(Bonn / Berlin) – Die Bundesnetzagentur und das Bundeskartellamt haben den Monitoringbericht 2021 über die Entwicklungen auf den deutschen Elektrizitäts- und Gasmärkten veröffentlicht. Die Datenanalysen beziehen sich primär auf das Jahr 2020, bilden mit Blick auf die Preisentwicklung aber auch das erste Quartal 2021 sowie aktuellere Tendenzen ab.

Einspeisung von Wasserstoff

Der Report liefert auch Zahlen über grünen Wasserstoff und synthetisch erzeugtes Methan. Beides wird unter „Biogas“ subsummiert, wenn sie nachweislich „weit überwiegend aus erneuerbaren Energiequellen“ hergestellt wurden (Energiewirtschaftsgesetzes, § 3 Nr. 10c).

Gemäß dieser Definition speisten im Jahr 2020 sieben Anlagen Wasserstoff und zwei Anlagen synthetisch erzeugtes Methan in das Erdgasnetz ein (Stichtag 31.12.2020). Mit einer Energiemenge von 2,8 Millionen Kilowattstunden Wasserstoff und 0,3 Millionen Kilowattstunden Methan machten diese Energieträger im Jahr 2020 jedoch nur 0,031 Prozent der gesamt eingespeisten Biogasmenge aus, heißt es in dem Bericht. Wasserstoff einspeisende Anlagen haben kumuliert eine Anschlussleistung von 11,3 Megawatt elektrisch (MWel), solche, die synthetisches Methan einspeisen, haben eine Anschlussleistung von acht MWel. Daneben gibt es „eine ganze Reihe weiterer Anlagen, die allerdings das erzeugte Gas nicht in das Erdgasnetz einspeisen“, so die Behörden. Die meisten davon seien Demonstrations- und Forschungsanlagen. Genaue Angaben zu den technischen Spezifikationen seien in vielen Fällen nicht bekannt. Die Gesamtzahl der sich momentan in Betrieb befindlichen Power-to-Gas-Anlagen – inklusive der in das Gasnetz einspeisenden Anlagen – wird auf etwa 40 geschätzt, die Summe der Anlagenleistung auf mehr als 60 MWel.

Netze und Netzausbau

Der Netzentwicklungsplan Gas 2020-2030 (NEP Gas) umfasst insgesamt 215 Maßnahmen mit einem Investitionsvolumen von circa 8,5 Milliarden Euro. Dabei seien gegenüber dem NEP Gas 2018-2028 insgesamt 60 neue Maßnahmen hinzugekommen. Die zusätzlichen vorgeschlagenen Maßnahmen stünden größtenteils im Zusammenhang mit geplanten Flüssigerdgasanlagen, den erforderlichen Ausbaumaßnahmen für grüne Gase, der Versorgung in Baden-Württemberg und der Versorgungssicherheit in den Niederlanden, der Schweiz und Italien. Die Bundesnetzagentur ermögliche außerdem den Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur. Demnach wurden insgesamt 24 Leitungen beziehungsweise Gasdruckregel- und Messanlagen im Erdgasnetz ermittelt, die für den Erdgastransport entbehrlich werden und auf Wasserstoff umgestellt werden könnten.

Dies ermögliche den Gasfernleitungsnetzbetreibern, unverzüglich ein Wasserstoffnetz aufzubauen, ohne ihre Transportaufgaben im Erdgasnetz zu vernachlässigen. Nach den im Rahmen der Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) vom Juli 2021 in Kraft getretenen Regelungen könnten die Fernleitungsnetzbetreiber im NEP Gas auch die Leitungen kenntlich machen, die auf Wasserstoff umgestellt werden können.

Hoher Bedarf am Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur

Für den Szenariorahmen zum NEP 2022-2032 haben die Fernleitungsnetzbetreiber (FNB) eine weitere Marktabfrage über den Bedarf und das Angebot von Wasserstoff zur Planung des Aufbaus einer Wasserstoffinfrastruktur durchgeführt. Es seien rund 500 Projektmeldungen eingegangen.

Die Dekarbonisierung und der Ausstieg aus fossilen Energieträgern stelle auch das Erdgasnetz vor große Herausforderungen, heißt es in dem Bericht. Der Ausstieg ist für das Jahr 2045 beschlossen, der Pfad dorthin politisch allerdings noch nicht entschieden. Die FNB gingen nach Angaben der BNetzA in Ihren Planungen bereits davon aus, „langfristig einen Großteil der vorhandenen Fernleitungsinfrastruktur für den Transport von reinem Wasserstoff zu nutzen, um so den Einsatz dekarbonisierter Gase zu ermöglichen“. Dafür würden durch die FNB im Rahmen des NP-Gas-Prozesses Leitungen ermittelt, welche ohne Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit oder Erdgastransportaufgabe für den möglichen Transport von Wasserstoff aus dem Erdgasnetz herausgenommen und umgewidmet werden könnten.

Erdgas als Brückentechnologie

Kurz- und mittelfristig solle Erdgas als Brückentechnologie die Transformation begleiten. Dieser Übergangsprozess sei für die Versorgungssicherheit „eine Herausforderung“. So sei das Leitungssystems auf den Transport von reinem Wasserstoff bei gleichzeitiger Versorgung der (verbleibenden) Erdgaskunden mit möglichst geringem Netzausbau umzustellen. Damit würden perspektivisch zwei Netze parallel betrieben.

