(Kemble, England / Hollister, USA) – Die britisch-amerikanische Zero Avia Inc., spezialisiert auf elektrische Flugzeugantriebe, hat in den letzten Tagen eine Reihe von Meldungen über die weitere Entwicklung des Unternehmens veröffentlicht. Demnach soll die Power Cell Sweden AB ab 2024 Brennstoffzellenstacks mit einer Leistung von je 100 Kilowatt liefern. Eine entsprechende Absichtserklärung wurde jetzt unterzeichnet. Die endgültige Vereinbarung könnte 5.000 Einheiten über einen Zeitraum von fünf Jahren umfassen, erklärte Zero Avia. Die Bedingungen würden bis zum dritten Quartal ausgehandelt. Die Brennstoffzellenstapel sollen zur Herstellung eines zertifizierten 600-Kilowatt-Antriebsstrangs für ein 19-sitziges brennstoffzellenbetriebenes Verkehrsflugzeug verwendet werden.
Weitere 30 Millionen Dollar eingeworben
Überdies verkündete Zero Avia in der vergangenen Woche den Abschluss einer weiteren Finanzierungsrunde, womit 30 Millionen Dollar (29 Millionen Euro) akquiriert wurden. Zu den neuen Investoren zählen der Sustainable Impact Capital-Fonds von Barcleys, Neom aus Saudi-Arabien, der Berliner Risikokapitalgeber AENU sowie die International Airlines Group (IAG). Damit steige das zur Verfügung stehende Kapital seit der letzten Runde im Dezember – an der sich, wie berichtet, neben Risikokapitalgebern unter anderem United Airlines, die Alaska Air Group sowie Shell Ventures beteiligt hatten – auf 68 Millionen Dollar (66 Millionen Euro).
Mit dem frischen Geld will Zero Avia sein Programm für den wasserstoffelektrischen Antrieb „ZA2000“ mit einer Leistung von zwei bis fünf Megawatt (etwa 3.000 bis 7.000 PS) vorantreiben. Dieser wird für 40- bis 90-sitzige Turboprop-Maschinen entwickelt und soll ab 2026 Flugstrecken von 500 nautischen Meilen (knapp 1.000 Kilometer) ermöglichen. Größere Flieger sollen mit flüssigem Wasserstoff und kleinere mit gasförmigem Wasserstoff angetrieben werden.
Für genau diese Antriebe hatte Zero Avia – ebenfalls in der vergangenen Woche – eine Absichtserklärung mit der Regionalfluggesellschaft Ravn Alaska unterzeichnet. Ravn, Teil der Northern Pacific Airways, Inc., hat demnach 30 solcher Antriebsstränge bestellt, um seine Flotte zweimotoriger Turboprop-Maschinen De Havilland DNC-8 („Dash-8“) umzurüsten. Das Unternehmen betreibt derzeit eigenen Angaben zufolge eine Reihe von Q100- und Q300-Flugzeugen auf Strecken, welche die ländlichen Gemeinden in Alaska bedienen. Die neuen Antriebe ermöglichten den Angaben zufolge somit emissionsfreie Flüge zwischen Alaskas größter Stadt Anchorage, Hauptquartier der Gesellschaft, und der 440 Meilen nordwestlich davon gelegenen knapp 600 Seelen zählenden Gemeinde St. Mary’s, die auf dem Landwege nicht zu erreichen ist und von Ravn mehrmals pro Woche angeflogen wird.
Ausbau von Flughafeninfrastruktur
Zero Avia wird die Mittel auch für den Aufbau von Infrastrukturen an Flughäfen einsetzen. Dazu wurde jüngst unter anderem eine Vereinbarung mit dem Edmonton International Airport (EIA) in Kanada geschlossen. Die Dekarbonisierung des Flugbetriebs solle sowohl in Edmonton selbst als auch auf dem Inlandsflughafen Villeneuve Airport erforscht und entwickelt werden; dieser wird ebenfalls von EIA betrieben und liegt rund eine Autostunde vom Hauptflughafen entfernt.
Im Rahmen der Zusammenarbeit werden Zero Avia und EIA zunächst ein Pilotprogramm durchführen, bei dem ein Demonstrationsflugzeug mithilfe des „Hydrogen Airport Refuelling Ecosystem“ (HARE) betankt wird. Der nächste Schritt sei die Einrichtung von den weltweit ersten kommerziellen Strecken für wasserstoffbetriebene Flugzeuge. Noch in diesem Jahr soll bei Edmonton eine Photovoltaikanlage in Betrieb gehen, um den Wasserstoff für mittels Solarstrom zu erzeugen.
Das Betankungssystem basiert auf einem Projekt in Großbritannien. Dort hat Zero Avia bereits eine 100 Meter lange Wasserstoffpipeline entlang seiner Hangars auf dem mittelenglischen Flughafen Cotswold bei Kemble entwickelt. Darauf aufbauend will das Unternehmen gemeinsam mit Shell Oil Products US nun für den kalifornischen Standort Hollister eine Anlage zur Versorgung von Flugzeugen mit komprimiertem Wasserstoff entwickeln. Beteiligt ist dort auch die texanische Shell-Tochter Equilon Enterprises LLC. In seinem dortigen Testzentrum hatte Zero Avia kürzlich einen zweiten Dornier 228-Prüfstand in Betrieb genommen.
Bereits im Juni veröffentlichte Zero Avia Pläne, wonach das Unternehmen gemeinsam mit dem US-amerikanischen Flugzeugbauer Otto Aviation, LLC Geschäftsflugzeuge des Typs Celera mit einem Wasserstoffantrieb ausstattet. Kurz zuvor erklärten Zero Avia und die britische MONTE Aircraft Leasing Ltd. ihre Zusammenarbeit. Demnach will MONTE bis zu Hundert „ZA600“-Antriebsstränge erwerben, die in bestehende und neue Flugzeuge der Typen Cessna Caravan, DHC-6 Twin Otter, Dornier 228 und HAL-228 eingebaut werden. Die Flugzeuge sollen ab 2024 für die Kunden nachgerüstet werden.
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Zero Avia und Kanadas flächenmäßig größter Flughafen in Edmonton entwickeln gemeinsam eine Infrastruktur zur Flugzeugbetankung mit Wasserstoff und planen emissionsfreie internationale Flugstrecken. © Zero Avia
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Die Regionalfluggesellschaft Ravn Alaska hat 30 ZA2000-Antriebsstränge bestellt. © Zero Avia
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Mittels „HARE“-Tanksystem wird grüner Wasserstoff für den Flugbetrieb produziert. © Zero Avia