(Berlin) – Australiens Energieminister Chris Bowen hat jüngst sowohl Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger als auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck getroffen. Dabei wurde verabredet, die Kooperation zwischen beiden Ländern im Bereich Klima und Energie weiter zu intensivieren. Ziel ist der Aufbau einer kompletten Lieferkette für grünen Wasserstoff. Die Länder hatten bereits im Juni 2021 eine Allianz für Wasserstoffproduktion und -handel vereinbart.
In Berlin verkündeten die Minister auch die vier ersten Projekte, die im Rahmen der gemeinsamen Förderinitiative „German-Australian Hydrogen Innovation and Technology Incubator“ (HyGate) ausgewählt wurden. Zur Durchführung bilden sich jeweils deutsch-australische Konsortien. Deutschland hat für die Förderung dieser bilateralen Vorhaben bis zu 39,6 Millionen Euro zugesagt, Australien bis zu 50 Millionen australische Dollar (32 Millionen Euro).
„ScaleH2“ – Scalable Electrolyzers with Innovative materials for Hydrogen Export to Germany
Ziel dieser Initiative ist der Aufbau einer Wasserstoff-Export-Wertschöpfungskette aus der Region Illawarra im australischen Bundesstaat New South Wales (NSW) nach Deutschland. Dazu werde eine Strategie für die Erzeugung von erneuerbarem Wasserstoff unter Verwendung skalierbarer Elektrolyseurtechnologien entwickelt, so das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Überdies solle die Anlieferung etwa im niedersächsischen Wilhelmshaven bis zu industriellen Abnehmern in entstehenden „Hydrogen Valleys“ untersucht werden, unter anderem zur Dekarbonisierung der Stahlproduktion der Salzgitter AG als Partner des Wasserstoff Campus Salzgitter.
Aus Deutschland sind beteiligt: Eisenhuth GmbH&Co. KG, das Institut für Schicht und Oberflächentechnik (IST), das Institut für Energieinfrastrukturen und Geothermie (IEG), die TU Braunschweig sowie als assoziierte Partner Uniper Hydrogen GmbH, der Hydrogen Campus Salzgitter, Open Hybrid LabFactory e.V. und Energuy Hub Port of Wilhelmshaven. In Australien gehören der Mischkonzern ATCO Group, University of New South Wales (UNSW) und die University of Technology, Sydney (UTS) zum Konsortium. Die Fördersumme wird mit 4,7 Millionen Euro hauptsächlich von Deutschland getragen, Australien zahlt 0,8 Millionen australische Dollar (0,52 Millionen Euro).
„CFE Pilot“ – High-Efficiency Capillary-fed Electrolyser Pilot
Das Pilotprojekt für hocheffiziente „kapillargespeiste“ Elektrolyseure soll die Technologie der australischen Hysata Pty Ltd weiterentwickeln. Das Konzept des Unternehmens reduziere den Stromverbrauch zur Wasserstoffproduktion um etwa 20 Prozent. Während herkömmliche kommerzielle alkalische Wasserelektrolyseure mehr als 50 Kilowattstunden Strom pro erzeugtem Kilogramm Wasserstoff benötigen, seien es beim Hysata-Konzept nur noch 41 Kilowattstunden, mithin rund 20 Prozent weniger. Damit lasse sich der Herstellungspreis von Wasserstoff signifikant reduzieren, heißt es.
Beteiligte aus Deutschland: Alantum Europe GmbH, Messkonzept GmbH, VAF GmbH, Forschungszentrum Jülich GmbH sowie das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie (IPT). Beteiligte aus Australien: Hysata Pty Ltd und Bluescope Steel (assoziiert). Die deutsche Fördersumme liegt bei 5,8 Millionen Euro, die australische Fördersumme etwa gleichauf bei 8,99 Millionen Dollar (5,78 Millionen Euro).
