(Wilhelmshaven / Deutschland) – Der Energiekonzern Uniper SE hat den US-Hersteller von Elektrolyseuren Electric Hydrogen Co. (EH2) jetzt „exklusiv“ mit der Planung einer 200 Megawatt leistenden Elektrolyse für das Projekt „Green Wilhelmshaven“ in Norddeutschland beauftragt. EH2 begann bereits im Oktober 2024 mit den ersten Arbeiten im Rahmen einer Pre-Front-End-Engineering-Design-Studie (Pre-FEED) für das Projekt.
Die auf der „Proton Exchange Membrane“-Technologie (PEM) beruhende EH2-Anlage soll den Strom aus Windkraftanlagen beziehen. Ein komplettes 100-Megawatt-Elektrolyseursystem des Unternehmens umfasse alle Systemkomponenten, die zur Umwandlung von Wasser und Strom in Wasserstoff erforderlich seien, einschließlich Energieumwandlung, Gasaufbereitung, Wasseraufbereitung und Wärmemanagement. Jede Anlage könne fast 50 Tonnen grünen Wasserstoff pro Tag „zu revolutionär niedrigen Kosten“ produzieren, sagte Raffi Garabedian, Chief Executive Officer und Mitbegründer von EH2 im Oktober 2023. Die 100-MW-Elektrolyseuranlagen könnten laut EH2 ab 2026 in der Europäischen Union eingesetzt werden.
Elektrolyse und Ammoniak-Importterminal
Die Elektrolyseure in Wilhelmshaven sollen auf dem Gelände des ehemaligen Uniper-Steinkohlekraftwerks errichtet werden. Das Vorhaben umfasst neben der großtechnischen Herstellung von grünem Wasserstoff auch einen Importterminal für Ammoniak in direkter Nachbarschaft zum ersten LNG-Terminal im Norden von Wilhelmshaven, das von einer Konzerntochter betrieben wird.
„Unipers Wasserstoffprojekt in Wilhelmshaven ist ein Eckpfeiler unserer Pläne, die Energiewende mitzugestalten“, sagt Susanne Thöle, Director of Hydrogen bei Uniper. Beide Anlagen würden über Pipelines an das Wasserstoffkernnetz und an Speicher im norddeutschen Raum angebunden. „Green Wilhelmshaven“ soll als zentrales Drehkreuz für grünen Wasserstoff aufgebaut werden. „Zusammen könnten die beiden Projekte einen erheblichen Teil des prognostizierten deutschen Bedarfs an grünem Wasserstoff decken“, so das Unternehmen.
Im April dieses Jahres hieß es, die Planungen für „Green Wilhelmshaven“ sähen einen Ausbau der Elektrolyse bis auf eine Leistung von einem Gigawatt vor, was eine Wasserstoffproduktion von 100.000 Tonnen pro Jahr ermögliche. Über das fertige Terminal könnten mindestens 300.000 Tonnen grünes Ammoniak per Schiff importiert werden, das in Wasserstoff umgewandelt und ebenfalls in das deutsche Kernnetz eingespeist würde, so Holger Kreetz, COO der Uniper SE
Zu dem Zeitpunkt unterzeichneten Uniper und die Salzgitter AG einen Vorvertrag über die Abnahme von jährlich 20.000 Tonnen grünen Wasserstoff aus Wilhelmshaven. Der Stahlkonzern will den Energieträger in der im Bau befindlichen Direktreduktionsanlage in Salzgitter (Niedersachsen) zur Herstellung von nahezu CO2-neutralem Stahl einsetzen. Der Bedarf in der ersten Ausbaustufe liegt den Angaben zufolge bei 150.000 Tonnen jährlich.
Gegenstand des Vorvertrages seien unter anderem technische und kommerzielle Rahmenbedingungen der Wasserstofflieferung. In Abhängigkeit von der Verfügbarkeit des deutschen H2-Kernnetzes und einer Pipeline könnte Uniper frühestens ab 2028 zertifizierten grünen Wasserstoffs liefern. Eine Pipelineverbindung von Wilhelmshaven nach Salzgitter sei „zwingend erforderlich“, so die Unternehmen im Frühjahr.
Wasserstoff aus Wilhelmshaven will Uniper unter anderem auch in seinen seit 2017 nicht mehr kommerziell genutzten Salzkavernen im norddeutschen Krummhörn bei Emden lagern. Für den als Pilotprojekt deklarierten Umbau vom Erdgas- zum Wasserstoffspeicher hatte der Konzern Im Juli 2022 vom Land Niedersachsen einen Förderbescheid in Höhe von 2,37 Millionen Euro erhalten. Das Volumen betrage nach Fertigstellung 250.000 Kubikmeter. Die Gesamtinvestitionen bezifferte Uniper auf zehn Millionen Euro. Anfang der 2030er Jahre will Uniper mehr als 80 Prozent seiner installierten Kraftwerksleistung zur CO2-freien Stromproduktion nutzen.
Finanzstarke Konzerne stützen EH2
Electric Hydrogen wurde 2020 gegründet und hat eigenen Angaben zufolge bis heute Gelder in Höhe von mehr als 750 Millionen Dollar erhalten. Gut die Hälfe davon stammt aus einer Finanzierungsrunde im Oktober 2023. Dabei wurden von weltweit tätigen, teils namhaften Konzernen 380 Millionen Dollar (257 Millionen Euro) eingesammelt.
Unter den Geldgebern sind „Hauptinvestor und potenzieller Kunde“ Fortescue Future Industries, Teil der Fortescue Metals Group Ltd. des australischen Bergbaumagnaten Andrew Forrest. Die bestehenden Investoren – globale Schwergewichte der Industrie wie Amazons Climate Pledge Fund, Equinor Ventures, Mitsubishi Heavy Industries und Rio Tinto – setzten ihre Beteiligung fort, ebenso die Finanzinvestoren Breakthrough Energy Ventures sowie Capricorn Partners, Prelude Ventures und S2G Ventures. Mit im Boot sind außerdem die Risikokapitalgeber Fifth Wall (USA) und Energy Impact Partners (USA). Als neue Investoren hatte man BP Ventures, Oman Investment Authority, Temasek, Microsofts Climate Innovation Fund, den United Airlines Sustainable Flight Fund, New Legacy, Kajima Ventures und Fatima Holdings USA gewinnen können.
100-Millionen-Dollar-Kreditlinie von Banken
Im Mai dieses Jahres hatte Electric Hydrogen (EH2) überdies von einem Bankenkonsortium eine Kreditlinie von 100 Millionen Dollar (93 Millionen Euro) erhalten. „Mit der Kreditsicherung sind wir gut positioniert, um in den kommenden Jahren Gigawatt an Elektrolyseanlagen zu liefern und es unseren Kunden zu ermöglichen, ihre Dekarbonisierungsziele zu erreichen“, sagte Derek Warnick, Mitgründer und Chief Financial Officer des Unternehmens.
Zuvor hatte EH2 bereits eine Unterstützung durch das US-Energieministerium in Höhe von 65 Millionen Dollar verkündet sowie 50 Millionen Dollar durch die US-Investmentgesellschaft Trinity Capital, um seine Elektrolyseurfabrik in Devens (Massachusetts) bei Boston zu skalieren. Die ersten Elektrolyseure der Gigafactory würden noch in diesem Jahr an ein Projekt im Südosten von Texas ausgeliefert. Electric Hydrogen hat Niederlassungen in Kalifornien und Massachusetts.
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Uniper SE will seinen Standort in Wilhelmshaven zur Wasserstoffdrehscheibe ausbauen. © Bundesanstalt für Wasserbau