(Stuttgart / Deutschland) – Mit dem Einsatz von Wasserstoff entstehen neue Arbeitsplätze und -profile, vor allem in den Bereichen Wasserstoffproduktion, technische Infrastruktur, Maschinenbau und Zulieferindustrien. Viele dieser Stellen erforderten neue Qualifikationen. Deshalb müsse man frühzeitig erkennen, welche Kompetenzen sowie Aus- und Weiterbildungen für diesen Sektor erforderlich seien. Das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO hat die Anforderungen analysiert.

Die Entwicklungen des Wasserstoffmarktes bedarf einer engen Zusammenarbeit zwischen Industrie, Hochschulen und Weiterbildungsanbietern. Foto: Der 2021 entwickelte Teststand für wasserstofflelektrische Antriebe für die Luftfahrt an der Uni Ulm. © Uni Ulm / Elvira Eberhardt
Auffällig sei, so die Studie, dass der Wasserstoffmarkt aufgrund seiner Komplexität ein breites Spektrum abdecken müsse, von ingenieurwissenschaftlichen Fachkenntnissen über rechtliche Aspekte bis hin zu Projektmanagement und interdisziplinärer Zusammenarbeit. Dabei spielen – wenig verwunderlich – Fachkenntnisse insbesondere in den Bereichen Elektrolyse, Wasserstoffspeicherung und -transport sowie Sicherheitsaspekte „eine zentrale Rolle“. Daneben erwiesen sich aber auch organisatorische und wirtschaftswissenschaftliche Kompetenzen als essenziell, insbesondere für die Planung, Umsetzung und Regulierung von Projekten.
Viele Beschäftigte aus verwandten Branchen verfügten bereits über „relevante personale und soziale Kompetenzen wie Teamfähigkeit, Problemlösungsfähigkeiten und interdisziplinäre Zusammenarbeit“. Daher könnten, so ein zentrales Ergebnis, Fachkräfte „durch gezielte Weiterbildungsmaßnahmen schnell für die Wasserstoffwirtschaft qualifiziert werden“. Neue Fertigkeiten ließen sich durch modulare Weiterbildungen, berufsbegleitende Zertifikatskurse oder simulationsbasierte Schulungen ergänzen.
Herausforderungen für KMU
Allerdings stünden insbesondere kleine und mittlere Unternehmen (KMU) vor Herausforderungen, da ihnen oft die finanziellen und personellen Ressourcen für aufwendige Schulungsprogramme fehlten. Die Förderung regionaler Kompetenzzentren und staatlicher Weiterbildungsprogramme sei daher „eine essenzielle Maßnahme, um die Transformation zu unterstützen“. Darüber hinaus empfehlen die Autoren den „Ausbau digitaler Schulungsformate als zentrale Strategie“: Lernplattformen, E-Learning-Module und Virtual-Reality-Simulationen könnten den Zugang zu Qualifizierungsmaßnahmen erleichtern und praxisnahes Lernen ermöglichen.
Unternehmen und Bildungseinrichtungen seien gefordert, ihre Schulungsangebote „dynamisch an die Entwicklungen des Wasserstoffmarktes“ anzupassen. Dies erfordere eine enge Zusammenarbeit zwischen Industrie, Hochschulen und Weiterbildungsanbietern. Essenziell sei die Einrichtung flexibler und modularer Formate, die es Fachkräften ermögliche, sich parallel zur beruflichen Tätigkeit weiterzubilden. Darüber hinaus sollten Unternehmen gezielt interne Qualifizierungsstrategien entwickeln, um bestehende Mitarbeiter auf die technologischen und sicherheitsrelevanten Anforderungen der Wasserstoffwirtschaft vorzubereiten.
Staatliche Förderung notwendig
Staatliche Förderprogramme seien entscheidend, um den Fachkräftebedarf langfristig zu sichern. Gleichzeitig müssten regulatorische Rahmenbedingungen geschaffen werden, die Investitionen in Qualifizierungsmaßnahmen fördern und langfristige Planungssicherheit für Unternehmen gewährleisten. Zukünftige Forschungsprojekte sollten daher auch die Frage untersuchen, welche politischen Instrumente am besten geeignet sind, um eine nachhaltige Fachkräfteentwicklung im Wasserstoffsektor zu unterstützen.

Das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO analysiert die Anforderungen für Arbeitskräfte in der Wasserstoffwirtschaft. © Fraunhofer IAO
Die Ergebnisse dieser Studie verdeutlichten, dass die Transformation zur Wasserstoffwirtschaft erhebliche Anforderungen an die Qualifizierung von Fachkräften stelle. Daher bedürfe es einer weitergehenden Analyse, welche spezifischen Qualifikationen für unterschiedliche Berufsfelder erforderlich seien. „Besonders die Differenzierung zwischen Fachkräften, die bereits in der Energiewirtschaft tätig sind, und Neueinsteigern in den Sektor muss weiter erforscht werden.“ Ebenso sollten Forschungsvorhaben gezielt untersuchen, „welche Weiterbildungsformate – etwa berufsbegleitende Schulungen, digitale Lernplattformen oder simulationsbasierte Trainings – am effektivsten“ seien, um den Qualifikationsbedarf der Wasserstoffwirtschaft zu decken. Ein Fazit: „Die enge Verzahnung von Wissenschaft, Wirtschaft und Politik ist essenziell, um sowohl auf aktuelle Entwicklungen flexibel reagieren als auch langfristige Strategien für die Ausbildung und Qualifizierung von Fachkräften etablieren zu können.“
Die Studie„Wasserstoff als nachhaltiger Energieträge – Qualifikations- und Kompetenzanforderungen einer entstehenden Wasserstoffwirtschaft“ ist Teil des Forschungsprojekts „Hydrogenium“ und wird durch das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg gefördert. Es gibt sie kostenfrei als PDF (44 Seiten).
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Komplexe Arbeitsabläufe erfordern Fachwissen: Viele Beschäftigte aus verwandten Branchen verfügen bereits über relevante Kompetenzen und können schnell für die Wasserstoffwirtschaft qualifiziert werden. Foto: Ingenieure von Thermax bei Wartungsarbeiten großtechnischer Anlagen © Thermax Ltd.




