(Berlin) – Wasserstoff lässt sich aus unterschiedlichen Quellen – auch mittels unterschiedlicher Stromquellen – generieren. Dabei können sowohl fossile Energieträger als auch erneuerbare Energien genutzt werden. Aus Gründen des Klimaschutzes soll Wasserstoff weltweit zunehmend aus erneuerbaren Energien hergestellt werden. Dafür sorgen – auch in Deutschland – politische Vorgaben. Teile der Industrie beschreitet international bereits diesen Weg zu umweltfreundlich produziertem Wasserstoff – sowohl auf Seiten der Anbieter als auch der Abnehmer. Mitunter ist sie der Politik auch schon voraus.

Zertifizierung macht Produktion von Wasserstoff transparent

Allerdings sieht man dem Produkt seine Herkunft per se nicht an. Und ein weltweit einheitliches Zertifizierungssystem gibt es bislang nicht. „Die Zertifizierung von erneuerbarem Wasserstoff und seinen Derivaten ist ein zentrales Instrument, um die erneuerbaren Eigenschaften des Energieträgers und damit die Einhaltung der Anforderungen an die H2-Produktion nachzuweisen“, erklären Andreas Kuhlmann, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Energie-Agentur (Dena), und der Geschäftsführer des Weltenergierates Carsten Rolle. Zertifizierung sei eine Voraussetzung für den Handel damit. Der erneuerbare Wasserstoff werde dadurch von seinem chemisch identischen fossilen Äquivalent unterscheidbar. Im Rahmen einer Studie „Global Harmonisation of Hydrogen Certification“ haben Dena und der Weltenergierat untersucht, inwiefern sich ein globales Zertifizierungssystem für erneuerbaren Wasserstoff umsetzen lassen könnte. „Weltweit beobachten wir eine Bandbreite an regionalen Initiativen zur Zertifizierung von erneuerbarem Wasserstoff und seinen Derivaten“, so die Organisationen. Diese variierten hinsichtlich ihrer Anforderungen an den Energieträger und seine Produktion.

Die Autoren betrachten elf Standards und Regulierungsrahmen für grünen Wasserstoff weltweit. Sie haben Zertifizierungsschemata für die Märkte Europa, Deutschland, Kanada, Japan Großbritannien, Australien und die USA unter die Lupe genommen. Bewertet wurden deren Gemeinsamkeiten, Unterschiede sowie ihr Harmonisierungspotenzial.

Einheitliches Zertifizierungssystem schwer umzusetzen

Die Analyse kommt zu dem Schluss, „dass ein einheitliches Zertifizierungssystem auf globaler Ebene schwer umsetzbar sein wird“. Dies liege vor allem daran, „dass Länder oder Märkte mit besonders ehrgeizigen Kriterien für die Produktion von Wasserstoff aus erneuerbaren Energien, wie etwa die Europäische Union, diese voraussichtlich nicht zugunsten eines global harmonisierten Systems aufgeben werden“, erklären Andreas Kuhlmann und Carsten Rolle. Hinzu komme, dass ein Hersteller zwar die Normen seines Landes einhalten könne, zum Export dann aber auch die Kriterien des geografischen Geltungsbereichs seiner Kunden zu erfüllen habe. So muss beispielsweise erneuerbarer Wasserstoff aus Chile den Anforderungen der europäischen „RED II“-Zertifizierung genügen, damit der Produzent in den Genuss europäischer Vergünstigungen kommt.

Produktionsanlagen als Basis für Zertifikate

Die Autoren schlagen statt der Zertifizierung des Produkts ein Konzept vor, dass auf der technologischen Gestaltung der Produktionsanlagen basiert: Direktverbindung zwischen Elektrolyseur und regenerativem Kraftwerk, 70-prozentige Treibhausgasreduktion des produzierten Wasserstoffs gegenüber einem Referenzwert sowie die Nutzung von atmosphärischem Kohlenstoff (Direct Air Capture). „Damit ließe sich der Wasserstoff grundsätzlich auf allen analysierten Märkten absetzen“, so die Studie.

Andreas Kuhlmann und Carsten Rolle geben indes zu bedenken, „dass unterschiedliche Anforderungen an die Erzeugung von Wasserstoff auch mit unterschiedlichen Produktionskosten und Verfügbarkeiten“ einhergingen. Die Wasserstoffproduktion anhand der vorgestellten Kriterien sei vergleichsweise teuer. „Wir stellen deshalb ergänzend alternative Anlagenkonzepte vor, mit denen sich der produzierte Wasserstoff bereits auf einer Vielzahl von Märkten absetzen ließe.“ So erlaubten beispielsweise die Zertifizierungssysteme in China, Japan und Kalifornien/USA die Nutzung von erneuerbarem Strom aus dem Netz, ohne zusätzliche Kriterien für den Strombezug erfüllen zu müssen.

Politiker sind gefordert

Die EU habe mit ihrem regulatorischen Rahmen und den Förderinstrumenten für die Markteinführung von erneuerbarem Wasserstoff Anreize geschaffen, die für Marktteilnehmer in aller Welt attraktiv seien. Doch ein globaler H2-Markt könnte auch durch andere Bedingungen gekennzeichnet sein.

„Sollten sich die regulatorischen Anforderungen als zu streng erweisen, besteht die Gefahr, dass große H2-Produzenten auf andere Zertifizierungs- oder Absatzmärkte ausweichen und der EU-Markt langfristig an Attraktivität verliert.“ Die Politik müsse daher sicherstellen, „dass ein EU-weiter Rechtsrahmen für Wasserstoff den Handel und die Entwicklung des Marktes für erneuerbaren Wasserstoff nicht behindert“.

Die Studie „Global Harmonisation of Hydrogen Certification“ gibt es kostenfrei als PDF (Englisch, 54 Seiten)

Deep Link
https://www.weltenergierat.de/wp-content/uploads/2022/01/dena_WEC_Harmonisation-of-Hydrogen-Certification_digital_final.pdf

Foto
Titelseite der Studie © Dena/Weltenergierat