(Oslo / Norwegen) – Große Infrastrukturprojekte setzen auf den Transport von Wasserstoff in Form von Ammoniak – nach Einschätzung von Rystad Energy „eine sicherere und kostengünstigere Methode für den Export von Wasserstoff in großen Mengen“. Den Prognosen zufolge konzentrierten sich immerhin 174 Exportterminals in erster Linie auf die Umwandlung von Wasserstoff in Ammoniak, was 62 Prozent des gesamten Exportvolumens und etwa 13,5 Millionen Tonnen pro Jahr (Mio. tpa) ausmache. Bis 2035 erreiche das gehandelte Ammoniakvolumen voraussichtlich 76 Millionen Tonnen, das Vierfache des Transport- und Handelsvolumens des Jahres 2020.
Grüner Wasserstoff, der mit erneuerbaren Energien hergestellt wird, sei die sauberste, aber derzeit noch teuerste Form zur Herstellung des Energieträgers. Blauer Wasserstoff aus Erdgas sei zwar kosteneffizienter, werde aber weithin als Übergangskraftstoff angesehen, „bis erschwingliche und zuverlässige Alternativen in größerem Umfang verfügbar“ seien, heißt es in einem Whitepaper des Energieforschungsunternehmens.
Flüssigerdgas (LNG) werde bereits in großem Umfang für den Transport und die Stromerzeugung verwendet, und dessen Infrastruktur könnten auch für den Transport von Wasserstoff angepasst werden. Dies könne „eine gute Lösung sein“, denn angesichts des boomenden Ammoniakhandels bestehe „die dringende Notwendigkeit, das Potenzial der bestehenden Anlagen voll auszuschöpfen“, so Minh Khoi Le, Leiter der Wasserstoffforschung bei Rystad Energy.
Ströme aus Amerika, Afrika und Australien
Aktuell gebe es weltweit 220 Ammoniak-Infrastrukturprojekte mit einer Gesamtumschlagskapazität von mehr als sechs Millionen Tonnen. Australien, das eine Spitzenposition als Exporteur von sauberem Ammoniak anstrebe, verfüge derzeit nur über sieben Terminals mit einer Gesamtlagerkapazität von etwa 173.000 Tonnen. „Ohne eine wesentliche Erweiterung bis 2040 könnten damit nur zwei bis drei Tage der geplanten sauberen Ammoniakexporte bewältigt werden.“ Den Rystad-Schätzungen zufolge steigen die weltweiten Exporte von sauberem Ammoniak bis 2050 auf 121 Mio. tpa, wozu Afrika 40,7 Mio. tpa und Australien 35,9 Mio. beitrügen.
Um die voraussichtlichen monatlichen Ammoniakausfuhren Australiens zu bewältigen, müsse die Terminalkapazität dort um das Zehnfache erhöht werden. Projekte wie das Western Green Hydrogen Hub und das Australia Renewable Energy Hub gehörten zu den größten Wasserstoffprojekten weltweit, die Ammoniak als Transportmedium in Betracht zögen.
Sowohl der private als auch der öffentliche Sektor unterstützten die Entwicklung einer globalen Wasserstoffwirtschaft, wobei große Unternehmen Vereinbarungen mit Ammoniakherstellern unterzeichnen und Regierungen Importverträge versteigerten. So habe etwa der 2015 als Joint Venture von Tepco Fuel & Power und Chubu Electric Power gegründete japanische Energiehändler JERA eine Ausschreibung gestartet, um sich ab 2027 jährlich bis zu 500.000 Tonnen Ammoniak zu sichern. Verhandelt werde laut Rystad derzeit mit Herstellern wie CF Industries und Yara. In Deutschland hätten die Energiekonzerne Eon, Uniper und RWE mit internationalen Firmen wie Everwind (Kanada), Greenko (Indien) und Hyphen (Namibia) Absichtserklärungen zu Ammoniak abgeschlossen.
Große Nachfrage aus der Schifffahrtsindustrie
Derzeit könnten allerdings nur 30 Prozent der weltweiten Flüssiggasflotte Ammoniak transportieren, und lediglich 50 der großen Gastanker seien dazu überhaupt in der Lage. Um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden, habe die in Singapur ansässige Eastern Pacific Shipping Pte. Ltd. bei der chinesischen Jiangnan Shipbuilding Group vier große Ammoniaktanker (VLAC, Very Large Ammonia Carrier) in Auftrag gegeben. Diese seien mit einem Fassungsvermögen von jeweils 93.000 Kubikmetern die größten Frachter der Welt. „Die Ammoniak-Schifffahrtsbranche befindet sich zwar noch im Anfangsstadium, wächst aber rasch“, so Rystad. Um die angekündigten 121 Millionen Tonnen Ammoniak zu transportieren, würden allerdings rund 200 VLAC benötigt. Investitionsvolumen: 20 Milliarden Dollar.
Neben den Neubauten wachse, so Rystad, auch das Interesse an der Umrüstung von LPG-Schiffen für den Ammoniaktransport. Derzeit stünden über 1.450 solcher Tanker zur Verfügung. Die Umrüstung dieser Schiffe auf Ammoniak böten „eine solide Umstellungsstrategie für Reeder“, zumal die Nachfrage nach LPG im Zuge der Bemühungen um Dekarbonisierung „voraussichtlich zurückgehen wird“, heißt es in dem Papier.
Rystad Energy, Whitepaper: „The global markets for Hydrogen and CCUS. Where are the challenges and opportunities?“ Kostenfrei als PDF (20 Seiten, Registrierung erforderlich).
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Derzeit gibt es noch zu wenige Ammoniaktanker für die von Rystad erwartete Transportkapazität. Es können nur 30 Prozent der weltweit bestehenden Flüssiggasflotte Ammoniak transportieren. © Ammonia Energy Association