierung des Leistungsmanagementsystems. Dieses müsse „präzise, schnell und ausfallsicher dafür sorgen, dass die Batterie bei hohem Leistungsbedarf zusätzliche Energie für den Antrieb zur Verfügung stellt und während des Fluges wieder geladen werden kann“. Das System solle in der Lage sein, „auf die Anforderungen unterschiedlicher Flugprofile präzise und anwendungsnah zu reagieren“. Alleinstellungsmerkmal am Brennstoffzellen-Forschungsstandort Ulm sei ein Teststand, der in eine klimatisierte Unterdruckkammer integriert ist. Darin könnten Antriebsstrangsysteme unter realistischen, flugrelevanten Bedingungen charakterisiert und getestet werden. Die Uni Ulm erhält für ihre Aufgabe 1,8 Millionen Euro aus dem Forschungsverbund.

Skalierung entscheidend für Serienproduktion

Mit der Modularisierung des Antriebsstrangs wollen die Verbundpartner die Skalierbarkeit des Systems erhöhen, „die letztendlich entscheidend dafür ist, dass ein Prototyp industriell in Serie gehen kann“. Ein modulares Konzept erleichtere auch Wartung und Reparatur.

Während sich die Universität Ulm insbesondere auf das Modul für die Druckluft-Brennstoffzelle, das ausfallsichere Leistungsmanagement sowie die Prüfung des neuen hybriden Gesamtantriebsstranges in der Testanlage kümmert, stellt Diehl Aerospace eine sogenannte Integrierte Modulare Avionik (IMA) zur Verfügung, eine Elektronikeinheit aus standardisierten Komponenten und Schnittstellen, die im Flugzeug dafür sorgt, dass die verschiedenen Systeme miteinander kommunizieren können.

Das Institut für Technische Thermodynamik am DLR arbeitet an der Entwicklung des Brennstoffzellen- und Batteriesystems. Der Triebwerkhersteller MTU Aero Engines sorgt für die Integration der Entwicklungen in Flugzeuge aus der Klasse der 19 bis 80 Sitzer. Die DLR-Ausgründung H2Fly widmet sich den sicherheitstechnischen Anforderungen und Fragen der Zulassung.

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https://www.uni-ulm.de/in/fakultaet/in-detailseiten/news-detail/article/klimaneutral-fliegen-wasserstoffelektrische-antriebe-fuer-die-luftfahrtuni-ulm-erhaelt-18-millionen-euro-aus-dem-forschungsverbund-enable/

Foto oben
Einblicke in den Prüfstand: Zu sehen sind elektronische Teile eines Leistungsmanagementsystems für Hybridsysteme, das gerade einem Test unterzogen wird. / © Uni Ulm, Elvira Eberhardt

Foto Mitte
Der Teststand ist in einer vollklimatisierten Unterdruckkammer untergebracht. Hier werden auch hybride Antriebssysteme unter realitätsnahen Bedingungen getestet.  / © Uni Ulm, Elvira Eberhardt