(Wilhelmshaven) – Am Wochenende wurde in Wilhelmshaven der bundesweit erste Anleger für die Ankunft von Schiffen mit Flüssigerdgas (LNG) eingeweiht. Über das Terminal sollen jährlich mindestens fünf Milliarden Kubikmeter Erdgas angelandet und in das deutsche Ferngasnetz eingespeist werden. Dies seien rund sechs Prozent des deutschen Gasbedarfs. Damit könnten elf Prozent von Deutschlands Gasimporten aus Russland ersetzt werden, erklärten die Projektbeteiligten.

Noch vor Weihnachten werde regasifiziertes Flüssigerdgas durch die neu geschaffene Wilhelmshavener Anbindungsleitung (WAL) in das deutsche Gasnetz strömen, so der Betreiber von Seehäfen Niedersachsen Ports GmbH & Co. KG, der Gasversorger Uniper SE und der Fernleitungsnetzbetreiber Open Grid Europe GmbH (OGE) in einer gemeinsamen Mitteilung. Der reguläre Betrieb startet laut Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) im Januar.

Die Vorbereitungen begannen im März 2022. Baubeginn mit dem ersten Rammschlag war am 5. Mai, die Speicher- und Verdampfungseinheit (Floating Storage and Regasification Unit, FSRU) wurde im Juli gechartert, Bauarbeiten und Rohrverlegung für die Anbindungsleitung begannen im August, die Übergabe des fertigen Anlegers erfolgte im November.

Gute logistische Bedingungen

Die Anlage in Wilhelmshaven könne von LNG-Tankern aller Größen und unabhängig von den Gezeiten angefahren werden. Am schwimmenden Terminal wird das angelieferte LNG zum Spezialschiff „Esperanza“ des norwegischen Unternehmens Höegh LNG geleitet, dort verdampft und wieder in den gasförmigen Zustand überführt. Anschließend wird das Gas von dieser schwimmenden Umwandlungsanlage über die Wilhelmshavener Anbindungsleitung in das deutsche Ferngasnetz bei Etzel eingespeist. OGE hat dafür eine 26 Kilometer lange Gasleitung errichtet. Die Arbeiten an der Hafeninfrastruktur wurden durch Niedersachsen Ports vorgenommen, Uniper hat das Terminal gebaut, erklärten die Unternehmen.

Die FSRU-Nutzung an der neuen Hafenanlage ist allerdings nicht unumstritten, da täglich große Mengen Chlor aus einem Reinigungsprozess in das Meer geleitet würden. Umweltverbände erwägen bereits Klagen gegen diese Technologie, die etwa in Australien aus Gründen des Umweltschutzes nicht eingesetzt werden dürfe.

Weitere Terminals in Arbeit

Nach Angaben der Bundesregierung sollen weitere fünf solcher schwimmender Anleger folgen. Der Standort Brunsbüttel wird ab dem Jahreswechsel 2022/23 von mehreren Energieunternehmen beliefert. Die Anfangskapazität beginnt bei 3,5 Milliarden Kubikmetern und steigt bis Ende 2023 auf 7,5 Milliarden Kubikmeter. Zwei weitere Schiffe sollen in Stade und Lubmin eingesetzt werden.

In Lubmin entstehe zudem bis Ende 2022 ein weiteres Flüssigerdgas-Terminal durch ein privates Konsortium. Ein weiteres von der Bundesregierung angemietetes Terminal soll im Winter 2023/24 in Wilhelmshaven einsatzbereit sein.

Infrastruktur auch für Wasserstoff geeignet

Das Design des Terminals und der Leitungen wurde „wasserstoff-ready“ geplant. Die LNG-Infrastruktur sei eine „kurzfristige Lösung für alternative Importmöglichkeiten“ von fossilem Gas, das jedoch „nur vorübergehend“ eine Rolle spiele, so das Bundeswirtschaftsministerium. Die Bundesregierung plane, die Infrastruktur in Zukunft auch für Wasserstoff zu nutzen. Das Gesetz sehe daher für fossiles LNG eine Befristung vor und müsse danach auf grüne Energieträger wie Wasserstoff umgestellt werden.

Im August 2022 hatten Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und der kanadische Energieminister Jonathan Wilkinson im Beisein von Bundeskanzler Olaf Scholz und Premierminister Justin Trudeau ein Wasserstoffabkommen („Canada-Germany Hydrogen Alliance“) geschlossen. Der grüne Energieträger solle in den kanadischen Atlantik-Provinzen Neufundland und Labrador, Nova Scotia und New Brunswick hauptsächlich mittels Windkraft erzeugt und anschließend als Ammoniak über den Atlantik nach Deutschland verschifft werden. Die ersten Transporte sind für 2025 vorgesehen.

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Im ersten deutsche LNG-Terminal in Wilhelmshaven soll in den nächsten Jahren auch Wasserstoff verarbeitet werden. © Bundesregierung / Bergmann