(Berlin) – Gegenwärtig sind in Deutschland Elektrolyseure installiert, bei denen es sich lediglich um kleine Demonstrationsanlagen handelt und die in der Regel eine elektrische Leistung von maximal zehn Megawatt aufweisen. Daher sei in diesem Jahr der Stromverbrauch für die Herstellung von grünem Wasserstoff im Vergleich zum gesamten Stromverbrauch in Deutschland vernachlässigbar, heißt es in der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage von Bündnis90/Die Grünen im Bundestag (Drucksache 19/27338). Die Partei möchte wissen, mit welchem Bedarf an erneuerbaren Energien die Bundesregierung für die Produktion von grünem Wasserstoff in diesem Jahr sowie jeweils für die Jahre 2030, 2040 und 2050 rechnet, und welche tatsächlichen Strommengen in Deutschland für die Produktion von grünem Wasserstoff in den fraglichen Jahren zur Verfügung stehen.

20 Terawattstunden im Jahr 2030

Für das Jahr 2030 sieht die Nationale Wasserstoffstrategie der Bundesregierung eine elektrische Elektrolysekapazität von fünf Gigawatt vor. Bei unterstellten 4.000 Vollnutzungsstunden pro Jahr wäre hiermit ein Stromverbrauch von 20 Terawattstunden verbunden, heißt es in der Antwort. Spätestens im Jahr 2040 sollen gemäß der Nationalen Wasserstoffstrategie zehn Gigawatt Elektrolyseleistung installiert sein. Unter der Annahme von jährlich 4.000 Vollbenutzungsstunden wäre hiermit ein Stromverbrauch von 40 Terawattstunden verbunden. Bis 2050 sei die Entwicklung der inländischen Wasserstofferzeugung „aus heutiger Sicht sehr unsicher“. Dies hänge unter anderem von der zukünftigen Technologie- und Nachfrageentwicklung ab. Zudem kann neben der inländischen Erzeugung Wasserstoff auch importiert werden.

Zwischen dem Ausbau erneuerbarer Energien und dem Ausbau der Produktion von grünem Wasserstoff bestehe „ein enger Zusammenhang“. Die Bundesregierung erarbeite derzeit Kriterien, um die „grünen“ Eigenschaft von Wasserstoff beim Bezug von Netzstrom glaubwürdig nachzuweisen und werde diese Konzepte „mit der Europäischen Kommission diskutieren“, heißt es auf die Frage, auf welche Weise „Greenwashing“ bei grünem Wasserstoff ausgeschlossen werden soll.

Keine Erkenntnisse zu Offshore-Wasserstoffproduktion

Hinsichtlich des Potenzials für die Wasserstofferzeugung durch Offshore-Standorte in der Nordsee habe die Bundesregierung „noch keine Erfahrungen“ vorliegen. Man sei aber bestrebt, so das federführende Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, „zügig Pilotprojekte auf See zu realisieren, aufgrund derer dann belastbare Aussagen zu technischen Herausforderungen und Kosten getroffen“ würden. Strom aus Windenergieanlagen auf See könnten eine hohe Auslastung der Wasserstoffektrolyseure gewährleisten, „wenn diese direkt an einen Windpark angebunden sind“, was auch die Stromnetze entlaste.

Bislang sei allerdings unklar, „ob und unter welchen Bedingungen Elektrolyse auf See möglich ist“. Es handele sich um relativ kleine Flächen, für die die Errichtung eines eigenständigen Netzanschlusses nicht in Frage kämen.

Elektrolyseure in Süddeutschland könnten Stromengpass verschärfen

Photovoltaikanlagen wiesen in Deutschland im Vergleich zur Windenergie geringere Volllaststunden auf. Bei einer ausschließlichen Nutzung von Photovoltaikstrom könne dies „gerade in der Markthochlaufphase, wo die Kapitalkosten der Elektrolyse noch besonders hoch sind, die Auslastung der Elektrolyseure begrenzen und damit die Wirtschaftlichkeit von Projekten reduzieren“. Zudem sollten im Hinblick auf die Standorte von Elektrolyseuren die Auswirkungen auf das Energiesystem berücksichtigt werden. Der zusätzliche Stromverbrauch sollte keine bestehenden Engpässe im Stromnetz verschärfen oder zusätzliche Stromnetzengpässe hervorrufen, was insbesondere bei umfangreichen Elektrolyseleistungen im Umfeld der küstenfernen Industrieregionen Süddeutschlands der Fall sein könnte.

