(Lakewood / USA) – Der weltweite Wandel hin zu einer wasserstoffbasierten Stahlerzeugung berge für Australien ein großes Potenzial, seine riesigen Eisenerzvorkommen für den Export zu verarbeiten. Direkt reduziertes Eisen auf Wasserstoffbasis (DRI) sei „eine wichtige Alternative gegenüber fossilen Brennstoffe bei der Eisenerzeugung“. Australiens Ressourcen bei erneuerbaren Energien machten die Herstellung von grünem Wasserstoff für die Stahlherstellung „relativ billig“. Zu diesen Ergebnissen kommt ein Report des US-amerikanischen Institute of Energy Economic and Financial Analysis (IEEFA).

„Wasserstoffexport unerschwinglich“

Da dessen Export „unerschwinglich“ erscheine, sollte der australische grüne Wasserstoff „im Inland verwendet“ werden, wobei die Eisenindustrie „ein wichtiger potenzieller Abnehmer ist“, sagt IEEFA-Analyst und Autor Soroush Basirat: „Eisenerz ist Australiens größtes Exportgut. Eine kohlenstoffarme Umgestaltung dieses Sektors unter Verwendung von grünem Wasserstoff ist der potenziell wirkungsvollste Teil des Plans Future Made in Australia.“

Bei der „Direktreduktion“ (DRI) wird zur Eisengewinnung das CO2-intensive Koks durch Erdgas oder Wasserstoff ersetzt. Bei dem Prozess entsteht aus Erz „Eisenschwamm“ in Pelletform. Diese Pellets werden zu kleinen Eisenbriketts (HBI, hot briquetted iron) verpresst und dann im Elektrolichtbogenofen zu Rohstahl weiterverarbeitet. Die Technologie ist seit den 70er-Jahren im Einsatz. Neu ist die Nutzung von grünem Wasserstoff und grünem Strom. © Grafik: Stahlinstitut VDEh

Die Initiative „Future Made in Australia“ der Regierung zielt darauf ab, die Vorteile des Landes im Bereich der erneuerbaren Energien zu nutzen, um das verarbeitende Gewerbe bei der Energiewende zu unterstützen. Sie umfasst unter anderem einen Steueranreiz für die Produktion von grünem Wasserstoff in Höhe von zwei australischen Dollar (1,20 Euro) pro Kilogramm und weitere 1,3 Milliarden Dollar (0,8 Milliarden Euro) zur Entwicklung von grünen Wasserstoffprojekten in den nächsten zehn Jahren.

In Australien entstehen dem Report zufolge derzeit eine Reihe von neuen Projekten für die Herstellung von Eisen, bei denen grüner Wasserstoff verwendet wird:

  • Im Bundesstaat Queensland investiert Quinbrook Infrastructure Partners 3,5 Milliarden Dollar (2,1 Milliarden Euro) in die Nutzung von grünem Wasserstoff aus dem „Central Queensland Hydrogen“-Projekt (CQ-H2) eines Konsortiums um den staatlichen Energieversorger Stanwell Corp. und Marubeni, das 2028 die Produktion aufnehmen soll. Geplant sind Elektrolyseure mit einer Leistung von 640 Megawatt. Die Anlage soll anfangs 200 Tonnen, später 800 Tonnen grünen Wasserstoff pro Tag zur Ammoniakproduktion liefern, außerdem Flüssigwasserstoff für den Export vor allem nach Japan und Singapur.
  • Die Regierung von Southern Australia plant, bis 2030 ein auf grünem Wasserstoff basierendes DRI-Werk zu errichten und dabei Solar- und Windenergie sowie die Vorkommen an hochwertigem Magnetit-Eisenerz für die Stahlproduktion zu nutzen.
  • In Western Australia baut die Fortescue Metals Group eine Pilotanlage für grünes Eisen im Bergbauzentrum Christmas Creek, und ihre Magnetit-Mine Iron Bridge fährt die Produktion von für DRI-Stahlerzeugung geeignetem Erz hoch, mit dem Ziel, ein wichtiger Lieferant für China zu werden.

