(Duisburg) – Die EU-Kommission hat das Projekt „tkH2Steel“ beihilferechtlich genehmigt. Dies ermöglicht der Bundesregierung die formale Freigabe von Fördermitteln in Höhe von zwei Milliarden Euro für die Thyssenkrupp Steel Europe AG. Das Geld stammt vom Bund (70 Prozent) und vom Land Nordrhein-Westfalen. Die Eigeninvestitionen des Konzerns betragen weitere knapp eine Milliarde Euro.

Visualisierung der ersten Direktreduktionsanlage von Thyssenkrupp am Standort Duisburg (weiß hervorgehoben). © Thyssenkrupp Steel Europe AG

Das Projekt war im Rahmen von „IPCEI Wasserstoff“ (Important Projects of Common European Interest – H2) ausgewählt worden. Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums werde der nationale Förderbescheid „zeitnah erteilt“. Thyssenkrupp Steel will, wie berichtet, die Stahlproduktion in Duisburg dekarbonisieren und den Betrieb seiner Hochöfen von Kohle auf Wasserstoff umrüsten. Dies geschieht durch „Direktreduktion“ des Eisens. Dabei werden in diesem Falle mittels 143.000 Tonnen Wasserstoff rund 2,3 Millionen Tonnen Roheisen pro Jahr produziert und 3,5 Millionen Tonnen CO2 eingespart. Die neuen Anlagen sollen 2026 in Betrieb gehen und planmäßig ab 2028 stufenweise auf grünen Wasserstoff umgestellt werden.

Planung schon voll im Gange

Nach der Gewährung des vorgezogenen Maßnahmenbeginns Anfang des Jahres hatte Thyssenkrupp Steel die SMS Group aus Düsseldorf mit dem Engineering, der Lieferung und dem Bau der Direktreduktionsanlage, sowie der beiden Einschmelzer und der zugehörigen Nebenaggregate am Standort Duisburg beauftragt. Der Auftragswert liegt bei 1,8 Milliarden Euro.

Im März 2022 hatten der Stromerzeuger STEAG GmbH und Thyssenkrupp Steel im Rahmen des gemeinsamen Projekts „HydrOxy Walsum“ eine Vereinbarung unterzeichnet, wonach STEAG den Stahlhersteller mit Wasserstoff und Sauerstoff vom benachbarten Standort Duisburg-Walsum beliefert.

Im Dezember 2022 stellte das Industriegas-Unternehmen Air Liquide eine zuvor beauftragte rund vier Kilometer lange Pipeline fertig, welche das Gelände des Duisburger Stahlwerks mit dem Wasserstoffnetzwerk von Air Liquide im Ruhrgebiet verbindet.

Salzgitter AG: Eine Milliarde Euro

Es handelt sich um die zweite große Förderung der Dekarbonisierung eines Stahlstandortes in Deutschland im Rahmen des IPCEI Wasserstoff. Bereits Ende Mai 2023 gab es eine Zusage der EU-Kommission für die Salzgitter AG in Niedersachsen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hatte seinerzeit den Förderbescheid in Höhe von einer Milliarde Euro überreicht. Der gemessen am Umsatz zweitgrößte Stahlkonzern Deutschlands arbeitet in seinem SALCOS genannten Vorhaben ebenfalls daran, künftig Rohstahl mittels grünen Wasserstoffs und Direktreduktion herzustellen.

Ein weiteres Projekt der Stahl-Holding-Saar im Saarland sowie eines von ArcelorMittal an den Standorten Bremen („HyBit“) und Eisenhüttenstadt befinden sich noch im beihilferechtlichen EU-Genehmigungsverfahren.

Fördermittel der EU, allerdings aus deren Innovationsfonds, bekam jüngst auch die H2 Green Steel AB, um im nordschwedischen Boden mittels Nutzung der wasserstoffbasierten Direktreduktionstechnologie ein grünes Stahlwerk im industriellen Maßstab zu errichten.

Deutsche Stahlhersteller weltweit auf Platz acht

Im Jahr 2022 wurden in Deutschland 36,8 Millionen Tonnen Rohstahl hergestellt, rund acht Prozent weniger als im Vorjahr. Damit steht die Bundesrepublik laut Statista GmbH an achter Stelle. Weltweit waren es 1,8 Milliarden Tonnen. Angeführt wird die Tabelle von China mit über einer Milliarde Tonnen. Indien und Japan folgen mit weitem Abstand mit 125 sowie 89 Millionen Tonnen.

Stahl verursacht acht bis elf Prozent der weltweiten CO2-Emissionen. Thyssenkrupp Steel selbst verursache eigenen Angaben zufolge rund 2,5 Prozent der CO2-Emissionen in Deutschland, hauptsächlich am Standort Duisburg. Hauptemittenden seien die dortigen kohlebetriebenen Hochöfen. Das Unternehmen habe das Ziel, bis 2045 klimaneutral zu produzieren.

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Kohlebetriebene Hochöfen in Duisburg: Die EU-Kommission hat zwei Milliarden Euro zur Dekarbonisierung von Thyssenkrupp Steel bewilligt. © Thyssenkrupp Steel Europa AG