(Leipzig) – Die Entwicklung einer ostdeutschen Wasserstoffwirtschaft biete große Potenziale für nachhaltige Wertschöpfung und CO2-Einsparungen. Dazu müsse jedes Bundesland seine spezifische Stärke einbringen. Zudem sollten Politik, Wirtschaft und Wissenschaft koordiniert vorgehen und bundesländerübergreifend agieren. „In der Folge könnte Ostdeutschland im Wettbewerb mit anderen Regionen um nachhaltige Wasserstoffprojekte und – fördermittel besser bestehen.“

Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie „H2-Masterplan für Ostdeutschland“ im Auftrag des Gasversorgers VNG AG, Leipzig. Erstellt wurde das knapp 90-seitige Papier von den drei Fraunhofer-Instituten für Energieinfrastrukturen und Geothermie (IEG), System- und Innovationsforschung (ISI) und Keramische Technologien und Systeme (IKTS). Die Wissenschaftler haben dabei „die Chancen und Herausforderungen in den neuen Bundesländern“ analysiert und herausgearbeitet, welche Maßnahmen „in den nächsten Jahren ergriffen werden sollten, um eine nachhaltige Wasserstoffwirtschaft zu implementieren“.

Gute Voraussetzungen für H2-Markthochlauf

Die Wirtschaftsstruktur in Ostdeutschland biete demnach „hervorragende Voraussetzungen, um den erwarteten Markthochlauf der Wasserstofferzeugung und -nutzung mitzugestalten“. Es gebe eine Reihe an hoch spezialisierten und international renommierten Unternehmen im Maschinen- und Anlagenbau sowie führende Forschungsinstitutionen im Bereich der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie.

Vor allem die beiden Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg wiesen ein hohes Potenzial zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien auf. In Sachsen-Anhalt existiere „eine hervorragend ausgebaute Speicherinfrastruktur“. Sachsen wiederum habe eine hohe Expertise im Bereich Anlagen- und Maschinenbau und Thüringen im Bereich der Sicherheits- sowie Mess-, Steuer- und Regelungstechnik.

Der Großteil der Akteure konzentriere sich aktuell in und um die Zentren Dresden, Chemnitz und Berlin sowie im Mitteldeutschen Chemiedreieck mit der Metropolregion Leipzig/Halle. Diese Cluster befänden sich somit im Umfeld größerer Städte, die über Hochschul- oder Universitätsstandorte verfügen und im Einzugsbereich gewachsener Industriestandorte. Weitere Cluster fänden sich in der Nähe des Seehafens Rostock sowie in den Regionen Magdeburg und Cottbus, wobei insbesondere an der Ostseeküste die Verfügbarkeit von günstigem Windstrom einen Standortvorteil darstelle.

Großes Potenzial für H2-Wirtschaft

Potenzial zum Aufbau einer ostdeutschen Wasserstoffwirtschaft sei somit vorhanden, attestieren die Autoren der Studie. Allerdings gelte es dieses Potenzial schnell auszubauen und zu nutzen, „weil der Konkurrenzdruck beim Thema grüner Wasserstoff hoch“ sei und sich viele Regionen und Bundesländer derzeit positionierten.

In allen ostdeutschen Bundesländern existierten etablierte interministerielle Arbeitsgruppen, Netzwerke und weitere Gremien, die sich aktiv mit der Entwicklung der Wasserstoffstrategien beschäftigen. Allerdings fehle bisher „eine grundlegende und zugleich stetige politische Koordination über die Grenzen der neuen Bundesländer hinweg, die die Kräfte bündelt“ und die Initiierung größerer gemeinsamer Vorhaben ermögliche, mahnen die Wissenschaftler: „Hierdurch könnten Synergieeffekte identifiziert und gehoben werden, wobei die Bundesländer sich auf ihre jeweiligen Stärken fokussieren können.“ Überdies werde damit ein Schwachpunkt der neuen Bundesländer – kaum finanzstarke Großunternehmen, erschwerter Zugang zu Kapital – zumindest teilweise behoben.

Die Studie schlägt vor, ein Gremium „Wasserstoffagentur Ostdeutschland“ zu schaffen, das sich aus Vertretern interministerieller Arbeitsgruppen sowie Vertretern aus Wirtschaft und Wissenschaft zusammensetzt und die Gestaltung und Umsetzung des Masterplans steuert.

Die Summe aller Potenziale für den Einsatz von Wasserstoff in Ostdeutschland ergebe ein mögliches Potenzial an Wasserstoffnachfrage von etwa 37 Terawattstunden. „Dieses gilt es zu heben“, so die Studie.

Deep Link
https://vng.de/de/newsroom/2021-05-20-wasserstoff-masterplan-fuer-ostdeutschland-zeigt-schritte-fuer-den-aufbau

„H2-Masterplan für Ostdeutschland“ (Hrsg.: Fraunhofer IEG). Die Studie gibt es kostenfrei als PDF (88 Seiten) unter
http://www.h2-masterplan-ost.de/wp-content/uploads/sites/11/2021/05/H2-Masterplan-fuer-Ostdeutschland.pdf

Foto
Energiepark Bad Lauchstädt: Reallabor zur intelligenten Erzeugung, Speicherung, Transport, Vermarktung und Nutzung von grünem Wasserstoff. © Torsten Proß/Jeibmann Photographik