(Berlin) – Die deutschen Fernleitungsnetzbetreiber (FNB) haben ihre Pläne für das künftige überregionale Wasserstoff-Kernnetz vorgestellt. Dies sei „die erste Stufe für einen schnellen und kosteneffizienten Aufbau der Wasserstoff-Netzinfrastruktur in Deutschland“, die mit dem Markt „bedarfsgerecht wächst und in den EU-Binnenmarkt eingebettet ist“, so das Bundeswirtschaftsministerium in einer Stellungnahme.

Entwurf: Die dargestellten Leitungen sind rund 11.200 Kilometer lang. Die FNB gehen davon aus, dass das Wasserstoff-Kernnetz nach der Optimierung kleiner ausfallen wird. © FNB Gas e.V.

Ziel ist es, große Verbrauchs- und Erzeugungsregionen für Wasserstoff in Deutschland miteinander zu verbinden, beispielsweise Industriezentren, Speicher und Kraftwerke, aber auch Importkorridore einzubeziehen. Die Fernleitungsnetzbetreiber haben für das Szenario 309 Wasserstoffprojekte berücksichtigt. Die Einspeiseleistungen für Wasserstoff betragen 101 Gigawatt, davon stehen 87 Gigawatt Ausspeiseleistung zur Verfügung.

Mehrere Medien hatten zwar in der vergangenen Woche berichtet, die Leitungen hätten insgesamt eine Länge von rund 11.200 Kilometer. Doch ist der aktuelle Planungsstand laut FNB noch nicht „der finale Entwurf“ des Wasserstoff-Kernnetzes. Die Trassenvarianten würden noch bewertet und optimiert. Der Verband geht davon aus, dass das Kernnetz „nach der Optimierung kleiner ausfallen“ werde.

Die Bundesregierung verfolgt das Ziel eines privatwirtschaftlichen Aufbaus des Wasserstoff-Kernnetzes, das durch Netzentgelte finanziert wird. Im Mai hatte das Bundeskabinett den Entwurf der Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) beschlossen. Dieser enthält auch die Rechtsgrundlage zum Wasserstoff-Kernnetz (Paragraf 28r). Der Abschluss des parlamentarischen Verfahrens wird für Herbst 2023 angestrebt.

BDEW: Unterdimensionierung vermeiden

Allerdings hatte der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) eine „Vorausschauende Netzplanung“ angemahnt: „Eine Unterdimensionierung des Kernnetzes mit Blick auf die Leitungslänge und/oder die Transportkapazität ist in jedem Fall zu vermeiden, da hierdurch eine kostspielige nachträgliche Verstärkung des Kernnetzes notwendig würde“, heißt es in einer Stellungnahme der Lobbyvereinigung zum Referentenentwurf vom Mai. Das Netz solle „mit ökonomischem Augenmaß, aber gleichzeitig auch zukunftssicher dimensioniert werden“.

Gerade im mittelständischen Bereich gebe es eine Reihe von Industriekunden, „die aufgrund von Höchsttemperaturanwendungen nicht auf Strom oder Fernwärme umsteigen können, sondern statt Gas Wasserstoff benötigen“, etwa Reifenhersteller, Pharmaindustrie, Nahrungsindustrie und Düngemittelhersteller. Daher sollten nach Ansicht des BDEW für die Auslegung des Kernnetzes „über die bereits heute gesicherten Mengen und Bedarfe hinaus auch absehbar zu transportierende Wasserstoffmengen berücksichtigt werden“.

Industrie soll Stellung nehmen

Hersteller und Nutzer haben nunmehr die Gelegenheit, zum FNB-Entwurf Stellung zu nehmen und beispielsweise weitere Bedarfe und Leitungsinfrastrukturen anzumelden. Im Rahmen der „finalen Modellierung“ solle ein „optimiertes Kernnetz“ entworfen werden, welches im Herbst 2023 zur Prüfung an die Bundesnetzagentur (BNetzA) übergeben wird.

Betreiber von Verteilernetzen, Wasserstoffnetzbetreiber und Rohrleitungsinfrastrukturen haben bis zum 28. Juli Gelegenheit zur Stellungnahme und Meldung weiterer Wasserstoffinfrastrukturen für das Kernnetz. Für die Rückmeldungen gibt es ein vorbereitetes Formular auf der Webseite der FNB Gas.

Länder, Verbände und sonstige Stakeholder haben ebenfalls bis zum 28. Juli Gelegenheit zur Stellungnahme. Diese kann per E-Mail eingereicht werden (wasserstoffkernnetz@bmwk.bund.de).

Die Vereinigung der Fernleitungsnetzbetreiber Gas e.V. ist ein Zusammenschluss von zwölf überregionalen Gastransportunternehmen und vertritt als Lobby deren Positionen gegenüber Politik und Öffentlichkeit. Sitz der Vereinigung ist Berlin.

Ein PDF (28 Seiten) zum „Planungsstand Wasserstoff-Kernnetz“ gibt einen detaillierten Überblick über die Szenarien und die Modellierung.

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Die Fernleitungsnetzbetreiber legen Planungen für künftiges Wasserstoff-Kernnetz vor. © FNB Gas e.V.