Die Grünen wollten außerdem wissen, inwiefern die Bundesregierung sicherstelle, dass keine zusätzliche Kohlekraft oder andere fossile Energieträger für die Wasserstoffproduktion benötigt würde. Es sei, so die Antwort, in der Nationalen Wasserstoffstrategie dargelegt, dass nur Wasserstoff, der auf Basis erneuerbarer Energien hergestellt wurde, auf Dauer nachhaltig sei. „Daher ist es Ziel der Bundesregierung, grünen Wasserstoff zu nutzen, für diesen einen zügigen Markthochlauf zu unterstützen sowie entsprechende Wertschöpfungsketten zu etablieren.“

Die Bundesregierung gehe gleichzeitig davon aus, dass sich „in den nächsten zehn Jahren ein globaler und europäischer Wasserstoffmarkt herausbilden“ werde. Auf diesem Markt würde auch CO2-neutraler („blauer“ oder „türkiser“) Wasserstoff gehandelt. Aufgrund der engen Einbindung in die europäische Energieversorgungsinfrastruktur werde daher auch in Deutschland der CO2-neutrale Wasserstoff eine Rolle spielen – „und, wenn verfügbar, auch übergangsweise genutzt“.

Definition von „grünem“ Wasserstoff

Zur internationalen Definition von grünem Wasserstoff baue die Bundesregierung neben der bilateralen Energiezusammenarbeit vor allem auf multilaterale Energiekooperation (unter anderem im Rahmen internationaler Organisationen und Foren wie IEA, IRENA, G7/G20, CEM und MI). So befasse sich etwa die CEM-Initiative mit Herkunftsbezeichnungen von Wasserstoff, um den seitens der Industrie vorangetriebenen Zertifizierungsprozess zu begleiten. Mittelfristig solle nur noch die Produktion von grünem Wasserstoff zum Aufbau eines globalen Marktes gefördert werden. Auch der Nationale Wasserstoffrat (NWR) beschäftige sich mit einer wirksamen und überprüfbaren Definition von grünem Wasserstoff. Eine abschließende Empfehlung liege allerdings noch nicht vor.

Wasserstoff aus neu errichteten und mit erneuerbaren Energien betriebenen Inselnetzen – als eine der möglichen Energiequellen für grünen Wasserstoff – könne relativ einfach zertifiziert werden, da in diesem Fall der zusätzliche Bau erneuerbarer Energien und die Herkunft des Stroms gut nachweisbar seien. Allerdings müssten bei einer Zertifizierung auch weitere Aspekte berücksichtigt werden, insbesondere eine nachhaltige Wasserversorgung.

Finanzierung von Förderprogrammen

In weiteren Fragen forderte die Grünen-Fraktion unter anderem Antworten zur Finanzierung konkreter Förderprogramme. So stehen laut Bundesregierung für Maßnahmen des Klimaschutzprogramms 2030 zur Einrichtung eines „Nationalen Dekarbonisierungsprogramms“ seitens des Bundesumweltministeriums für die Jahre 2021 bis 2024 insgesamt 1,89 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen „Energie- und Klimafonds“ des Bundeshaushalts für industrielle Projekte zur Verfügung. Als erstes Investitionsvorhaben wurde im Dezember 2020 für das Projekt „ProDRI – Industrielle Produktion von direktreduziertem Eisen (DRI) auf Basis von Erdgas und/oder Wasserstoff“ der Salzgitter Flachstahl GmbH eine Zuwendung in Höhe von 5,2 Millionen Euro bewilligt. Weitere Projektanträge würden derzeit geprüft. Die Leitprojekte „H2Mare“, „H2Giga“ und „TransHyDE“ befänden sich im Antrags- und Bewilligungsverfahren. Daher könne das BMWi weder zur Verteilung der Fördermittel noch zur Partnerstruktur Angaben machen. Die insgesamt eingeplante Fördersumme beläuft sich hier auf 700 Millionen Euro.

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https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/273/1927338.pdf

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