(Berlin) – In einer Beschlussvorlage für den Bundesrat (DS 647/20) fordern die Länder Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern die Bundesregierung auf, die in der Nationalen Wasserstoffstrategie enthaltenen Maßnahmen „schnellstmöglich umzusetzen“. Die Wasserstoffnutzung in Deutschland sei demnach gleichbedeutend mit der Verwendung grünen Wasserstoffs. Dies erfordere einen „Technologiehochlauf und ein Heimatmarkt insbesondere für Demonstrationsanlagen“. Der müsse „jetzt entwickelt werden, ohne dass derzeit die entsprechenden Mengen grünen Wasserstoffs zur Verfügung stehen“. Die Produktion grünen Wasserstoffs soll von der EEG-Umlage für den Abschreibungszeitraum der Anlagen befreit werden.

Rechsrahmen noch in dieser Legislatur erforderlich

Zudem sei zur Schaffung eines europäischen Marktes für grünen Wasserstoff und daraus hergestellter Folgeprodukte eine eindeutige Klassifizierung beziehungsweise Zertifizierung von grünem Wasserstoff auf europäischer Ebene erforderlich. Die Bundesregierung wird daher aufgefordert, sich schnellstmöglich für entsprechende Anpassungen des europäischen Rechtrahmens einzusetzen und nationale Lösungen umzusetzen.

Ein gesetzgeberisches Handeln ist noch in dieser Legislaturperiode erforderlich, heißt es in dem Papier, um Erzeugung, Transport und Speicherung von Wasserstoff im energie- und klimapolitisch erforderlichen Umfang sicherzustellen. Die Bundesregierung soll daher „zeitnah den Entwurf eines Wasserstoffinfrastrukturgesetzes vorlegen“.

Die zuständigen Ausschüsse empfehlen dem Bundesrat die gegenüber der Anfang November eingebrachten Originalvorlage in der leicht geänderten Fassung anzunehmen. Die Mitglieder der Ausschüsse halten es unter anderem für erforderlich, dass „das Umlagen-, Steuer- und Abgabensystem im Energiesektor einer grundsätzlichen Reform unterzogen und hierbei systematisch, sektorenkopplungsfreundlich, dekarbonisierungsorientiert und technologieoffen fortentwickelt“ werde. Dazu gehöre auch eine schrittweise Reduzierung der EEG-Umlage beispielsweise für Wasserstoffelektrolyseanlagen.

In eine solche grundsätzliche Reform seien auch die im Klimaschutzprogramm 2030 angekündigten und mit der nationalen Wasserstoffstrategie beschlossenen Bestrebungen der Bundesregierung einzuordnen, die Produktion von grünem Wasserstoff von der EEG-Umlage zu befreien. Die Umlagebefreiung müsse unverzüglich gesetzlich umgesetzt werden.

Überdies seien rechtzeitig die Voraussetzungen für die Realisierung von Vorhaben zur Erzeugung, zur Nutzung, zur Speicherung und zum Transport wie zum Import von Wasserstoff zu schaffen. Dies umfasse insbesondere eine Anpassung des Planungs- und Genehmigungsrechts sowie die weitergehende Einbeziehung von Wasserstoffinfrastruktur in die Bedarfsplanung. Nur so seien die mit der nationalen Wasserstoffstrategie verankerten Ausbauziele erreichbar.

Nicht nur Grün, sondern auch Türkis

Die Ausschüsse haben gegenüber der Originalvorlage unter anderem hinzugefügt, „dass neben dem grünen Wasserstoff auch andere klimaneutrale Formen von Wasserstoff wie insbesondere der türkise Wasserstoff (das heißt Wasserstoff, der über die thermische Spaltung von Methan hergestellt wurde) eine große Bedeutung haben werden“. Denn nach Expertenmeinung, so der federführende Wirtschaftsausschuss gegenüber dem Plenum, werde die Erzeugungskapazitäten von grünem Wasserstoff in Deutschland „nicht annähernd ausreichen, um den gestiegenen Bedarf durch die geplante Umstellung von Industrieprozessen und die Nutzung in Teilgebieten des Verkehrs (Luft- und Schifffahrt, Nutzfahrzeuge) zu decken“. Daher müssten zusätzlich große Mengen an grünem Wasserstoff importiert, aber auch andere Formen einer klimaneutralen Erzeugung von Wasserstoff entwickelt und genutzt werden.

Die Vorlage war Anfang November von Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil in die Länderkammer eingebracht worden. Das Land Mecklenburg-Vorpommern hat sich angeschlossen. Die nun von den Ausschüssen empfohlene Beschlussvorlage steht auf der Tagesordnung für die nächste Bundesratssitzung am 27. November 2020.

Deep Link
https://www.bundesrat.de/SharedDocs/beratungsvorgaenge/2020/0601-0700/0647-20.html
https://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2020/0601-0700/647-1-20(neu).pdf?__blob=publicationFile&v=1

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Bundesratsgebäude in Berlin / © Bundesrat