(Stockholm / Schweden) – Das schwedische Unternehmen H2 Green Steel AB bekommt frisches Kapital in Höhe von rund 1,5 Milliarden Euro. Das Geld dient der weiteren Finanzierung des weltweit ersten groß angelegten und neu gebauten grünen Stahlwerks im schwedischen Boden und dem damit verbundenen Elektrolyseur im Giga-Maßstab.

Sommer 2022: Beginn der vorbereitenden Baumaßnahmen in Boden auf dem 240 Hektar großen Gelände des künftigen Stahlwerks. © H2 Green Steel AB

Den Auftrag für den Bau einer Anlage zur Direktreduktion (DRI) von Eisenerz hatte H2 Green Steel im Oktober 2022 an die luxemburgische Paul Würth SA, Teil des Anlagenbauers SMS Group GmbH, und seinen US-Konsortialpartner, die auf DRI-Technologie spezialisierte Midrex Technologies, Inc. vergeben. Die Erdarbeiten auf dem Gelände in Boden sind seit Sommer 2022 im Gange, nachdem die Behörden das Vorhaben genehmigt hatten. Die Inbetriebnahme ist für Ende 2025 geplant, gefolgt von einer Hochlaufphase im Jahr 2026. Die Kapazität beläuft sich nach Unternehmensangaben auf jährlich 2,5 Millionen Tonnen grünen Stahl.

Hy24 als neuer Investor

Die Investorengruppe wurde von der schwedischen Kapitalgesellschaft Altor Equity Partners angeführt, die vorrangig in den nordeuropäischen Ländern und in der DACH-Region investiert. Als neuer Investor steigt Hy24 aus Frankreich ein. Diese Investitionsplattform für sauberen Wasserstoff ist ein 50:50-Joint-Venture zwischen der französischen Private-Equity-Beteiligungsgesellschaft Ardian SAS und der Schweizer FiveT Hydrogen AG des Investmenthauses FiveT.

Im „Direktreduktion“ (DRI) genannten Verfahren wird zur Eisengewinnung das CO2-intensive Koks durch Erdgas oder Wasserstoff ersetzt. Bei dem Prozess entsteht aus Erz ein „Eisenschwamm“ genanntes Produkt in Pelletform mit einem Eisengehalt von 92 bis 95 Prozent. Diese Pellets werden zu kleinen Eisenbriketts (HBI, hot briquetted iron) verpresst und dann im Elektrolichtbogenofen zu Rohstahl weiterverarbeitet. Die Technologie selbst ist nicht neu und seit den 70er-Jahren im Einsatz. Neu ist die Nutzung von grünem Wasserstoff und grünem Strom. Damit entstehen rund 95 Prozent weniger CO2-Emissionen als bei Rohstahl, der mit herkömmlicher Hochofentechnologie und Koks hergestellt wird. In diesem Fall proklamieren Stahlhersteller für sich, grünen Stahl zu erzeugen. © Grafik: Stahlinstitut VDEh

An der Transaktion beteiligen sich auch die neuen Investoren Andra AP-Fonden und Temasek Holdings. Andra AP-Fonden ist einer von fünf Finanzsäulen des schwedischen Rentensystems. Qua Auftrag ist der Fonds verpflichtet, weltweit nur in risikoarme Vorhaben zu investieren. Temasek ist eine Holding der Regierung von Singapur, mit deren Hilfe die Entwicklung des Stadtstaates vorangetrieben wird.

Zu den bestehenden Investoren gehören die ebenfalls schwedische Pensionsfondsgesellschaft AMF Pensionsförsäkring AB, die schwedische Investorin und Großaktionärin der schwedischen Investmentgesellschaft Kinnevik AB Cristina Stenbeck, Hitachi Energy (Japan), IMAS Foundation (Niederlande), Kinnevik (Schweden), der Maschinenbauer und Automobilzulieferer Schaeffler Group (Deutschland), der H2-Steel-Mehrheitsgesellschafter Vargas Holding (Schweden) und die schwedische von der Wallenberg Investments Holding gemanagte Investmentfirma FAM AB. Zu den Alt-Investoren gehören überdies GIC Ltd., ebenfalls ein Fonds der Regierung von Singapur, sowie der britische Risikokapitalgeber Just Climate LLP.

„Das Kaliber der Investoren, die hinter uns stehen, ist beeindruckend“, sagt Henrik Henriksson, CEO von H2 Green Steel. „Einige der professionellsten Institutionen, Investoren und Industrieunternehmen weltweit nehmen an dieser Runde teil.“ Es sei die bislang größte Privatplatzierung in Europa in diesem Jahr. Seit dem Start im Jahr 2021 habe H2 Green Steel in drei Finanzierungsrunden mehr als 1,8 Milliarden Euro an Eigenkapital aufgebracht. Auf der Fremdkapitalseite gab H2 Green Steel im Jahr 2022 die Struktur seiner Fremdfinanzierung in Höhe von über 3,5 Milliarden Euro bekannt.

Pellets und Briketts von Vale

Wenige Tage vor dieser Finanzierungsrunde hatte das Unternehmen eine Vereinbarung mit der brasilianischen Vale S.A. bekannt gegeben, einem der drei weltweit größten Bergbaukonzerne. Demnach wolle man „die Machbarkeit der Entwicklung grüner Industriezentren in Brasilien und Nordamerika“ untersuchen, um eine nachhaltige Stahlproduktion zu ermöglichen.

Eisenerzbriketts für die DRI-Stahlproduktion. © H2 Green Steel AB

In solchen Industriezentren wird Vale voraussichtlich Anlagen für Eisenerzbriketts (hot briquetted iron, HBI) bauen und betreiben. Die Anzahl der zu errichtenden Industriezentren, Standorte und Produktionskapazitäten würden im Anschluss an Machbarkeitsstudien festgelegt. „Sowohl Brasilien als auch Teile Nordamerikas haben aufgrund des Zugangs zu erneuerbaren Energiequellen, hochwertigem Eisenerz und der politischen Bereitschaft, Dekarbonisierungsprojekte zu unterstützen, ein großes Potenzial“, erklärt Kajsa Ryttberg-Wallgren, Executive Vice President Growth and Hydrogen Business von H2 Green Steel.

Im Juli hatten Vale und H2 Green Steel außerdem eine Vereinbarung über die Lieferung von Direktreduktionspellets an das Werk in Boden unterzeichnet. Vale rechnet damit, nach 2030 eine Produktionskapazität von 100 Millionen Tonnen bei Briketts und Pellets zu erreichen. „Wir sehen in Brasilien ein großes Potenzial als Drehscheibe für kohlenstoffarme Stahlprodukte“, sagt Marcello Spinelli, Vice President of Iron Ore Solutions bei Vale. Das Land biete „hochwertiges Eisenerz und eine große Verfügbarkeit von erneuerbaren Energien, einschließlich Wind- und Solarenergie“, welche die Produktion von grünem Wasserstoff unterstützten.

Foto
H2 Green Steel bekommt neues Kapital für das Stahlwerk im schwedischen Boden. © H2 Green Steel AB