(Düsseldorf) – Das schwedische Unternehmen H2 Green Steel AB hat den Auftrag für den Bau einer Anlage zur Direktreduktion von Eisenerz an die luxemburgische Paul Wurth SA und seinen US-Konsortialpartner Midrex Technologies, Inc. vergeben. In dem „DRI“ genannten Verfahren wird zur Eisengewinnung das CO2-intensive Koks durch Wasserstoff ersetzt – der im Idealfall mittels Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt wird. In diesem Fall proklamieren Stahlhersteller für sich, grünen Stahl zu erzeugen. Bei dem Prozess wird das Erz auf Eisenschwamm in Pelletform reduziert, der dann weiterverarbeitet wird.

Die Produktion am gewählten Standort Boden im Norden Schwedens soll 2025 starten, gefolgt von einer Hochlaufphase im Jahr 2026. Die Kapazität beläuft sich nach Unternehmensangaben auf jährlich 2,5 Millionen Tonnen grünen Stahl. „In unserem Stahlwerk werden wir die CO2-Emissionen im Vergleich zur herkömmlichen Stahlerzeugung um bis zu 95 Prozent senken“, sagt Maria Persson Gulda, Technologievorstand von H2 Green Steel.

DRI-Verfahren auf dem Vormarsch

Paul Wurth, Teil des Düsseldorfer Maschinen- und Anlagenbauers SMS Group GmbH, und Kobe-Steel-Tochter Midrex, nach eigenen Angaben „Technologieführer beim DRI-Anlagenbau“, beanspruchen für sich, in Schweden die „weltweit erste kommerzielle mit Wasserstoff betriebene DRI-Anlagen“ zu installieren.

Allerdings gibt es, wie mehrfach berichtet, derzeit eine ganze Reihe solcher Projekte in verschiedenen Stadien der Umsetzung, unter anderem bei den Konzernen Salzgitter AG, Thyssenkrupp und ArcelorMittal.

1,5 Millionen Tonnen Stahl sind schon verkauft

Die Schweden verkünden derzeit Forschritte beinahe im Wochentakt. Im Mai hatte H2 Green Steel eigenen Angaben zufolge schon Stahl-Abnahmeverträge mit Laufzeiten von fünf bis sieben Jahren für mehr als 1,5 Millionen Tonnen pro Jahr abgeschlossen. Zu den Kunden zählen demnach unter anderem die Zulieferer der Automobilindustrie Adient (Irland), Mubea (Deutschland), Schaeffler (Deutschland) und Bilstein (Deutschland), die Stahl- und Metallhändler BE Group (Schweden) und Klöckner (Deutschland), die Autobauer BMW, Mercedes-Benz und Scania sowie die Hersteller von Haushaltsgeräten Electrolux und Miele, um nur einige zu nennen.

Im Juni verkündeten H2 Green Steel und Statkraft ihre Zusammenarbeit. Demnach liefert der norwegische Energiekonzern ab 2026 pro Jahr rund zwei Terawattstunden Strom aus schwedischen Wasserkraftwerken nach Boden, um Elektrolyseure mit einer Leistung von 800 Megawatt zur Wasserstoffherstellung zu betreiben. Insgesamt habe man Verträge über die Lieferung von 14 Terawattstunden geschlossen, erklärte das Unternehmen.

Im Juli begannen die Bauarbeiten für das neue Stahlwerk mit Rodungen auf dem 270 Hektar großen Gelände, nachdem die Behörden das Vorhaben genehmigt hatten.

Ende August sammelte H2 Green Steel im Rahmen einer Finanzierungsrunde rund 190 Millionen Euro für das Projekt. Zu den neuen Investoren gehören unter anderem AMF, GIC, Schaeffler, Swedbank Robur und Alternative Equity. Auch die bisherigen Anteilseigner Vargas, Kingspan, FAM, Marcegaglia, IMAS Foundation, Cristina Stenbeck, Daniel Ek und der Altor Fund V beteiligten sich nochmals. Kobe Steel Ltd. ist ebenfalls an dem Projekt beteiligt. In einer ersten Finanzierungsrunde im Mai kamen 105 Millionen Dollar (108 Millionen Euro) zusammen.

Weitere Wasserstoffprojekte mit Hydro Harland

In der vergangenen Woche bekräftigen H2 Green Steel und Hydro Harland, Tochter des norwegischen Aluminiumkonzerns Hydro ASA, ihre Zusammenarbeit. Die Unternehmen wollen eruieren, welche weiteren Wasserstoffvorhaben in Skandinavien und Südamerika umsetzbar sind.

Demnach prüfe man etwa in Brasilien die Möglichkeiten zur Herstellung von grünem Wasserstoff, um dort ebenfalls ein DRI-Stahlwerk zu errichten. Dessen Kapazität wird mit fünf Millionen Tonnen angegeben.

Im Norden Europas werde „das Potenzial für eine groß angelegte Wasserstoffproduktionsanlage“ untersucht. Darüber hinaus sollen „gemeinsame Anstrengungen unternommen werden, um die Versorgungssicherheit und den sicheren Betrieb der Wasserstoffproduktion, -speicherung und -nutzung zu gewährleisten“. Sofern machbar, sollen die Projekte mit Hydra „ab der zweiten Hälfte des Jahrzehnts“ durchgeführt werden.

Grafiken
Rendering des geplanten grünen Stahlwerks im schwedischen Boden. © H2 Green Steel AB

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Die vorbereitenden Baumaßnahmen in Boden begannen im Juli mit Rodungsarbeiten auf dem 240 Hektar großen Gelände des künftigen Stahlwerks. © H2 Green Steel AB

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