„EGH2“ – Edify Green Hydrogen
Die australische Edify Energy Pty Ltd. und die Siemens Energy GmbH & Co. KG beabsichtigen gemeinsam den Bau eines Elektrolyseurs für die Produktion von grünem Wasserstoff. In die Demonstrationsanlage mit einer Kapazität von 17,6 Megawatt ist eine Photovoltaikanlage mit einer installierten Leistung von 21 Megawatt integriert. Die Anlage befindet sich im Lansdown Eco-Industrial Precinct (LEIP) südlich von Townsville (Bundesstaat Queensland). Es handele sich dabei um die erste Stufe einer geplanten Anlage mit einer Kapazität von einem Gigawatt. Die Skalierung setze allerdings eine ausreichende lokale Wasserstoffinfrastruktur sowie die Möglichkeit eines Wasserstoffexports etwa über den Hafen von Townsville voraus. Dessen Stadtrat hatte die 1-GW-Anlage im Herbst 2021 genehmigt.
Beteiligt aus Deutschland: Siemens Energy Global GmbH & Co. KG, RWTH Aachen sowie die Forschungsstelle für Energiewirtschaft e. V. Beteiligt aus Australien: Edify Energy, James Cook University (JCU) und die University of Melbourne (UoM). Deutsche Fördersumme: 16,4 Millionen Euro, australische Fördersumme 20,74 Millionen Dollar (12,98 Millionen Euro).
„Solar Methanol“ – 24×7 Solar Powered Methanol Production
Das Konsortium will einen Anlagenverbund zur Herstellung von rund 7.500 Tonnen Methanol pro Jahr in Südaustralien aufbauen. Basis sei die Concentrated Solar Power-Technologie (CSP) von Vast Solar (Australien), die eine Versorgung mit Strom und Wärme rund um die Uhr ermögliche. Damit könne die zehn Megawatt leistende Anlage des deutschen Herstellers BSE Methanol GmbH durchgängig betrieben werden. Das Projektmanagement inklusive Ingenieurleistungen werde von der Fichtner GmbH übernommen. Die Unternehmen rechnen damit, ab etwa 2030 grünes Methanol zu einem gegenüber grauem Methanol wettbewerbsfähigen Preis liefern zu können. Das Projekt liefere die Basis für eine Hochskalierung der Methanol-Produktion auf etwa 150.000 Tonnen pro Jahr.
Beteiligt aus Deutschland: Fichtner GmbH & Co. KG, BSE Methanol GmbH, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt – Institut für Solarforschung. Mit einem Industrie- und Investmentpartner werde noch verhandelt. Beteiligt aus Australien: Vast Solar Pty Ltd, CSIRO – Australian Solar Thermal Research Institute (ASTRI). Die deutsche Fördersumme beträgt 13,2 Millionen Euro, die australische Fördersumme 19,48 Millionen Dollar (12,66 Millionen Euro).
Die HyGate-Projekte sollen noch in der ersten Jahreshälfte 2023 ihre Arbeit aufnehmen. HyGate ist eine gemeinsame Initiative der staatlichen australischen Energieagentur ARENA im Auftrag des Energieministeriums (Department of Climate Change, Energy, Environment and Water, DCCEEW) und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) über den Projektträger Jülich (PtJ).
Bedarf von über 110 TWh Wasserstoff im Jahr 2030
Die deutsche Nationale Wasserstoffstrategie schätzt den Wasserstoffbedarf auf 90 und 110 Terawattstunden (TWh) im Jahr 2030. Die deutsch-australische Machbarkeitsstudie „HySupply“ nennt einen Bedarf von 110 TWh (Wasserstoff und Derivate). Andere Schätzungen liegen teilweise deutlich höher. Das BMBF geht daher von „mindestens“ 110 TWh in 2030 aus.
Die HySupply-Studie kommt nach BMBF-Angaben überdies zu dem Ergebnis, dass die vorläufigen Kosten für die Herstellung von erneuerbarem Wasserstoff in Australien je nach Standort zwischen zwei bis sechs Euro pro Kilogramm betragen. Diese könnten potenziell auf 1,30 Euro gesenkt werden, wenn sowohl die Investitionskosten für Elektrolyseure sänken, Strom günstiger und das Investitionsrisiko minimiert würden.
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Rendering der erste Stufe des Wasserstoffprojekts „EGH2“, das Edify gemeinsam mit Siemens im Rahmen des HyGate-Programms in Queensland initiiert. © Edify Energy