(Geesthacht / Deutschland) – Die Abwärme einer 500 Megawatt leistende Offshore-Elektrolyse kann die Wassertemperatur lokal um bis zu zwei Grad Celsius erhöhen – und damit das Ökosystem negativ beeinflussen. Mehrere nah beieinanderstehende Wasserstoffanlagen mit einer Gesamtleistung von zehn Megawatt zeigen im Umkreis von 1.000 Metern immer noch einen Temperaturanstieg von 0,1 bis 0,2 Grad Celsius im Jahresmittel. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung des Helmholtz-Zentrums Hereon über die Auswirkungen von Wasserstoffproduktion mit Windenergie auf See.

Meerwasser wird oberflächennah entnommen (hellblauer Pfeil) und entsalzen. Mittels Strom aus Offshore-Windkraftanlagen wird das entsalzte Wasser elektrolysiert, um Wasserstoff zu gewinnen. Nebenprodukte und Kühlwasser werden in der Nähe der Oberfläche ins Meer zurückgeleitet (roter Pfeil) oder in der Tiefe oder in Bodennähe verteilt (weiße Pfeile). © Nils Christiansen et al.: „Offshore hydrogen production leaves a local hydrographic footprint on stratification in the North Sea“ (Link am Ende des Textes)

Bei der Offshore-Wasserstoffproduktion wird zunächst Meerwasser entsalzt und anschließend durch Elektrolyse in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten. Hierbei entstehen Abwärme und Sole. Beides wird oberflächennah zurück ins Meer geleitet. Die Studie analysiert mit Hilfe eines selbst entwickelten Computermodells erstmals den möglichen Fußabdruck der Offshore-Wasserstoffproduktion in der Nordsee. Grundlage ist ein thermisches Verfahren zur Entsalzung des Wassers durch Verdunstung. „Die entscheidenden Temperaturveränderungen treten hauptsächlich lokal auf und haben dort je nach Produktionsgröße einen Einfluss auf die Schichtung des Wasserkörpers“, sagt Erstautor Nils Christiansen vom Hereon-Institut für Küstensysteme. Diese Schichtung, so die Erklärung, sei die vertikale Aufteilung des Meeres in verschiedene Wasserschichten mit unterschiedlicher Dichte, Temperatur und Salzgehalt.

Oberflächentemperaturen im Jahresmittel in der deutschen Bucht: Die schwarzen Polygone zeigen die simulierten Windparks mit einer zehn Gigawatt leistenden Offshore-Wasserstoffproduktion. © Hereon / Nils Christiansen

„Unten befindet sich kälteres dichteres Wasser mit einem höheren Salzgehalt und vielen Nährstoffen. Darüber liegt wärmeres leichteres Wasser mit einem geringeren Salzgehalt.“ Die wärmere Schicht funktioniere wie eine Barriere und beeinflusse auch den Nährstofftransport von unten nach oben. Die Schichtung verstärke sich, wenn die Wassertemperatur an der Oberfläche durch den Eintrag der Abwärme steige. Das könne den Nährstofftransport verändern und damit auch die Produktivität des oberflächennahen Phytoplanktons, das die Grundlage für die gesamte Nahrungskette im Meer bilde. Um sich zu vermehren und Photosynthese zu betreiben, benötige es unter anderem die Nährstoffe aus den tieferen Schichten.

Dezentrale H2-Produktion verringert den Einfluss

Um den Einfluss der Wasserstoffproduktion auf die Schichtung zu minimieren empfehlen die Autoren den Eintrag der Nebenprodukte zu dezentralisieren und räumlich aufzuteilen. „Dabei produzieren mehrere kleine Elektrolyseure an verschiedenen Standorten Wasserstoff“ – statt eines großen Elektrolyseurs auf einer einzigen Plattform. Außerdem sei es sinnvoll, den Eintrag über die Wassersäule zu verteilen, von oberflächennah bis zum Meeresboden, oder die Abwärme durch technologische Lösungen zu reduzieren.

„Unsere Erkenntnisse helfen, die Auswirkungen der Erzeugung von grünem Wasserstoff auf die Meere besser zu verstehen und frühzeitig Lösungen für eine nachhaltige und naturverträgliche Energiewende auf See zu entwickeln”, sagt Nils Christiansen: „Jetzt sind weitere Studien nötig, um andere Technologien wie chemische Verfahren zu untersuchen sowie die genauen Auswirkungen auf Ökosysteme.”

Bislang wird die Technologie, die technische Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit der Offshore-Produktion von Wasserstoff noch erprobt. Die Forschungen können der Industrie helfen, dass offshore hergestellter grüner Wasserstoff tatsächlich keine Umweltschäden verursacht. Immerhin legt das deutsche Windenergie-auf-See-Gesetz (WindSeeG) von 2017 den Grundstein, um künftig Wasserstoff mithilfe von Windenergie in der Nordsee zu erzeugen. Ziel ist es, die installierte Leistung von Windenergieanlagen auf See, die an das Netz angeschlossen werden, auf insgesamt mindestens 30 Gigawatt bis zum Jahr 2030, auf 40 Gigawatt bis 2035 und 70 Gigawatt bis 2045 zu steigern.

Christiansen, N., Daewel, U., Krings, L. et al.: „Offshore hydrogen production leaves a local hydrographic footprint on stratification in the North Sea“. Die Studie ist im Nature-Fachmagazin (npj Ocean Sustain 4, 19-2025) erschienen und kostenfrei als PDF erhältlich.

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Mögliche Plattform für eine Produktion von Wasserstoff auf See: Die Forschungen können der Industrie helfen, dass offshore hergestellter grüner Wasserstoff tatsächlich keine Umweltschäden verursacht. © Aquaventus Förderverein e. V. / Jakob Martens Studios