(Hastings, Australien / Kobe, Japan) – Der Green Innovation Fund der japanischen Regierung investiert 220 Milliarden Yen (1,52 Milliarden Euro) in das „Hydrogen Energy Supply Chain“- Projekt (HESC) im australischen Bundesstaat Victoria. Die Mittel fließen an Japan Suiso Energy (JSE), ein 2021 von Kawasaki Heavy Industries gegründetes Unternehmen, an dem sich 2023 auch die Iwatani Corporation beteiligte.

„Sauberer“ Wasserstoff aus Kohle

HESC soll den Initiatoren zufolge „sauberen“ Flüssigwasserstoff aus einer Mischung aus Kohle und Biomasse gewinnen. Der Energieträger werde in einer von JSE betriebenen Anlage im Industriehafen von Hastings nahe Melbourne an der Südspitze Australiens verflüssigt und anschließend in das japanische Industriezentrum Kawasaki verschifft.

Ein neu gegründetes Joint Venture von J-Power und Sumitomo Corporation (JPSC JV) will auf diese Weise vorerst 30.000 Tonnen „sauberen“ Wasserstoff pro Jahr auf den Weg bringen. Die Kohle stammt aus dem Revier Latrobe Valley in der Region Gippsland, wo JPSC den Wasserstoff auch produzieren und anschließend das dabei abgeschiedene CO2 in der nahe gelegenen Bass Strait, die Meerenge zwischen dem australischen Festland und der südlich davon gelegenen Insel Tasmanien, speichern will.

Vorbereitungen für die Kommerzialisierung

Die jüngste Kapitalspritze ermögliche JSE die Planung und den Bau von Anlagen im kommerziellen Maßstab im Hafen von Hastings, so das Konsortium. Überdies werde die Ansiedlung der Wasserstoffproduktion im Latrobe Valley „als Katalysator für das Wachstum in der Region Gippsland wirken“, da komplementäre Industrien der Segmente Ammoniak, Düngemittel und Methanol davon angezogen würden, sagt Jeremy Stone, Direktor von J-Power Latrobe Valley: „Wir gehen jetzt von der Start-up- in die Scale-up-Phase über.“

Schema der Hydrogen Energy Supply Chain Technology Research Association (HySTRA) zur Lieferkette des Wasserstoffs von Australien nach Japan. Das Industriekonsortium wurde 2016 seitens der Japaner mit dem Ziel gegründet, Technologien und Demonstrationsprojekte zu entwickeln, welche die Realisierung und Kommerzialisierung einer CO2-freien Wasserstoffversorgungskette von der Produktion (unter Nutzung von Braunkohle) bis hin zu Transport und Speicherung umfasst. © Kawasaki Heavy Industries

Allerdings handele es sich „um ein komplexes Projekt, bei dem noch einiges an Genehmigungen, Planung, Bau und Inbetriebnahme zu erledigen“ sei, sagt Eiichi Harada, CEO von Japan Suiso Energy. Geplant ist, die großindustrielle Wasserstoffproduktion Ende dieses Jahrzehnts Jahre anlaufen zu lassen.

Testlauf im vergangenen Jahr absolviert

Das Konsortium hatte bereits im vergangenen Jahr einen Testlauf durchgeführt. So war im Januar 2022 in Hastings der weltweit erste Tanker für Flüssigwasserstoff in See gestochen. Die „Suiso Frontier“ nahm von dort Kurs auf Japan und traf Mitte Februar vergangenen Jahres in Kobe ein. Der seinerzeit transportierte Wasserstoff wurde in Latrobe Valley hergestellt, per Lkw nach Hastings transportiert, auf minus 253 Grad abgekühlt und somit verflüssigt.

