(Aachen) – Die vergangenen Wochen waren für zahlreiche kommunale Busplaner offenbar sehr inspirierend. Jedenfalls gibt es seit Jahresbeginn eine auffallende Häufung an Mitteilungen, wer seine Flotten des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) auf mit Wasserstoff betriebene Busse umrüstet – oder diese damit zumindest bereichert. Wir stellen einige Vorhaben in Deutschland vor.
Hamburg: 5 Busse bis Anfang 2024
Die Hamburger Hochbahn AG hat beim polnischen Fahrzeugbauer Solaris Bus & Coach sp. z o.o. fünf Wasserstoffbusse des Typs „Urbino Hydrogen“ in der 12-Meter-Version bestellt.
Die Auslieferung erfolge nach Unternehmensangaben bis zum zweiten Quartal 2024. Die Busse werden mit Energie aus einer Brennstoffzelle mit einer Leistung von 70 Kilowatt betrieben. Außerdem hat sich das Unternehmen für eine geschlossene Fahrerkabine und eine konventionelle 2-2-2-Türanordnung entschieden. Jedes der Fahrzeuge kann 70 Fahrgäste befördern, davon 26 sitzend.
Eigenen Angaben zufolge hatte die Hochbahn bereits „vor einiger Zeit“ eine Ausschreibung durchgeführt, um bis 2025 bis zu 50 Brennstoffzellenbusse zu beschaffen. Solche Modelle seien als verschiedene Prototypen schon seit 2003 „erfolgreich im Einsatz“ gewesen und stellten „immer schon eine Option dar, um das bestehende Reichweitenproblem“ bei batterieelektrischen Bussen zu lösen, heißt es in einem Blog. Derzeit seien 145 Fahrzeuge mit Batterien im Einsatz. Die neuesten Solobusse führen 270 Kilometer ohne Nachladen, Gelenkbusse schafften 230 Kilometer.
Wasserstoff werde „zweifellos an Bedeutung gewinnen, vor allem in Norddeutschland mit einem hohen Potential an erneuerbaren Energieträgern“. Daher verfolge die Hochbahn diese Technologie als „strategische Option“ und sammele dann ab 2024 mit den Brennstoffzellenbusse im Fahrgastbetrieb weitere Erfahrungen. Bis Ende des Jahrzehnts würden sämtliche mit Diesel betriebene Busse durch solche mit emissionsfreien Antrieben ersetzt.
Aschaffenburg: 12 Wasserstoffbusse in zwei Größen
Auch die Aschaffenburg Verkehrs GmbH entschied sich für Wasserstoffbusse aus dem Hause Solaris. Die Stadt in Unterfranken bekommt zehn „Urbino 12 Hydrogen“ und zwei „Urbino 18 Hydrogen“, die das Unternehmen im vergangenen Herbst vorgestellt hatte. Es ist der erste Auftrag für Solaris über die 18 Meter langen Gelenkbusse.
Der Innenraum verfügt über Klimaanlage, USB-Ladebuchsen sowie über ein automatisches Fahrgastzählsystem. Überdies gibt es Platz für Rollstühle, Kinderwagen oder Fahrräder. Herkömmliche Außenspiegel sind verzichtbar: Fahrgastraum, Umfeld und Außenbereich werden von Kameras überwacht. Wenn Objekte oder Personen in der Nähe des Fahrzeugs auftauchen, warnt ein „MobileEye Shield“ genanntes System das Fahrpersonal, das entsprechend reagieren kann.
Die Wasserstofftanks werden auf dem Dach im vorderen Teil des Fahrzeugs platziert. Die Brennstoffzellenmodule des Urbino 12 Hydrogen leisten 70 Kilowatt, der „Urbino 18 Hydrogen“ verfügt über 100 Kilowatt Brennstoffzellenleistung. Bei hohem Strombedarf wird die Brennstoffzelle – je nach Fahrzeugtyp – von einer oder zwei Batterien mit einer Kapazität von jeweils 30 Kilowattstunden unterstützt. Die Fahrzeuge sollen bereits 2024 auf Aschaffenburgs Straßen unterwegs sein.
