(Brüssel / Belgien) – Die Novelle der EU-Erneuerbaren-Richtlinie (RED III) liegt schon lange auf dem Tisch, jetzt ist sie beschlossen. Der Rat der Mitgliedstaaten der Europäischen Union hat dem Dokument abschließend zugestimmt. Eine vorläufige Einigung von Kommission, Parlament und Rat hatte es, wie berichtet, bereits im März gegeben. Nach Abschluss des Gesetzgebungsprozesses tritt die Richtlinie nach der Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Mit dem Beschluss wird das europäische Ziel für den Anteil erneuerbarer Energien (EE) am gesamten Bruttoenergieverbrauch bis 2030 von bisher 32 Prozent auf 45 Prozent deutlich angehoben. Davon sind 42,5 Prozent verbindlich durch die Mitgliedsländer zu erbringen. Anderenfalls drohen Vertragsverletzungsverfahren. Hinzu kommen 2,5 Prozent durch weitergehende freiwillige Beiträge der Staaten oder durch gesamteuropäische Maßnahmen. Der vorgesehene Ausbau der erneuerbaren Energien bis 2030 wird damit gegenüber 2021 (22 Prozent) mehr als verdoppelt, kommentiert das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK).

  • Gebäude und Verkehr: 49 Prozent des Wärmebedarfs in Gebäuden müssen bis 2030 mittels erneuerbarer Energien gedeckt werden. Im Verkehrssektor erhöht sich das bisherige Ziel von 14 Prozent auf 29 Prozent.
  • Industrie: 42 Prozent des Wasserstoffs müssen 2030 aus erneuerbaren Energiequellen stammen. Dies entspricht laut BMWK etwa 20 bis 25 Terawattstunden. Bis zum Jahr 2035 soll der Anteil auf 60 Prozent steigen. Hierfür würden in Deutschland je nach Szenario etwa 41 bis 83 Terawattstunden grüner Wasserstoff benötigt, „da parallel die Industrie immer mehr Wasserstoff nutzt“. Zusätzlich ist vorgesehen, dass der Anteil von erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch in der Industrie jedes Jahr um 1,6 Prozent steigt.
  • Notfallverordnung entfristet: Die bisher in der EU-Notfallverordnung (EU 2022/2577) als Ausnahmen beschlossenen Regelungen zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für den Ausbau von erneuerbaren Energien und Netze werden festgeschrieben. Damit sind bei Vorhaben im „überragenden öffentlichen Interesse“ weiterhin modifizierte Verwaltungsverfahren möglich, was teils zeitaufwendige Prüfschritte einspart. Genehmigungsprozesse für neue Erneuerbare-Energien-Projekte dürfen in bestimmten Gebieten nicht länger als zwölf Monate dauern.
  • Grenzüberschreitende Projekte: Jeder Mitgliedstaat muss mindestens ein grenzüberschreitendes EE-Kooperationsprojekt angehen. Dazu gehören beispielsweise gemeinsame Offshore-Projekte. Deutschland hatte bereits Anfang Juni ein erstes solches RED-Kooperationsabkommen mit Dänemark geschlossen. Demnach sollen (wie berichtet) auf der Ostseeinsel Bornholm bis Anfang der 2030er Jahre Offshore-Windkraftanlagen mit einer Leistung von mindestens drei Gigawatt entstehen.
  • Low carbon fuels: Produktion und Nutzung kohlenstoffarmer Brenn- und Kraftstoffe erfüllen nicht die EE-Ziele. Somit wird auch Wasserstoff nur dann angerechnet, wenn dieser mit erneuerbaren Energien hergestellt wird und nicht etwa mittels Atomstrom. Diese Festlegung war lange Zeit ungewiss und führte zu Streit innerhalb der EU, weil insbesondere Frankreich mit seinem Kernkraftwerkspark eine Regelung zur Nutzung seines Atomstroms durchsetzen und diesen als besonders umweltfreundlich klassifizieren wollte. Es wird also weiterhin zwischen grünem Wasserstoff und Low-Carbon-Wasserstoff unterschieden.
  • E-Fuels: EU-weit müssen ab 2030 mindestens 1,2 Prozent e-Fuels eingesetzt werden, 2032 sind es 2,0 Prozent. Die Quote steigt bis zum Jahr 2050 auf 35 Prozent. Im Flugverkehr müssen 2050 mindestens 70 Prozent der Flugkraftstoffe aus erneuerbaren Energien stammen, dazu gehören neben e-Fuels auch Biokraftstoffe aus Rest- und Abfallstoffen.

Um die neuen Ziele zu erreichen, müssten in der EU jedes Jahr mehr als 100 Gigawatt (GW) an neuen Windrädern und Solaranlagen installiert werden. Die höheren EU-Ziele bildeten außerdem den Rahmen für weitergehende Maßnahmen wie beispielsweise die Solarstrategie, welche „ungefähr eine Verdreifachung der Photovoltaikkapazität bis 2030 auf 600 GW vorsieht“, so das BMWK. „Die neuen europäischen Regeln werden einen Boom von Investitionen in die Erneuerbaren auslösen und rechtsverbindlich machen“, prognostiziert Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck.

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RED-III erfordert jährlich 100 Gigawatt an neuen Windrädern und Solaranlagen. © RWE AG