(Duisburg / Deutschland) – Die TS Elino GmbH aus Düren installiert für die Thyssenkrupp Steel Europe AG eine Forschungsanlage zur Direktreduktion von Eisen (DRI) für die wasserstoffbasierte Stahlproduktion. Auftraggeber ist die VDEh-Betriebsforschungsinstitut GmbH (BFI).
Es handele sich dabei um ein Vorhaben, das „für einen flexiblen Betrieb mit unterschiedlichen eisenoxidhaltigen Einsatzmaterialien sowie wasserstoffreichen Prozessgasen und reinem Wasserstoff in Kombination mit Erdgas ausgelegt“ sei, um die Forschung zur Direktreduktion von Eisenerz voranzutreiben. Es ist Teil des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) geförderten „Reallabore der Energiewende“-Projekts „H2Stahl“. Das Auftragsvolumen beträgt rund zehn Millionen Euro.
Flexibilität für die Forschung zur Direktreduktion
Die geplante Anlage mit einer Höhe von etwa 40 Metern werde unterschiedliche Direktreduktionsverfahren abbilden können und somit „höchste Flexibilität“ für die Forschung bieten. Die Mess-, Kontroll- und Regelungstechnik ermögliche den Einsatz unterschiedlicher Reduktionsgase wie Wasserstoff, Erdgas sowie der bei der Stahlherstellung anfallenden Mischgase.
Da sie nicht an ein bestimmtes Verfahren gebunden sei, lasse sich die Anlage auch mit verschiedenen Einsatzmaterialien wie Pellets, Stückerz und Kreislaufstoffen betreiben. Die Kapazität liege bei 100 Kilogramm direktreduziertem Eisen pro Stunde. Das BFI übernimmt die Projektkoordination und ist für den Betrieb verantwortlich, erste Versuchskampagnen sind für Anfang 2026 geplant. So könnten noch vor Inbetriebnahme des eigentlichen DRI-Systems Betriebspunkte optimiert und die Einbindung in den Prozessverbund eines Hüttenwerks simuliert werden.
Mit dem Bau einer 100 Prozent wasserstofffähigen Direktreduktionanlage mit zwei Einschmelzern im Industriemaßstab wurde im Frühjahr 2023 die SMS Group beauftragt. Damit wird künftig aus Eisenerzen direkt reduziertes Eisen gewonnen, sogenannter Eisenschwamm, daraus wiederum mit Hilfe von grünem Strom Roheisen erschmolzen. Mit einer Kapazität von 2,3 Millionen Tonnen regenerativ erzeugtem Roheisen pro Jahr könnten mit dem Einsatz von rund 143.000 Tonnen Wasserstoff (entsprechen 5,6 Terawattstunden) bis zu 3,5 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr vermieden werden.
Vorzeitiger Baustart genehmigt
Im Februar hatte die Bezirksregierung Düsseldorf Thyssenkrupp Steel eine Zulassung zum vorzeitigen Baustart der DRI-Anlage erteilt. Den Antrag hatte der Konzern im Oktober 2023 eingereicht. Der Zulassungsbescheid sei „ein wichtiger Meilenstein im Verfahren“. Die endgültige Genehmigung werde Ende 2024 erwartet.
Somit könnten nun nach Abschluss der Arbeiten zur Baufeldvorbereitung die Fundamentarbeiten beginnen. Auf dem knapp 40 Fußballfelder großen Gelände wären während der Bauphase bis zu 2.000 Menschen tätig. Der Hauptteil der Anlage werde 140 Meter hoch und von rund 60 Gebäuden flankiert.
Überdies hatten Thyssenkrupp und der Energiekonzern RWE jüngst einen auf zehn Jahre angelegten Vertrag zur Lieferung von grünem Strom geschlossen (Power Purchase Agreement, PPA). Damit sollen die elektrischen Einschmelzer betrieben werden.
Die Energie stammt vom Offshore-Windpark Kaskasi in der Nordsee, 35 Kilometer vor der Küste Helgolands. Die jährliche Liefermenge beträgt 110 Gigawattstunden. „Erneuerbare Energie ist neben dem Einsatz von regenerativ erzeugtem Wasserstoff ein Kernpunkt unserer Transformationsstrategie“, erklärt Arnd Köfler, Chief Technology Officer bei Thyssenkrupp Steel.
Ausschreibung zur Wasserstoffversorgung
Wenige Tage vor der Unterzeichnung des PPA hatte der Stahlkonzern eine Ausschreibung zur Wasserstoffversorgung gestartet. Für die Anlagenkombination ist ein erster Wasserstoffeinsatz 2028 geplant, der Hochlauf auf Wasserstoffvollbetrieb soll 2029 abgeschlossen sein.
Im Sommer 2023 erhielt Thyssenkrupp Steel für sein Projekt „tkH2Steel“ einen Förderbescheid von Bund und Land in Gesamthöhe von rund zwei Milliarden Euro. Die Eigeninvestitionen liegen knapp einer Milliarde Euro. Der Konzern will 2030 jährlich mehr als 30 Prozent des CO2-Ausstoßes vermeiden. Spätestens 2045 solle die Stahlproduktion vollständig klimaneutral sein.
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Rendering der künftigen Direktreduktionsanlage im Dekarbonisierungsprojekt tkH2Steel von Thyssenkrupp Steel. © Thyssenkrupp AG