(Antwerpen / Niederlande) – Der Hafen von Antwerpen-Brügge soll zu einem „Hotspot für die Kreislaufwirtschaft“ werden. Für die Entwicklung eines „NextGen District“ genannten Vorhabens hat der Betreiber nunmehr zwei neue Unternehmen gewonnen: den US-amerikanischen Hersteller von Elektrolyseuren und Brennstoffzellen, Plug Power Inc., sowie den belgischen Spezialisten für Wasseraufbereitung, Ekopak NV.
100-MW-Anlage für grünen Wasserstoff
Plug Power wird eigenen Angaben zufolge eine 100-Megawatt-Anlage zur Erzeugung von grünem Wasserstoff mit einer Kapazität von 35 Tonnen pro Tag im Hafengebiet bauen. Dazu unterzeichnete das Unternehmen einen auf 30 Jahre angelegten Konzessionsvertrag und pachtete ein 28 Hektar großes Grundstück. Die Amerikaner wollen hier jährlich bis zu 12.500 Tonnen flüssigen und gasförmigen grünen Wasserstoff für den europäischen Markt produzieren.
Mit dem Bau der Anlage wird nach Abschluss des Genehmigungsverfahrens mutmaßlich Ende 2023 begonnen. Die erste Pilotproduktion von grünem Wasserstoff startet den Plänen zufolge 2024, die Inbetriebnahme der Fabrik ist für 2025 vorgesehen.
„Mit dieser Anlage wollen wir dazu beitragen, dass der Hafen von Antwerpen-Brügge zu einer europäischen Wasserstoffdrehscheibe wird“, sagt Plug-Power-Geschäftsführer Andy Marsh. Dabei sei die Nähe zu einem der größten Chemie-Clusters Europas mit ausschlaggebend für die Standortentscheidung.
Kreislauforientierte Wassernutzung
Ekopak wird ebenfalls einen Platz im NextGen District einnehmen. Das Unternehmen aus dem belgischen Tielt errichtet dort im Rahmen eines Joint Ventures mit dem Wasserversorger Water-Link und der flämischen Investmentgesellschaft PMV unter der Bezeichnung „Waterkracht“ eine Wasseraufbereitungsanlage.
Diese wird das Abwasser der Einwohner von Antwerpen reinigen und bei voller Auslastung bis zu 3.000 Kubikmeter Kühl- und Prozesswasser pro Stunde produzieren. Somit könnten jährlich 20 Milliarden Liter Abwasser wiederverwendet und über ein Rohrleitungsnetz an industrielle Abnehmer verteilt werden. Ekopak will auch das lokale Regen- und Abwasser des NextGen District zu Brauchwasser aufbereiten.
Wasserstoffdrehscheibe für Europa
Der Gesamtwert der Investitionen dieser zwei Projekte beläuft sich auf rund 400 Millionen Euro und wird mindestens 60 neue Arbeitsplätze schaffen, heißt es in einer Mitteilung des Hafenbetreibers. „Grüner Wasserstoff und kreislauforientierte Wassernutzung sind die grundlegenden Elemente des Klimawandels“, sagt Jacques Vandermeiren, CEO Port of Antwerp-Bruges. „Ich bin überzeugt, dass diese Projekte dafür sorgen, dass weitere Unternehmen folgen.“
Die Lage biete die Möglichkeit, Strom von den Windturbinen vor Ort und den benachbarten Windkraftwerken zu nutzen. Erst kürzlich haben die Nordseeanrainer Belgien, Deutschland, Dänemark und die Niederlande in einem „Green Power Plant of Europe“ genannten Plan vereinbart, die Windkraftleistung 2030 von jetzt 15 auf dann 65 Gigawatt und bis 2050 auf 150 Gigawatt zu erhöhen.
Plug Power erweitert europäische Präsenz
Darüber hinaus biete der Standort Zugang zu Wasser, Straße und Schiene. Entlang des Geländes wird als Teil eines europäischen frei zugänglichen „Wasserstoff-Backbones“ eine Wasserstoffpipeline gebaut. Plug Power habe einen Vertrag mit dem belgischen Erdgas-Fernleitungsnetzbetreiber Fluxys SA unterzeichnet, um eine Machbarkeitsstudie für den Anschluss zu erstellen.
Plug Power erweitert mit dem Vorhaben in Antwerpen seine Präsenz in Europa. In Duisburg entsteht die Europazentrale mit Service- und Logistikzentrum, die Anfang 2022 den Betrieb aufnehmen soll. Im Mai verkündete das Unternehmen ein Joint Venture, um in Ungarn eine 10-Megawatt-Elektrolyse zu errichten. Im Dezember hatte das Unternehmen die Übernahme der niederländischen Technologiefirma Frames Goup abgeschlossen und baut überdies gemeinsam mit Renault im französischen Flins eine Produktionsstätte für wasserstoffbetriebene leichte Nutzfahrzeuge auf. Weitere Aktivitäten umfassen unter anderem Märkte in Spanien und Portugal.
Drehscheibe für den Welthandel
Der Hafen Antwerpen-Brügge befindet sich an einem strategisch wichtigen Standort und bietet Transportverbindungen nach Deutschland, Belgien, den Niederlanden, Großbritannien und Frankreich. Der Betreiber, eine Aktiengesellschaft der Stadt Antwerpen und der Stadt Brügge als Anteilseigner, beschäftigt 1.800 Mitarbeiter. Die Präsenz von 1.400 Unternehmen sorge direkt und indirekt für 164.000 Arbeitsplätze mit einer Wertschöpfung von 21 Milliarden Euro.
Das Gebiet sei „eines der verkehrsreichsten Logistikgebiete in Europa“, in dem jährlich 289 Millionen Tonnen Seefracht, 24 Millionen Tonnen Schienenfracht und 108,5 Millionen Tonnen Binnenschiffsfracht umgeschlagen werden. Sechzig Prozent der europäischen Kaufkraft befinden sich im Umkreis von rund 500 Kilometern.
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Hafenstandort und Bauplatz von Plug Power. © Port of Antwerpen / Tom Dhaenens
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Jan Jambon, Ministerpräsident von Flamen; Jacques Vandermeiren, CEO Port of Antwerp-Bruges; Andy Marsh, CEO von Plug Power; George C. McNamee, Vorsitzender des Plug-Power-Verwaltungsrates (von links nach rechts). © Port of Antwerpen / Roger Dean
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Der Hafenbetreiber sucht weiterhin Investoren und Entrepreneure (Klick auf die Grafik führt zu weiteren Standortinformationen). © Port of Antwerpen