Düsseldorf: 20 Busse plus Tankstelle
Die Stadtwerke Düsseldorf (SWD) und die Rheinbahn beschaffen im Rahmen der Umstellung ihres Fuhrparks auf klimafreundliche Antriebe 20 Brennstoffzellenbusse. Die Fahrzeuge kommen mit einer Tankfüllung 310 Kilometer weit.
In Kooperation mit dem Tankstellenbetreiber H2 Mobility Deutschland baut die Kommune außerdem einen Elektrolyseur mit einer Leistung von einem Megawatt. Die Anlage wird auf dem Betriebsgelände der Stadtwerke installiert und soll 2026 fertig sein. Sie kann bis auf fünf Megawatt ausgebaut werden. Mit den dann zu erzeugenden zwei Tonnen Wasserstoff pro Tag könnten täglich bis zu 100 Busse betankt werden, so das Unternehmen.
Den Strom zur Wasserstoffproduktion nennen die Stadtwerke zwar „grün“. Tatsächlich wird er aber in der Müllverbrennungsanlage produziert und nicht aus erneuerbaren Energien. Das öffentlichkeitswirksame Attribut leitet die Stadt daraus ab, dass der Abfall zu 50 Prozent „biogenen Ursprung“ sei. Die Initiatoren interpretieren die Stromherkunft dann als „erneuerbare Energien“.
Die Rheinbahn erhält die ersten zehn Busse bereits „in den kommenden Wochen“, heißt es, ohne jedoch einen konkreten Termine zu nennen. Der Testbetrieb beginne noch im zweiten Quartal. Diese Fahrzeuge werden auf dem Gelände der Stadtwerke in Flingern betankt, wo die Station den Plänen zufolge Mitte nächsten Jahres in Betrieb geht. Bis dahin werden die Busse der Rheinbahn in Düsseldorf-Reisholz ihren Treibstoff aufnehmen. Das Vorhaben wird mit rund 1,2 Millionen Euro durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr gefördert.
Oldenburg: 4 von 16 Bussen rollen bereits
Die Oldenburger Verkehr und Wasser GmbH (VWG) reklamiert für sich, sie sei „das erste Nahverkehrsunternehmen in Niedersachsen“, das Wasserstoffbusse im regulären Linienverkehr einsetze. Im Beisein von Oldenburgs Oberbürgermeister Jürgen Krogmann, Stefan Dohler (Vorstandsvorsitzender EWE AG) und Michael Emschermann (Geschäftsführer VWG) wurden die ersten vier Busse Anfang Februar vorgestellt. „Wir sind gespannt, wie sich die Wasserstoffbusse im Stadtverkehr verhalten und im Betrieb bewähren“, sagt Emschermann.
Insgesamt 16 dieser Fahrzeuge wurden im Verbund gemeinsam mit Bremerhaven Bus sowie der Vestischen Straßenbahn GmbH zur Beschaffung ausgeschrieben, vier davon für den Einsatz im Gebiet der VWG. Durchgesetzt hatte sich der portugiesische Hersteller Fabricação de Carroçarias S.A (Caetanobus) mit seiner Baureihe „H2 City Gold“, der die Transportmittel Anfang des Jahres per Fähre und anschließend per Auflieger aus Porto anlieferte.
Dabei handelt es sich um niederflurige zwölf Meter lange Solofahrzeuge, die über 33 Sitzplätze, 39 Stehplätze sowie zwei Rollstuhlplätze verfügen. Der Brennstoffzellenantrieb wird von Toyota geliefert und ist dem Pkw „Mirai“ entliehen – somit sei die verbaute Technik bereits seit längerem im Einsatz und erprobt.
Die Traktionsbatterien, Wasserstofftanks und die Brennstoffzelle sind auf dem Dach platziert. Die Busse werden an einer Station von H2 Mobility betankt. Ein Tankvorgang dauert etwa zehn Minuten und die Fahrzeuge haben damit eine Reichweite von etwa 400 Kilometern. Der Einzelpreis liegt bei etwa 610.000 Euro, davon werden 80 Prozent aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und des Landes Niedersachsen gefördert.
Vestische: 5 Busse im Test mit mobiler Tankstelle
Die nordrhein-westfälische Vestische Straßenbahnen GmbH betreibt rund 260 Busse im Kreis Recklinghausen, in der Stadt Bottrop und im nördlichen Teil der Stadt Gelsenkirchen. In der zweiten Hälfte des Jahres 2023 sollen die ersten fünf Brennstoffzellenbusse sukzessive in die Busflotte integriert werden. Die Fahrzeuge werden dann auf dem Betriebshof in Herten betankt.