Noch nicht absehbar sei der künftige Einsatz von Wasserstoff im Verteilnetzbereich. Des Weiteren könnte übergangsweise mehr Gas als Brennstoff für zusätzliche Spitzenlastkraftwerke in der Stromerzeugung eingesetzt werden. Diese Kraftwerke sollten selten zum Einsatz kommen, müssten aber, wenn sie benötigt würden, einsatzbereit sein. Das Gasnetz müsse die Gasversorgung dieser Kraftwerke jederzeit sicherstellen können, „unabhängig davon welche Transportaufgabe es ansonsten gerade erfüllen muss“. Je nach Standort des Kraftwerkes könnte dies zu einem Netzausbau führen, der vielleicht nur für ein paar Jahre benötigt werde.

Monitoringbericht: Weitere Eckdaten zusammengefasst

  • Rückgang der konventionellen Stromerzeugung: Für erste Steinkohlekraftwerke trat das Verbot der Kohleverstromung im Juli 2021 in Kraft, während die letzten Atomkraftwerke 2022 abgeschaltet werden. Wie der Monitoringbericht 2021 dokumentiert, verzeichnete die Stromerzeugung aus nicht erneuerbaren Energieträgern 2020 ein deutliches Minus von 11,6 Prozent. Insbesondere die Erzeugung in Kohlekraftwerken war 2020 im zweiten Jahr in Folge stark rückläufig. Der Rückgang der Verstromung bei Steinkohle betrug rund 25 Prozent und bei Braunkohle rund 20 Prozent.
  • Entwicklung bei erneuerbaren Energieträgern: Die Stromerzeugung auf Basis erneuerbarer Energieträger ist 2020 um 3,4 Prozent leicht gestiegen, insbesondere aufgrund des weiteren Ausbaus von Photovoltaik- und Windkraftanlagen. Dabei stieg der Anteil von Strom aus erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch auf 45 Prozent. Im Jahr 2020 wurden die gemäß Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) gesetzlich vorgesehenen Ausbauziele im Bereich solare Strahlungsenergie, Windenergie an Land und Windenergie auf See erreicht.
  • Großhandelspreise: Die Entwicklung bei den Strom- und Gasgroßhandelspreisen während der Frühphase der Pandemie wurde durch einen erheblichen Preisanstieg bis Jahresende 2020 wieder ausgeglichen, der sich im Jahr 2021 weiter fortsetzte. Auf den jeweiligen Endkundenmärkten lagen die gemeinsamen Marktanteile der vier absatzstärksten Strom- und Gaslieferanten „deutlich unter den gesetzlichen Vermutungsschwellen für eine marktbeherrschende Stellung“.
  • Strompreise für Endverbraucher: Zum Stichtag 1. April 2021 waren die Strompreise für Haushaltskunden im Vergleich zum Vorjahr um rund zwei Prozent gestiegen. Bei den Gewerbe- und Industriekunden war ebenfalls ein Anstieg der Strompreise zu beobachten. Erstmals seit zehn Jahren lagen die durchschnittlichen Strompreise der Haushaltskunden, die sich für Grundversorger außerhalb der Grundversorgung entschieden haben, unterhalb der Preise alternativer Lieferanten.
  • Gaspreise für Endverbraucher: Der Gaspreis für Haushaltskunden stieg zum Stichtag 1. April 2021 um rund sechs Prozent. Bei den Nicht-Haushaltskunden betrug der Anstieg für Gewerbekunden rund 4,8 Prozent und für Industriekunden rund 16,6 Prozent. Da die gesetzliche Regelung eine stufenweise jährliche Erhöhung der CO2-Bepreisung bis 2026 vorsieht und auch aufgrund der erheblichen Preissteigerungen auf den Großhandelsmärkten in der zweiten Jahreshälfte 2021, ist in den Folgejahren mit einem weiteren Anstieg des Gaspreises zu rechnen.
  • Lieferantenwechsel: Im Jahr 2020 wurde mit rund 5,4 Millionen Lieferantenwechseln von Haushaltskunden ein neuer Rekordstand erreicht. Auch im Gasbereich gab es mit rund 1,6 Millionen Lieferantenwechseln einen neuen Höchststand.
  • Liefersperrung: Um die finanziellen Folgen der Corona-Pandemie für Letztverbraucher zu dämpfen, wurde im ersten Halbjahr 2020 das Leistungsverweigerungsrecht ausgeweitet. Dies führte unter anderem dazu, dass die Anzahl der Stromsperrungen 2020 um rund zwanzig Prozent gesunken ist, die Anzahl der Gassperrungen um rund 22 Prozent. Zusätzlich zeigten sich die Energielieferanten kulant. Rund drei Viertel von ihnen verzichtete im Jahr 2020 zumindest zeitweise auf Sperrungen säumiger Strom- und Gaskunden.

Den Monitoringbericht 2021 der Bundesnetzagentur und des Bundeskartellamtes gibt es zum Download kostenfrei als PDF (540 Seiten).

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© Internationale Energieagentur

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Monitoringbericht 2021 © Bundesnetzagentur