(Bochum / Deutschland) – Industriebetriebe in Deutschland importieren relevante Energiemengen meist in Form von Erdöl und Erdgas. Auch die kommende Wasserstoffwirtschaft werde „mittel- bis langfristig auf Wasserstoffimporte angewiesen sein“, etwa pipelinebasiert aus europäischer Herstellung, oder in Form von Derivaten aus Übersee. Dies ist eines der Ergebnisse einer Studie der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG.

Studie „Wasserstoff-Verteiloptionen 2035.“ © Fraunhofer IEG

In ihrer Untersuchung haben die Forscher erstmals alle wesentlichen Wasserstoffderivate und deren Transportoptionen zwischen Importhub und Verbrauchern flächendeckend bewertet und verglichen. Sie analysierten die technischen und ökonomischen Aspekte der Verkehrsträger, die Wasserstoffderivate bis zum industriellen Endverbraucher liefern können, wenn im Jahre 2035 das Wasserstoffkernnetz installiert ist. „Insbesondere für Standorte, die nicht Wasserstoff, sondern dessen Folgeprodukte verarbeiten, ist deren direkter Bezug unter Umständen kostengünstiger“, sagen die Autoren Christoph Nolden und Thorsten Spillmann. Schon heute seien Binnenschiffe eine etablierte Transportoption für Stoffe wie Ammoniak, Methanol oder flüssige Kraftstoffe. Die meisten der betrachteten Standorte wiesen Wasserstoffbedarfe auf, die über einen großen Güterzug transportierbar wären.

Diskussion um Pipelinenetz greift zu kurz

Da der Inlandstransport nur einen Teil der gesamten Versorgungskette ausmache, führten die unterschiedlichen Transportoptionen nur zu geringen Differenzen in den Gesamtkosten. „Die derzeitige Diskussion um den Anschluss an das künftige Pipelinenetz greift zu kurz. Andere Infrastrukturen, wie das Schienennetz oder die Wasserstraßen können insbesondere in der Hochlaufphase eine flexible Alternative für zahlreiche Standorte darstellen“, heißt es in dem Papier.

Die Autoren schlagen parallel zum Ausbau des geplanten Wasserstoffkernnetzes flankierende Maßnahmen vor, etwa den Ausbau des Schienennetzes, eine differenzierte Wasserstoff-Importstrategie, die Zertifizierung der Nachhaltigkeit von Energieträgern sowie internationale Standards und eine kontinuierliche Planung und Adaption der Transportinfrastrukturen für Wasserstoff und andere Stoffe, wie beispielsweise CO2.

Import dominiert Kostenkomponente

Die in der Studie modellierten Bereitstellungskosten variieren zwischen 3.400 und 16.000 Euro pro Tonne Wasserstoffäquivalent. Mit einem Kostenanteil zwischen 41 Prozent und 100 Prozent stellen die Importkosten die dominierende Kostenkomponente dar. Die inländischen Transportkosten seien mit einem mittleren Kostenanteil von fünf Prozent in den meisten Fällen ein untergeordneter Kostenfaktor. Ein Großteil (85 Prozent) der betrachteten mehr als 570 Standorte wiesen eine vergleichsweise geringe jährliche Nachfrage von unter 150 Gigawattstunden Wasserstoffäquivalent auf. Etwa elf Prozent der Standorte benötigten über 500 Gigawattstunden.

Die Analyse wurde im Rahmen des Projekts „HySupply – Deutsch-Australische Machbarkeitsstudie zu Wasserstoff aus erneuerbaren Energien“ in Auftrag gegeben und durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.

Die Studie „Wasserstoff-Verteiloptionen 2035. Versorgungsmöglichkeiten von Verbrauchsstandorten in Deutschland mit importiertem Wasserstoff“ gibt es kostenfrei als PDF (61 Seiten).

Foto
Hochseetüchtige Tankschiffe sind nur ein Teil der Transportkette für grünen Wasserstoff. Neben Pipelines können Binnenschiffe, Züge und Lkw viele industrielle Verbraucher versorgen. © Ammonia Energy Association