(Essen) – Die Betreibergesellschaft „Nukleus Green H2“, eine Tochter der RWE AG, hat vom Gewerbeaufsichtsamt Oldenburg die Erlaubnis zur Errichtung und für den Betrieb der ersten beiden 100 Megawatt leistenden Elektrolyseure auf dem Gelände des Erdgaskraftwerks Emsland in Lingen erhalten. Damit ließen sich den Angaben zufolge kumuliert jährlich bis zu 35.000 Tonnen grüner Wasserstoff erzeugen.

Die beteiligten Behörden hätten „erstmals eine Anlage dieser Größe“ zu prüfen gehabt, sagt Sopna Sury, COO Hydrogen bei der RWE Generation SE. Die Genehmigung habe – nach Vollständigkeit des Antrags – rund sieben Monte gedauert. Dies sei ein Referenzwert, der „optimistisch“ stimme für den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft in Deutschland. Der vollständige Antrag umfasse 2.250 Seiten. Die 78 Seiten umfassende Genehmigung lege detailliert fest, welche technischen, organisatorischen und umweltbezogenen Auflagen beim Bau und Betrieb zu erfüllen seien.

300 Megawatt im Endausbau

Ein Konsortium aus Industrie und Wissenschaft will im Rahmen des Projekts „GET H2“ ein rund 130 Kilometer langes Leitungsnetz von Lingen bis Gelsenkirchen aufbauen. Mit der Testpipeline sollen Erkenntnisse zum Transport und zur Speicherung von Wasserstoff gesammelt werden, den RWE in Lingen erzeugt. Bis 2027 will man in 100-Megawatt-Schritten Wasserstoff-Erzeugungskapazitäten von 300 Megawatt installieren.

Im Februar hatte RWE verkündet, man habe dafür bei dem Anlagenbauer Linde Engineering bereits zwei 100-Megawatt-Protonen-Austauschmembran-Elektrolyseure (PEM) bestellt. Die erste der beiden Anlagen will der Energiekonzern im nächsten Jahr im Emsland in Betrieb zu nehmen. Die zweite Anlage wird ein Jahr später hochgefahren.

GET H2 Nukleus zählt zu den Wasserstoff-Großprojekten, die im Mai 2021 von Bund und Ländern für eine Förderung im Rahmen des „Programms für wichtige Projekte von übergreifendem europäischem Interesse“ (IPCEI) nominiert wurden. Allerdings stehe „eine verbindliche Förderzusage nach wie vor aus“, erklärte jetzt das Unternehmen.

Dennoch seien die Elektrolyseure bei Linde bestellt worden, damit beim Eintreffen der erwarteten Zusage die Planungstermine nebst Inbetriebnahme eingehalten werden. RWE und der japanische Turbinenhersteller Kawasaki Heavy Industries wollen bis 2024 in Lingen überdies eine wasserstofffähige Gasturbine installieren, um die Rückverstromung von Wasserstoff zu erproben.

Anlieferung der Druck-Alkali-Anlage von Sunfire für die Pilotanlage im April. © RWE AG

Bis Ende 2023 nimmt RWE dort zunächst eine 14-Megawatt-Pilotanlage in Betrieb, um Erfahrungen mit zwei Elektrolyse-Technologien zu sammeln. Im April erreichten acht Module eines Druck-Alkali-Elektrolyseurs des Dresdener Herstellers Sunfire GmbH die Baustelle. Die jeweils 15 Tonnen schweren Bauteile werden dort zu zwei knapp zehn Meter langen „Stacks“ mit einer kumulierten Leistung von zehn Megawatt zusammengebaut. Bei Linde bestellte RWE einen Protonen-Austausch-Membran-Elektrolyseur (PEM) mit einer Leistung von vier Megawatt.

Skizze der geplanten Pilotanlage in Lingen. © RWE AG

Mittels Strom aus erneuerbaren Energiequellen sollen dann im Emsland stündlich bis zu 290 Kilogramm grüner Wasserstoff erzeugt werden. Während der Pilotphase teste man die Turbine in Betriebslastbereichen zwischen 30 und 100 Prozent. „Das entspricht Lastverläufen von Gasturbinen, wie sie in einem Stromnetz mit hohem Anteil an wetterbedingt schwankenden erneuerbaren Energien zu erwarten sind“, heißt es in einer Mitteilung vom Mai vergangenen Jahres. Das Land Niedersachsen fördert das Lingener Vorhaben mit acht Millionen Euro.

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Am Kraftwerksstandort Lingen will RWE Wasserstoff erzeugen. © RWE AG