(San Franzisco / USA) – Die US-amerikanische Reederei Switch Maritime LLC will eine mit Flüssigwasserstoff angetriebene Fähre für 300 Passagiere und 80 Fahrzeuge entwickeln. Die sogenannte RoPax-Klasse (Roll on/Roll off) ist dafür ausgelegt, Personen, Fahrzeuge oder Frachtgut ohne lange Hafenliegezeiten schnell umzuschlagen („anlegen – entladen – ablegen“). Der Kombicarrier entsteht in Zusammenarbeit mit LH2 Shipping und der norwegischen LMG Marine AS.
Switch hat bereits bewiesen, dass maritime Wasserstoffantriebe gut funktionieren. Erst vor wenigen Monaten hatte das erste wasserstoffbetriebene Schiff von Switch den öffentlichen Passagierdienst als Teil des San Francisco Bay Ferry Systems aufgenommen. Der 21 Meter lange Katamaran „MV Sea Change“ befördert seit Juli bis zu 75 Passagiere an drei Tagen in der Woche zwischen Pier 41 im Hafen und dem etwa 20 Minuten entfernt liegenden Fährterminal Downtown.
Der 600 Kilowatt (kW) starke Elektromotor (von BAE Systems) wird von 360 kW starken Brennstoffzellen (Cummins Inc.) mit 246 Kilogramm gasförmigem Wasserstoff (GH2) angetrieben. Die Reichweite liegt bei 300 Seemeilen (555 Kilometer), die Geschwindigkeit bei 20 Knoten. Die Tanks (Hexagon Purus) werden einmal wöchentlich mit einem mobilen GH2-Trailer gefüllt. Es dauere etwa zwei Stunden, um 150 Kilogramm umzuladen. Wenn der Betrieb in den kommenden Monaten auf sieben Tage pro Woche ausgeweitet werde, benötige die Sea Change zweimal pro Woche einen Tankstopp.
Weiteres H2-Schiff für San Francisco in Arbeit
„Unser erstes H2-Schiff war das Ergebnis einer jahrelangen engen Zusammenarbeit mit der US-Küstenwache, die die Machbarkeit und Sicherheit der Wasserstoffbetankung demonstrierte“, sagt Pace Ralli, Gründer und CEO von Switch. Derzeit arbeite man an einem 25-Knoten-Katamaran für 150 Passagiere, der ebenfalls für den SF Bay Ferry Service gebaut und im ersten Quartal 2025 vorgestellt werden soll. Die H2-Gasspeicher- und Brennstoffzellenausrüstung sind mit der Sea Change-Technologie identisch.
Generell könne Wasserstoff aufgrund seiner hohen Energiedichte Anforderungen an große Reichweiten und Leistungen erfüllen, so das Unternehmen. Darüber hinaus vereinfache er den emissionsfreien Betrieb von Schiffen: Es sei keine feste Ladeinfrastruktur an Land erforderlich und die Betankung erfolge über Truck-to-Ship- oder Ship-to-Ship-Verfahren.
Komprimiertes GH2 eigne sich gut für kleine bis mittelgroße Schiffe. Mit zunehmender Größe und steigendem Energiebedarf sei jedoch kryogener, mithin tiefstgekühlter flüssiger Wasserstoff (LH2) die bevorzugte Lösung. Ähnlich wie Flüssigerdgas (LNG) ermöglicht kryogenes LH2 schnellere Betankungsgeschwindigkeiten für große Mengen.
RoPax-Fähre mit Flüssigwasserstoff
Daher werde auch die neue RoPax-Fähre mit LH2 angetrieben. Das Design sei bereits von der norwegischen Gesellschaft „Det Norske Veritas German Lloyd“ (DNV GL) zertifiziert. Die LH2-Betankung erfolge nach demselben internationalen Sicherheitscode, der auch für die kryogene LNG-Betankung von Schiffen in den USA gelte, „so dass wir uns darauf stützen können“, sagt Pace Ralli. Allerdings gebe es „noch einiges zu tun, um die Anforderungen der US-Küstenwache zu erfüllen“.
Das LH2 aus den kryogenen Speichertanks werde künftig an Bord verdampft und in den PEM-Brennstoffzellen zur Stromerzeugung für die Elektromotoren verwendet. Wie bei den GH2-Schnellfähren seien die einzigen Emissionen des Schiffs reiner Wasserdampf. Die Fähre werde eine Betriebsgeschwindigkeit von 14 Knoten haben und im Normalbetrieb nur einmal pro Woche mit 3.000 Kilogramm ohne landseitige Ladeinfrastruktur per Trailer betank.
Als Referenz dient die ebenfalls von LMG Marine AS mitentwickelte norwegische „MF Hydra“. Es hatte im Besitz der Reederei Norled AS im März 2023 den kommerziellen Betrieb aufgenommen. Die Fähre kann 80 Pkw und zehn Lkw laden, außerdem finden rund 300 Passagiere und Crewmitglieder Platz. Die Antriebsleistung des Scania-Motors beträgt bis zu 553 Kilowatt (750 PS), was eine Geschwindigkeit von neun Knoten ermögliche.
Der vier Tonnen schwere LH2-Tank (etwa so groß wie ein 40-Fuß-Container) steht auf dem Oberdeck der Hydra und wird alle zwei Wochen per LH2-Lkw gefüllt. Den grünen Wasserstoff liefert der Industriegashersteller Linde plc. Die norwegische Fähre sei bislang etwa 50 Mal betankt worden und – außer für geplante Wartungsarbeiten – noch nie außer Betrieb gewesen.
Foto oben
Rendering der künftigen RoPax-Fähre, die mit Flüssigwasserstoff betrieben werden soll. Als Referenz dient die norwegische LH2-Fähre MS Hydra. © Switch Maritime LLC