Die „Suiso Frontier“ stach im Januar 2022 mit Flüssigwasserstoff beladen von Hastings aus in See und kam gut 14 Tage später in Kobe an. Das Schiff war eigens dafür gebaut worden, um den Ablauf von der Wasserstoffprodukton bis zur Löschung der Ladung am Ziel zu testen. Auf dem Bild sieht man die HESC-Projektverantwortlichen, noch auf australischem Boden. © HESC

Die „Suiso Frontier“ wurde eigens für das Pilotprojekt gebaut. In einer kommerziellen Phase wären solche Flüssigwasserstofftanker größer und würden mit kohlenstoffneutralem Flüssigwasserstoff (LH2) betrieben, ähnlich wie Tanker für Flüssigerdgas (LNG) mit LNG fahren. Die Technologie für den Antrieb eines Schiffes, das die Ozeane mit Wasserstoffmotoren überquert, sei „noch nicht verfügbar, sodass Diesel die vorerst praktikabelste Option für die Suiso Frontier war“, hatte eine Sprecherin auf unsere Anfrage erklärt.

Indes haben Kawasaki Heavy Industries, Ltd., Yanmar Power Technology Co., Ltd. und die Japan Engine Corporation bereits ein Konsortium zur gemeinsamen Entwicklung von wasserstoffbetriebenen Motoren „für eine breite Palette von Schiffen sowie ein Wasserstofftreibstoffspeicher- und -versorgungssystem “ gebildet. Geplant sei, wasserstoffbetriebene Schiffsmotoren bis 2025 auf den Markt zu bringen.

Die beteiligten Konzerne

Derzeit dürfte es wohl kaum Zweifel daran geben, dass HESC eines Tages tatsächlich umgesetzt wird. Das Vorhaben ist „too big to fail“, immerhin sind kapitalstarke Industriegrößen Japans involviert.

  • Japan Suiso Energy (JSE) wurde 2021 von Kawasaki Heavy Industries als ein Unternehmen gegründet, das Forschung, Planung, Betrieb und Investitionen in die globale Lieferkette von Flüssigwasserstoff übernehmen wird. Im Jahr 2023 trat die Iwatani Corporation bei, um eine weltweit erste globale Energieversorgungskette mit Flüssigwasserstoff zu schaffen.
  • Die Electric Power Development Co., Ltd (J-Power) ist eines der größten japanischen Energieversorgungsunternehmen mit einer weltweit installierten Erzeugungsleistung von 25 Gigawatt. Ihr Anteil an erneuerbaren Energien liegt in Japan bei 50 Prozent. J-Power investiert in eine Reihe von Projekten für saubere Energie, darunter Pumpspeicherwerke, Windkraftanlagen, Biomasse, Solarenergie und sauberer Wasserstoff.
  • Der Mischkonzern Sumitomo Corporation, eines der größten Handelshäuser Japans mit einem breiten Spektrum an Aktivitäten, engagiert sich unter anderem in Bereichen wie Wasserstoff, Ammoniak, Forstwirtschaft, Biomasse, Solarenergie, Batteriespeicher sowie Abscheidung, Nutzung und Speicherung von Kohlenstoff (Carbon Capture Use and Storage, CCUS).

Auch der vom Ministerium für Wirtschaft, Handel und Industrie (METI) ins Leben gerufene Green Innovation Fund hat noch hinreichend Kapital im Rücken. Der zwei Billionen Yen (13,8 Milliarden Euro) schwere Fonds wurde in Kooperation mit der staatlichen Forschungs- und Entwicklungsorganisation NEDO (New Energy and Industrial Technology Development Organization) eingerichtet, um Initiativen der Industrie zur Dekarbonisierung über einen Zeitraum von zehn Jahren kontinuierlich zu unterstützen.

Kohlenstoffintensität als Maßstab

Nach Auffassung von HESC wende sich der globale Wasserstoffmarkt von der „Farbcodierung der Wasserstoffproduktion“ ab und hin zu einem „praktischeren Ansatz“. Die Kohlenstoffintensität des produzierten Wasserstoffs gemäß der Formel „Kilogramm CO2 pro Kilogramm H2“ werde mit Hilfe eines Herkunftsnachweises („Guarantee Origin Scheme“) überprüft, der von der australischen Regierung entwickelt wird.

Dies erleichtere die genaue Bewertung des Energieträgers. Kunden hätten dann „die Gewissheit, dass die Produktion und der Transport von sauberem Wasserstoff ihren Anforderungen an die Reduzierung der Kohlendioxidemissionen entspricht.“

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Der Hafen von Hastings an der Südspitze Australiens ist künftig Ausgangspunkt der kommerziellen Verschiffung von Wasserstoff nach Japan. © Port of Hastings