Internationale Automobilhersteller unterzeichneten bereits Kaufverträge für mit Wasserstoff hergestelltem grünem Stahl. Es sei zu erwarten, so die Analysten, „dass sich die Definitionen von grünem Eisen und grünem Stahl noch verschärfen werden“. Basirat: Die Hersteller seien „zunehmend dem Risiko ausgesetzt, dass die Stahlverbraucher überhaupt keine fossilen Brennstoffe in ihrer Lieferkette haben wollen“.

Kaum kommerzielle CCS-Anlagen im Stahlsektor

Daran ändere auch die CCS-Technologie (Carbon Capture and Storage) zur CO2-Abscheidung und -Speicherung nichts. Zahlreiche CCS-Projekte seien in den letzten Jahren wieder eingestellt worden oder hätten versagt, heißt es in einem im März veröffentlichten IEEFA-Themenreport („The Good, the Bad, and the Ugly reality about CCS“). Eine weitere Analyse im Juli bezeichnet CCS als „unbewährte Technologie“ und finanzielles Risiko.

DRI-Technologie: Erdgasnutzung ist anfällig für Leckagen mit Methanverlusten. Es verursacht CO2-Emissionen, weil sich die CCS-Technologie laut IEEFA bislang nicht bewährt. Die Nutzung von Wasserstoff ist hingegen eine Lösung, um grünes Eisen zu produzieren. Es gibt bei dem Prozess keine CO2-Emissionen und es Bedarf keiner weiteren Technologie zur Kohlenstoffneutralität. © IEEFA

Weltweit gebe es im Stahlsektor nur eine einzige CCS-Anlage im kommerziellen Maßstab. Das CCS-Projekt Al Reyadah erfasse die Emissionen des DRI-basierten Stahlwerks von Emirates Steel Arkan, konnte aber in den letzten Jahren nur 19 bis 26 Prozent dieser Emissionen auffangen. „Daher kann dieses Werk nicht als dekarbonisiert angesehen werden. Seit der Inbetriebnahme im Jahr 2016 seien nirgendwo andere CCS-Projekte im kommerziellen Maßstab im Stahlsektor durchgeführt worden.

Auch australische CCS-Projekte zeigten eine schlechte Erfolgsbilanz. Selbst der Stahlkonzern Liberty Steel, der in Whyalla in Südaustralien eine Umstellung von der Stahlerzeugung im Hochofen auf DRI plane, wolle eine Mischung aus Erdgas und grünem Wasserstoff nutzen.

Globaler Wettbewerb um grünes Eisen wächst

Auf der anderen Seite entstünden weltweit DRI-Anlagen zur Nutzung von umweltfreundlich hergestelltem Wasserstoff. Die Analyse des IEEFA nennt eine Reihe von Beispielen:

