(Berlin) – Überschreitet die Wasserstoffkonzentration in der Luft einen Schwellenwert von vier Prozent, ist diese Gasmischung hoch explosiv. Bei ausreichend Druck in einem Wasserstofftank oder bei mangelnder Belüftung eines Raumes könne dies schnell erreicht werden – „eine kleine Zündquelle, ein einzelner Funken genügt, um eine Explosion auszulösen“, erklären Forscher des Fraunhofer Heinrich-Hertz-Instituts (HHI).

Zwar gebe es kommerziell verfügbare Sicherheitssensoren. Diese benötigten jedoch eine elektrische Stromversorgung. Wiesen die Geräte oder die elektrischen Zuleitungen einen Defekt auf, könnten sie „im schlimmsten Fall selbst als Zündquelle die Explosion auslösen, die sie eigentlich verhindern sollten“, sagt Günter Flachenecker, Senior Scientist am Fraunhofer HHI.

Sensoren aus Glasfasern

In der Abteilung Faseroptische Sensorsysteme des Fraunhofer HHI in Goslar forschen die Physiker an Möglichkeiten zur Wasserstoffdetektion mithilfe von Sensoren aus Glasfasern, die ohne Strom auskommen. „Gleichzeitig müssen sie nicht aufwändig verkabelt werden, sind klein und lassen sich gut in verschiedenste Strukturen der zu überwachenden Anlage oder eines Fahrzeugs integrieren“, so Flachenecker.

Lichtleitende Glasfasern seien nach Angaben der Forscher aufgrund ihres geringen Durchmessers von etwa einem Viertel Millimeter und ihrer Robustheit „geradezu prädestiniert für sensorische Applikationen in einer sicherheitsrelevanten Umgebung“. Für den Einsatz als Wasserstoffsensor, müsse sie jedoch modifiziert werden.

Schicht aus Palladium

Damit die Glasfaser speziell auf Wasserstoff reagiere, werde rund um den Glasfasermantel eine funktionelle Beschichtung aufgetragen: „Wir arbeiten mit katalytischen Schichten, zum Beispiel Palladium oder Palladiumlegierungen“, so Flachenecker. „Palladium hat die Eigenschaft, dass es Wasserstoff aufsaugt, ähnlich wie ein Schwamm. Sobald die beiden Stoffe aufeinandertreffen, zerfällt der Wasserstoff in seine atomaren Fragmente.“

Die freigesetzten Wasserstoffatome würden dann in das Kristallgerüst des Palladiums eindringen. Die zuvor modifizierte Glasfaser werde gedehnt, was zu einer Veränderung in den rückgemeldeten Lichtimpulsen führe und messbar sei. „Sobald die Wasserstoffkonzentration in der Luft dann wieder abnimmt, löst sich der Wasserstoff auch wieder aus dem Palladium“, so die Wissenschaftler. Die Beschichtung und der Sensor seien wiederverwendbar.

Überdies würden auch andere Methoden untersucht, um mittels Glasfasern stromfreie Sensoren zu entwickeln. Flachenecker: „Entscheidend ist es für uns, Möglichkeiten zur Wasserstoffdetektion zu finden, die schnell genug sind, um Unfälle zu verhindern, und die zuverlässig im benötigten Empfindlichkeitsbereich reagieren.“ Da sei man „aktuell auf einem sehr guten Weg“.

Gefahren erfordern sekundenschnelle Reaktionen

Die Elektronik für die Messdatenaufnahme könne „räumlich beliebig weit entfernt an einem sicheren Ort installiert sein“. Werde eine bestimmte Wasserstoffkonzentration überschritten und der Sensor schlage an, ließen sich sekundenschnell diverse Sicherheitsmaßnahmen einleiten und auslösen, etwa ein akustisches Warnsignal, das Schließen von Ventilen oder das Öffnen von Fenstern.

Die neuen Sensoren könnten Bestandteil von Fahrzeugen mit Wasserstoffantrieb werden und beispielsweise auch Wasserstofftankstellen, Autowerkstätten oder Elektrolyseure überwachen. Zudem sei „der Aufbau eines größeren Sensornetzwerks, das eine Wasserstoffinfrastruktur an vielen Stellen gleichzeitig überwacht“, leicht umzusetzen, erläutern die HHI-Forscher

Das Forschungsprojekt wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert und findet in Kooperation mit einem Brandschutzunternehmen statt. Es endet im Sommer nach dem Einbau von Glasfasersensoren in Lkw für einen Praxistest. Ein Folgeprojekt sei geplant.

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https://www.fraunhofer.de/de/presse/presseinformationen/2022/april-2022/detektion-von-wasserstoff-durch-glasfasersensoren.html

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Wissenschaftler arbeiten an Sensoren, damit sich Wasserstoff und Sauerstoff nicht zu einem explosiven Gemisch verbinden. / © DLR, Thomas Ernsting