Sie sind Teil eines Gemeinschaftsprojekts mit der dänischen Everfuel A/S, welche eine mobile Wasserstofftankstelle unter der Bezeichnung „Everfiller“ auf den Markt bringt. Die Tankstelle auf Rädern eigne sich insbesondere für die Betankung kleinerer Fahrzeugflotten und soll im Alltagsbetrieb getestet werden.
Auch für Betreiber von Fahrzeugen, die derzeit keine großen Wasserstoffmengen tanken, käme das System infrage, erklärt Everfuel. Man habe die Erfahrung gemacht, dass viele Fuhrparkbetreiber gern Wasserstoff nutzen würden, es derzeit aber insbesondere bei Einsteigern an geeigneten Betankungslösungen fehle. Diese wolle man mit dem „Everfiller“ liefern.
Deutsche Bahn: 60 Busse für Norddeutschland
Caetanobus wird nicht nur in Oldenburg, sondern auch anderswo in Norddeutschland seine Fahrzeuge auf die Straßen bringen. Ein mit DB Regio Bus, die Bussparte der Deutschen Bahn AG, geschlossener Rahmenvertrag läuft bis zum Jahr 2026 und sieht die Lieferung von 60 Bussen vor. Auch diese Fahrzeuge sind eine Gemeinschaftsproduktion von Caetanobus und Toyota als Lieferant des Brennstoffzellensystems.
Die Busse vom Typ „H2 City Gold“ sind zwölf Meter lang und haben 34 Sitz- und 47 Stehplätze. Der Fahrgastraum bietet Platz für Rollstühle. Mit einer Tankfüllung Wasserstoff können die Fahrzeuge zwischen 350 Kilometer im Winter und 550 Kilometer im Sommer fahren. In den Bussen sind zahlreiche elektronische Sicherheitssysteme eingebaut, die beispielsweise vor einer möglichen Kollision mit Fußgängern oder anderen Verkehrsteilnehmern warnen.
DB Regio Bus ist eigenen Angaben zufolge mit jährlich 470 Millionen Fahrgästen größter Anbieter im deutschen Busverkehr. Das Unternehmen will 2038 den letzten Dieselbus ausmustern. Schon in sieben Jahren würden alle neu angeschafften Busse emissionsfrei betrieben.
Die ersten Fahrzeuge sollen Anfang 2024 in Niedersachsen und Schleswig-Holstein fahren: Fünf werden im Raum Jever eingesetzt, zwei in Rendsburg-Eckernförde. Zwei Vorgängerversionen der nun bestellten Busse fahren bereits (wie berichtet) bei der DB-Tochter Autokraft im Zuge des Wasserstoff-Pionierprojektes „eFarm“ im Kreis Nordfriesland, das von der JP Joule GmbH initiiert wurde. Sie tanken den von eFarm regional aus Windstrom produzierten grünen Wasserstoff an Tankstellen in Husum und Niebüll.
„Wasserstoffbusse sind klimafreundlich unterwegs und haben einen weiteren Vorteil: Sie sind schneller vollgetankt als die Batterien eines reinen Elektrobusses geladen sind“, sagt Evelyn Pallas, Vorständin Regionalverkehr DB AG. „Mit ihrer hohen Reichweite können Wasserstoffbusse auf dem Land besonders gut die bisherigen Dieselfahrzeuge ersetzen.“ Das Auftragsvolumen liegt bei fast 40 Millionen Euro.
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Kommunen investieren zunehmend in Wasserstoffbusse für den Öffentlichen Personennahverkehr (Foto: Busbetriebshof Alsterdorf in Hamburg. © Hamburger Hochbahn AG
Red.Hinweis: Im zweiten Teil zur Nutzung von H2-Bussen in Kommunen präsentieren wir in der kommenden Woche internationale Vorhaben aus Europa, den USA und Asien. So will beispielsweise die Millionenstadt Incheon in Korea noch in diesem Jahr 200 Brennstoffzellenfahrzeuge auf die Straßen bringen – bis 2030 soll die komplette Flotte mit 2.000 Dieselbussen ausgetauscht werden.