  • Das schwedische Unternehmen H2 Green Steel AB baut in Nordschweden ein Werk, das nicht nur Stahl, sondern auch grünes Eisen in Form von heißem Eisenbrikett (hot briquetted iron, HBI) für den Export produziert. Es soll 2026 in Betrieb gehen. Rio Tinto habe eine Vereinbarung über die Abnahme und den Weiterverkauf des grünen HBI unterzeichnet. H2 Green Steel plane bereits weitere Werke für grünen Wasserstoff und Stahl auf DRI-Basis in Kanada, Portugal, den USA und Brasilien.
  • Brasilien sei einer der weltweit größte Produzenten von Eisenerz in Direktreduktionsqualität. Dieses habe einen höheren Eisengehalt und weniger Verunreinigungen. Damit sei Brasilien in einer guten Position, um mit seinem hochwertigen Erz und grünem Wasserstoff ein Exporteur von grünem Eisen zu werden. Der Eisenerzgigant Vale unterzeichnete im September 2023 eine Absichtserklärung mit dem Hafen von Açu, um den Export von HBI zu untersuchen.
  • Kobe Steel und Mitsui haben eine Absichtserklärung unterzeichnet, um die Machbarkeit der DRI-Produktion und des HBI-Exports im Oman zu prüfen. Ziel sei es, ab 2027 fünf Millionen Tonnen DRI zu produzieren, wobei eine Umstellung auf Wasserstoff oder CCS in Betracht gezogen werde.
  • Vulcan Green Steel plane, drei Milliarden Dollar in eine H2-DRI-Anlage mit einer Jahreskapazität von fünf Millionen Tonnen zu investieren. Das Werk werde in der Sonderwirtschaftszone der Hafenstadt Duqm (Oman) in der Nähe von Anlagen für grünen Wasserstoff errichtet, die das DRI-Werk später direkt versorgen könnten. Das Unternehmen zielt auf die Nachfrage nach kohlenstoffarmem Stahl im Nahen Osten, in Europa und Japan. Im Juni 2024 gab der Volkswagen-Konzern bekannt, dass er eine Partnerschaft mit Vulcan Green Steel für den Kauf von kohlenstoffarmem Stahl aus Oman eingeht.
  • In den Vereinigten Arabischen Emiraten hat sich Emirates Steel Arkan mit dem japanischen Stahlhersteller JFE Steel und dem Handelshaus Itochu Corporation zusammengetan, um die Produktion von Eisen in Abu Dhabi zu untersuchen, das ab Ende 2025 nach Asien verschifft und von JFE Steel und anderen Unternehmen zur Stahlerzeugung verwendet werden soll. Der Plan sieht eine spätere Umstellung auf eine wasserstoffbasierte Stahlherstellung vor.
  • Der Stahlriese China Baowu Group habe eine Vereinbarung mit Aramco und dem saudi-arabischen Public Investment Fund (PIF) unterzeichnet, um in Saudi-Arabien ein wasserstofftaugliches DRI-Stahlwerk zu errichten, das den heimischen und regionalen Markt mit Stahl versorgen soll.

Auch Afrika bleibt nicht außen vor: In Namibia entsteht ein Werk, das grünen Wasserstoff zur Eisenproduktion verwende. Es werde voraussichtlich Ende 2024 mit dem Export in kleinem Maßstab nach Deutschland beginnen und dann auf die Kapazität von einer Millionen Tonnen pro Jahr hochgefahren. In Mauretanien gebe es laut IEEFA ähnliche Pläne.

Wasserstoff contra Erdgaslobby

Allerdings behaupte gleichzeitig die „Future Gas Strategy“ der Regierung, dass Erdgas für Eisen und Stahl ein Schlüsselelement sei. „Diese Strategien zeigen unterschiedliche und widersprüchliche Wege für die Zukunft der Eisenproduktion in Australien“, sagt Simon Nicholas, leitender IEEFA-Analyst Global Steel. „Die fortgesetzte Abhängigkeit von Gas berge Risiken für die australische Industrie in einer Welt, die sich von fossilen Brennstoffen wegbewege: „Grünes Eisen kann nicht mit Erdgas hergestellt werden.

Da andere Länder jetzt ihre Möglichkeiten für grünes Eisen und Stahl umsetzen, muss Australien schnell handeln, um weltweit führend bei grünem Eisen und nicht nur bei Eisenerz zu werden“, so die Analyse des Instituts.

Die „Briefing Note“ gibt es kostenfrei auf Englisch als PDF (sieben Seiten).

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Erzabbau in der australischen Region Pilabara: Der Bergbaukonzern Fortescue Metals Group hat dort mit dem Bau einer kommerziellen Anlage zur Produktion von grünem Eisen mittels Wasserstoff und Solarstrom betriebenen Schmelzöfen begonnen. Künftig sollen im „Christmas Creek Green Iron“-Projekt mehr als 1.500 Tonnen zur Weiterverwendung in Stahlwerken produziert werden. © Fortescue Metals Group