(Karlsruhe) – Der Aufbau einer Netzinfrastruktur für Wasserstoff im Rahmen des Projekts „Get H2“ ist kartellrechtlich auf der sicheren Seite: Das Bundeskartellamt hat „derzeit keine Bedenken“ gegen die Zusammenarbeit mehrerer Betreiber von Erdgasnetzen, die gemeinsam ein Wasserstoffnetz aufbauen und betreiben, erklärte die Behörde.

Pipelines von Lingen bis Ruhrgebiet

Im Rahmen des Projekts wollen die Ferngasnetzbetreiber Nowega GmbH, Open Grid Europe GmbH und Thyssengas GmbH schrittweise Pipelines von Lingen bis in das Ruhrgebiet und von der niederländischen Grenze bis nach Salzgitter zum Transport von Wasserstoff zusammenschließen. Das geplante Netz besteht, wie berichtet, sowohl aus nicht benötigten Leitungen für Erdgas, die auf Wasserstoff umgestellt werden, als auch aus neuen Leitungen und verbindet die Erzeuger von grünem Wasserstoff mit industriellen Abnehmern in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Die Kooperationsvereinbarung wurde im März 2020 unterzeichnet.

Entwurf einer deutschlandweiten Wasserstoffinfrastruktur: Bis 2030 soll schrittweise ein 5.100 Kilometer langes Netz entstehen, das maßgebliche Standorte von Raffinerien, Stahlwerken und der chemischen Industrie als Großverbraucher von Wasserstoff verbindet. Das Netz ist außerdem Grundlage für eine flächendeckende Versorgung von Wasserstofftankstellen. Die Skizze ist Teil des Netzentwicklungsplans Gas 2022-2032. © Vereinigung der Fernleitungsnetzbetreiber (FNB Gas e.V.)

Unterstützt wird das Vorhaben von mehr als 50 Industriepartnern. Zunächst ist der Aufbau einer Elektrolysekapazität von 300 Megawatt vorgesehen. Bis 2026 erfolge die Anbindung von Kavernenspeichern, danach die Verbindung zu weiteren Großprojekten.

„Der beginnende Markthochlauf von Wasserstoff geht aktuell mit einer Vielzahl von Kooperationsprojekten einher“, sagt Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes. Die Umstellung vorhandener und nicht mehr benötigter Gasleitungen wie beim Projekt Get H2 spielt dafür ohne Zweifel eine große Rolle.“

Bei der Zusammenarbeit zwischen Wettbewerbern müssten die „Leitplanken des Kartellrechts“ beachtet werden. Durch eine Kooperation dürfe der Wettbewerb nur so weit und so lange eingeschränkt werden, „wie dies für den zügigen Aufbau der Wasserstoffinfrastruktur erforderlich“ sei. Die wettbewerblichen Anforderungen umfassten „insbesondere einen diskriminierungsfreien Netzzugang für Erzeuger und Vertrieb.“ Dabei dürften andere Betreiber von Wasserstoffinfrastruktur nicht ausgeschlossen werden.

Das Modell der Konzerne kommt dem nach. Es sieht vor, dass Erzeuger und Abnehmer an beliebigen Punkten im Netz Wasserstoff einspeisen oder abnehmen können. Das von den Beteiligten gewählte Zugangsmodell sei „bereits als effizientes Nutzungs- und Abrechnungssystem im Gasbereich etabliert“, so das Kartellamt. Dies sichere den diskriminierungsfreien Zugang zum Netz und vermeide mögliche Wettbewerbsschäden im Bereich der Erzeugung und des Vertriebs von Wasserstoff. Es habe bei der Beurteilung des Vorhabens keine Hinweise darauf gegeben, „dass dieser Infrastrukturwettbewerb derzeit in unzulässiger Weise beschränkt“ werde.

Allerdings ist diese Beurteilung kein Freibrief für alle Zeiten. Die Marktverhältnisse im Bereich Wasserstoff entwickelten sich „dynamisch und sind aktuell nicht sicher vorhersehbar“. Daher könnte in der Zukunft „eine Neubewertung einzelner Aspekte“ der Kooperation erforderlich sein. Man werde, so die Juristen, „die Wettbewerbsverhältnisse auf den Märkten aufmerksam im Blick behalten“.

Ein Info-Papier des Konsortiums „Mit Wasserstoff bringen wir gemeinsam die Energiewende voran Get H2 – Initiative für den Aufbau einer bundesweiten H2-Infrastruktur“ gibt es als PDF kostenfrei zum Download.

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Teilabschnitt von „Get H2“. © BP Deutschland