(Helgoland) – Das Wasserstoffprojekt „AquaPortus“ ist geplatzt. Ziel war es, den offshore in einer Elektrolyseanlage produzierten grünen Wasserstoff auf der Hochseeinsel Helgoland in einer Hydrieranlage in einen flüssigen organischen Wasserstoffträger (LOHC) einzuspeichern und via Hamburger Hafen auf das Festland zu transportieren. Die Wärmeenergie aus dem Hydrierprozess auf Helgoland hätte für einen Teil der Wärmeversorgung der Insel verwendet werden sollen.

Windkraftkapazitäten zu niedrig

Nach Angaben des Fördervereins AquaVentus habe sich allerdings im Laufe des letzten Jahres abgezeichnet, dass die ursprünglich geplanten Wasserstoffmengen mit den tatsächlich verfügbaren Mengen „nicht synchron“ seien. So könne zunächst „nur eine Windenergieanlage mit entsprechender Elektrolyseeinheit statt zwei bis drei im Bereich der Windparks vor Helgoland errichtet“ werden.

Die Wasserstoffmengen, die somit auf Helgoland ankämen, „haben sich entgegen den ursprünglichen Zielen stark reduziert, sodass nicht ausreichend Wasserstoff für einen Weitertransport in Richtung Festland zur Verfügung stehen würde“, sagte Siying Huang, Projektleiterin bei Hydrogenious LOHC Technologies. Hintergründe über die mangelnden Möglichkeiten, hinreichend Windenergie zu erzeugen, wurden nicht genannt.

Unabhängig von den Projektänderungen liefen die Forschungs- und Entwicklungsarbeiten im TransHyDE-Projekt Helgoland bis 2025 wie geplant weiter. „Wir sind überzeugt, dass die LOHC-Technologie großes Potenzial hat und schon bald einen wichtigen Platz in der Versorgung mit grünem Wasserstoff einnehmen wird“, sagte Christoph Tewis, Projektleiter von AquaPortus und TransHyDE Helgoland, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird, um Technologien zum Wasserstofftransport zu entwickeln.

AquaCore zur Versorgung Helgolands

Als Folgeprojekt des nun ad acta gelegten Vorhabens geht „AquaCore“ als strategische Weiterentwicklung an den Start. Die Windenergieanlage mit Elektrolyseeinheit, die unter dem Dachprojekt mit dem Namen AquaPrimus errichtet wird, liefere dann offshore produzierten grünen Wasserstoff zur direkten lokalen Verwendung auf die Insel.

Dabei soll der Wasserstoff zur Wärmeerzeugung genutzt und in das Fernwärmenetz eingespeist werden. „Mit dieser Variante könnte der Wärmebedarf komplett mit grünem Wasserstoff gedeckt werden. Heizöl wäre an dieser Stelle dann Vergangenheit“, sagt VBH-Geschäftsführer Kay Martens. Federführend sind die Versorgungsbetriebe Helgoland (VBH) und die Gemeinde mit Unterstützung der Schleswig-Holstein Netz AG. Die Umsetzung soll bis 2026 erfolgen.

Die Aqua-Projekte

Basis und Hintergrund des gesamten Vorhabens ist das Projekt AquaVentus. Ein Konsortium unter Federführung des Energiekonzerns RWE hat sich das Ziel gesetzt, „mit Strom aus Offshore-Windkraftanlagen auf See installierte Elektrolyseure im industriellen Maßstab zu betreiben“. Demnach sind bis zum Jahr 2035 Anlagen in der Nordsee mit einem Gesamtvolumen von zehn Gigawatt geplant, die bis zu eine Million Tonnen grünen Wasserstoff erzeugen.

Zur Entwicklung des künftigen Wasserstoffparks bildeten eine Reihe von Konsortien Teilprojekte entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Bei AquaVentus sind verzahnt:

  • AquaPrimus / AquaPortus / AquaCore Unter dem Titel AquaPrimus wird vor der Küste Helgolands per Windstrom Wasserstoff erzeugt und mittels Pipeline auf die Insel transportiert. Von dort sollte der Energieträger in LOHC gebunden nach Hamburg verschifft werden (AquaPortus). Im nun verkündeten Ersatzprojekt verbleibt der Wasserstoff zu lokalen Nutzung auf Helgoland (AquaCore).
  • AquaDuctus Die Fernleitungsnetzbetreiber Gascade und Gasunie sowie die Energieunternehmen RWE und Shell bündeln in dieser Initiative ihre Aktivitäten zur Entwicklung, Konstruktion und zum Betrieb einer Offshore-Sammelpipeline, die grünen Wasserstoff von der Nordsee direkt zu den Verbrauchern auf dem Festland transportieren soll.
  • AquaSector Als „Machbarkeitsstudie“ für die 10-GW AquaVentus-Vision geht die AquaSector-Großanlage in Betrieb. Der Zusammenschluss von RWE, Shell, Gasunie und Equinor soll „als Vorreiter für die Lösung technischer Herausforderungen dienen und damit Wegbereiter für Offshore-Wasserstoffprojekte im Gigawattmaßstab werden“. Geplant ist die Installation von Windkraftanlagen mit einer Leistung von 300 Megawatt, um damit auf See bis zu 20.000 Tonnen grünen Wasserstoff pro Jahr herzustellen. Dieser soll dann in der zentralen Sammelpipeline AquaDuctus an Land gebracht werden.
  • AquaCampus Das Forschungsvorhaben untersucht in einem drei Quadratkilometer großen und 45 Meter tiefen Testfeld Materialien und Beschichtungen zum Schutz von Oberflächen. Im Helgoländer Südhafen werden überdies neue Technologien für den Einsatz in maritimer Umgebung getestet – angefangen bei Materialien, Bauweisen und Fügetechniken über Sensoren bis hin zu vollständigen Methoden und Prozeduren. Auch Unterwasserroboter und -fahrzeuge könnten unter realen Bedingungen ihre Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit beweisen, heißt es auf der Website des Fördervereins.
  • AquaNavis Hierbei geht es um die Erforschung und Erprobung von grünem Wasserstoff als Treibstoff. Im Rahmen von drei Pilotvorhaben sollen bis 2025 drei Schiffstypen im Helgolandverkehr in Betrieb gehen: Offshore-Serviceschiffe (CTV, Crew Transfer Vessels), ein Frachtschiff für die Versorgung der Insel sowie eine Inselfähre, die Fahrgäste zwischen Helgoland und der benachbarten Düne befördert.

Als Dach des gesamten Vorhabens haben die Beteiligten die Form eines auf Helgoland ansässigen Fördervereins gewählt. Der AquaVentus-Initiative gehören mehr als 90 internationale Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Organisationen an. Erster Vorsitzender ist Helgolands Bürgermeister Jörg Singer.

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Helgoland soll ein auf Wasserstoff basierendes Fernwärmenetz erhalten. Besucher der vorgelagerten Düne könnten in einigen Jahren mit wasserstoffbetriebenen Passagierbooten hinüber fahren. © Andreas Lohse

Fotos Mitte (von oben nach unten)
AquaVentus soll Windparks mit zehn Gigawatt Leistung in der Nordsee aufbauen, AquaDuctus entwickelt eine Unterwasserpipeline und AquaSector baut eine Anlage zur Offshore-Elektrolyse. (© RWE)

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