(Brüssel / Belgien) – Im vergangenen Jahr wurden weltweit Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von rund 239 Gigawatt installiert, ein Anstieg von 45 Prozent gegenüber 2021. 118 Gigawatt (GW) entstanden im Segment Aufdachanlagen, ein Plus von 49 Prozent. Damit erreiche die Solarleistung im zehnten Jahr in Folge einen neuen Installationsrekord. Zu diesem Ergebnis kommt die jetzt veröffentlichte Studie „Global Market Outlook 2023-2027“ des europäischen Solarindustrieverbandes Solar Power Europe, der eigenen Angaben zufolge rund 300 Mitglieder vertritt.
Die gesamte weltweit installierte Solarkapazität lag demnach Ende 2022 bei fast 1,2 Terawatt. Damit ließen sich 1.612 Terawattstunden Strom erzeugen – etwa 57 Prozent des gesamten Strombedarfs der Europäischen Union.
China dominiert die Photovoltaikwelt
In 26 Ländern übertraf 2022 die neu installierte Leistung ein Gigawatt: Auf den vorderen drei Rängen liegen China mit einer jährlichen Wachstumsrate von 72 Prozent und rund 100 GW neu installierter Solarstromanlagen, die USA (21,9 GW; minus sechs Prozent) und Indien (17,4 GW; plus 17,4 Prozent), gefolgt von Brasilien (10,9 GW; plus 100 Prozent). Spanien wurde mit einem Zubau von 8,4 GW zum größten europäischen Markt und liegt auf Platz 5. Deutschland liegt mit einer neu installierten Leistung von 7,4 GW (plus drei Prozent) auf Platz 6 dieser Weltrangliste, so der Report.
Die Auflistung zeigt, dass sich Photovoltaik (PV) offenbar nicht nur in südlichen Gefilden rentiert: Immerhin wurden auch in Dänemark (Rang 16) und Großbritannien (Rang 21) mehr als ein Gigawatt Leistung neu installiert. SPE prognostiziert, dass 2023 die Zahl der Gigawatt-Märkte auf 32 steigt, im kommenden Jahr sollen es 39 sein und 2025 mindestens 53.
Hinsichtlich der kumulierten Solarleistung bezogen auf die Bevölkerung bleibt Australien mit fast 1,2 Kilowatt pro Einwohner führend. Auch die Niederlande überschritten die Marke von einem Kilowatt installierter Leistung pro Einwohner (1,029 Watt). Deutschland liegt an dritter Stelle mit 815 Watt. Der globale Durchschnittswert liege nach Einschätzung von SPE bei etwa 144 Watt pro Kopf.
PV bei Erneuerbaren an der Spitze
Insgesamt summierte sich die neu installierte Leistung der erneuerbaren Energien auf 362 Gigawatt. Photovoltaik macht dabei mit 66 Prozent den Hauptanteil aus, gefolgt von Wind (78 GW; 22 Prozent), Wasserkraft (30 GW; acht Prozent) und Biomasse (acht Gigawatt; zwei Prozent) und Sonstigen mit weiteren acht Gigawatt.
An der nunmehr kumulierten Solarleistung von 1,177 GW hat China mit 34 Prozent den größten Anteil, gefolgt von den USA (zwölf Prozent) sowie gleichauf Indien und Japan (je sieben Prozent). Deutschland hat einen Anteil von sechs Prozent.
Weiterer Boom bei Solarenergie erwartet
„Die positiven Marktentwicklungen in den ersten Monaten des Jahres 2023 versprechen ein weiteres Solar-Boomjahr“, schätzt die Lobby. Bis Ende des Jahres würden voraussichtlich zwischen 341 und 402 Gigawatt neu ans Netz gehen – dies entspreche einem Wachstum von 43 Prozent. Bis 2027 könnten es jährlich tendenziell bis zu 800 Gigawatt werden, um schließlich am Ende des Jahrzehnts jährlich ein Terawatt zu erreichen. Die insgesamt weltweit installierte Leistung könnte bei anhaltendem Installationsboom bis Anfang 2025 auf über zwei Terawatt und Ende 2027 auf 3,5 Terawatt steigen.
Allerdings macht Solarstrom trotz steigender Dynamik bei der Anlageninstallation mit 4,5 Prozent noch immer nur ein Bruchteil der weltweiten Stromerzeugung aus. Alle anderen erneuerbaren Energiequellen decken kumuliert etwa 25,4 Prozent der weltweiten Stromerzeugung. Nicht-erneuerbare Quellen dominieren weiterhin den Markt mit einem Anteil von 70,1 Prozent.
Andere internationale Erhebungen kommen zu leicht abweichenden Zahlen: So resümierte etwa im April die Internationale Energieagentur (IEA), der PV-Beitrag belaufe sich 2022 statistisch betrachtet weltweit auf 6,2 Prozent der Stromnachfrage. Demnach erreichte Spitzenreiter Spanien im vergangenen Jahr eine Marktdurchdringung von mehr als 19 Prozent, Griechenland und Chile jeweils rund 17 Prozent, in den Niederlanden und Australien waren es 15,9 Prozent sowie 15,7 Prozent. Deutschland erreichte laut IEA-Statistik 12,4 Prozent, Europa im Durchschnitt 8,7 Prozent.
Herausforderung Netzausbau
Solar Power Europe sieht bei der Entwicklung des Solarmarktes noch einige Herausforderungen: Kritisch seien demnach begrenzte Netzkapazitäten und ein Mangel an Flexibilität oder Speichermöglichkeiten in den nationalen Stromsystemen. Von den 26 bedeutenden Solarländern berichten dem Report zufolge 20 von Netzengpässen „als einem Haupthindernis für die Entwicklung der Solarenergie“.
Überdies hätten im Jahr 2022 „erhebliche Störungen in der Versorgungskette“, anhaltende COVID-19-Effekte und der durch den Krieg in der Ukraine ausgelöste Inflationsdruck erstmals seit einem Jahrzehnt zum Anstieg der PV-Stromgestehungskosten (Levelised Cost of Electricity, LCOE) geführt: von 36 Dollar im Jahr 2021 auf 60 Dollar pro Megawattstunde.
Dies sei indes kein Hindernis für die Wettbewerbsfähigkeit: „Photovoltaik ist nach wie vor deutlich billiger als neue fossile Brennstoffe und Kernenergie, die Produktpreise begannen bereits in den letzten Monaten zu sinken und dürften bald wieder das Vorkrisenniveau erreichen“, sagt Solar Power Europe. Demnach koste die Produktion einer Megawattstunde Strom in einem neu gebauten Gas- und Dampfkraftwerk 70 Dollar, mittels Kohle 117 Dollar und in einem neuen Atomkraftwerk gar 180 Dollar. Windenergie ist mit 50 Dollar pro Megawattstunde den Berechnungen zufolge die günstigste Quelle.
Die Studie von Solar Power Europe „Global Market Outlook for Solar Power 2023-2027“ gibt es kostenfrei auf Englisch als PDF (148 Seiten).
Foto
Die Solarstromerzeugung boomt weltweit. © Internationale Energieagentur