(Nairobi / Kenia) – Kenia hat einen Fahrplan zur Entwicklung seiner grünen Wasserstoffindustrie bis 2032 und darüber hinaus vorgelegt. Das Land konzentriere sich auf das Wachstum des kenianischen Marktes sowie auf den Export. Auch gebe es spezifische Ziele in Bezug auf die Reduzierung von Emissionen, die Schaffung von Arbeitsplätzen und Direktinvestitionen.

Die „Green Hydrogen Strategy and Roadmap for Kenya“ gibt es im Wortlaut kostenfrei als PDF (24 Seiten).

Die Strategie wurde während des afrikanischen Klimagipfels (ACS23) in Nairobi gemeinsam vom kenianischen Präsidenten William Ruto und der Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen präsentiert. An der Entwicklung war auch Global Gateway beteiligt, einer Initiative der Europäischen Kommission und dem Hohen Vertreter der Europäischen Union für Außen- und Sicherheitspolitik. Mit seinem aktualisierten Nationalen Klimaschutzprogramm (Nationally Determined Contribution, NDC) verfolgt Kenia das Ziel, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um ein Drittel zu reduzieren. Bereits heute stammten rund 90 Prozent der Elektrizität des Landes aus erneuerbaren Ressourcen, vor allem Geothermie. Bis 2030 sollen es 100 Prozent sein.

Kenias Präsident William Ruto: „Grüner Wasserstoffs ist ein wichtiger Motor der Energiewende und erleichtert die Dekarbonisierung unserer Industrien und der gesamten Wirtschaft“. © African Union (Sceenshot von der ACS23-Eröffnungsveranstaltung)

„Die Strategie für grünen Wasserstoff stellt die wirtschaftliche Expansion, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Förderung des Umweltschutzes in den Vordergrund. Sie gibt Kenia die Richtung vor, um das Potenzial des grünen Wasserstoffs als wichtigen Motor der Energiewende zu nutzen“, sagte William Ruto. Die grüne Wasserstoffwirtschaft werde die Ernährungssicherheit verbessern, einschließlich der Ausweitung der grünen Produktion von kenianischem Tee, Kaffee, Gartenbau, Blumenzucht und Getreide. Überdies werde damit „die Dekarbonisierung unserer Industrien und der gesamten Wirtschaft“ erleichtert.

Ursula von der Leyen, Präsidentin der EU-Kommission, auf dem ACS23: „Kenias ZIel, bis 2030 100 Prozent saubere Energie zu erzeugen, inspiriert andere Länder.“ © African Union (Sceenshot)

„Das ehrgeizige Ziel Kenias, bis 2030 100 Prozent saubere Energie zu erzeugen, ist eine Inspiration für andere Länder“, erklärte Ursula von der Leyen. Es werde dazu beitragen, die Emissionen zu senken, einen strategischen Industriezweig für die Zukunft des Landes zu fördern und die Exportkapazitäten gegenüber Partnern wie der EU zu steigern.

Klimainvestitionen in Kenia und Afrika

Zur Förderung der kenianischen grünen Wasserstoffindustrie stellt die EU fast zwölf Millionen Euro bereit. Insgesamt fließen im Rahmen des Investitionsprogramms von Global Gateway 3,4 Milliarden Euro in kenianische Klima- und Umweltvorhaben. So fördert die EU beispielsweise die Entwicklung und Inbetriebnahme der „Nairobi Clean Bus Rapid Transit Line 3“. Europa und Kenia investieren bis zu 350 Millionen Euro in diese erste reine Elektrobuslinie in Ostafrika.

Wirtschaftliche Transformation und grünes Wachstum: Grüner Wasserstoff kann in mehreren wichtigen Sektoren in Kenia eingesetzt werden, darunter Industrie, Verkehr und Energie, insbesondere auch als Rohstoff für die chemische Industrie etwa zur Herstellung von Ammoniak und Methanol. © Green Hydrogen Strategy and Roadmap for Kenya

Deutschland werde die Wasserstoff-Roadmap mit einem Darlehen von 60 Millionen Euro unterstützen. Sie sei „ein wichtiger Schritt zum Aufbau eines grünen und nachhaltigen Wasserstoffsektors in Kenia“, sagte die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Bärbel Kofler. Zudem werde man in Kürze ein „Hydrogen Diplomacy Office“ in Nairobi eröffnen, „um unseren Dialog und unsere Zusammenarbeit zu intensivieren“. Bereits im Mai hatte Bundeskanzler Scholz bei einem Besuch in Nairobi dem Land zwei Millionen Euro für die Ausrichtung des „Africa Climate Summit“ (ACS23) zugesagt.

150 Milliarden Euro für den Kontinent

Das „Global Gateway Africa-Europe Investment Package“ zielt darauf ab, Afrika bei seinem umweltfreundlichen und digitalen Aufschwung zu unterstützen. Ein Schwerpunkt des 150 Milliarden Euro umfassenden Pakets ist die Produktion sauberen Wasserstoffs in Afrika.

Auf dem gesamten afrikanischen Kontinent würde ein massiver Einsatz von erneuerbaren Energien und sauberer Wasserstofferzeugung dazu beitragen, dass bis 2030 eine Elektrolyseurkapazität von mindestens 40 Gigawatt zur Verfügung stehe. Dies würde auch zur Entwicklung des Sektors für erneuerbaren Wasserstoff beitragen, indem Geschäftsmöglichkeiten sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite für energieintensive Industrien erschlossen werden.

Die Substitution von bisherigen Wasserstoffimporten (in Form von Dünger oder Methanol) durch im Lande produzierte grüne Alternativen versetze Kenia in die Lage, die Entwicklung neuer industrieller Prozesse zu fördern, die Versorgungsrisiken zu mindern und die mit der Volatilität der Marktpreise verbundenen Unsicherheiten zu reduzieren, so die Politiker bei der Vorstellung des Papiers.

Afrika als „grünes industrielles Zentrum“

Der am gestrigen 6. September zuende gegangene ACS23 galt gleichsam als Vorbereitung und Stimmungsbarometer für den UN-Weltklimagipfel (COP28), der ab 30. November in Dubai stattfindet. Kenias Präsident Ruto zeigte sich mit dem Ergebnis sehr zufrieden. „Die Erklärung von Nairobi, unser gemeinsamer Standpunkt und unsere festen Beschlüsse bilden die Grundlage für eine neue Lösung für Afrika.“

Im Mittelpunkt steht demnach die Forderung nach globalen Klimasteuern und Reformen der internationalen Institutionen, um die Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen zu unterstützen. Ruto habe sich „an die Spitze eines neuen Narrativs gestellt, das sich auf Afrikas Umstellung auf saubere Energie konzentriert“, weil der Kontinent stark von klimabedingten Katastrophen heimgesucht werde, so „Al Jazeera“. Afrika könne „ein grünes industrielles Zentrum sein, das anderen Regionen dabei hilft, ihre Netto-Null-Strategie bis 2050 zu erreichen“, zitiert das Blatt William Ruto.

Ergebnis des Klimagipfels enttäuschend

Andere lokale Beobachter bewerten das Ergebnis des afrikanischen Klimagipfel indes als enttäuschend. Damit sei „außer der politischen Klasse niemand zufrieden“, kommentiert etwa das Portal „Africa Science News“. Die „überwältigende Mehrheit“ der nichtstaatlichen Akteure sei von der Abschlusserklärung des Gipfels in Nairobi desillusioniert.

„Wir sind besonders schockiert, dass die Erklärung zwar anerkennt, dass 60 Prozent der Bevölkerung in Afrika Kleinbauern sind, aber nichts über ihre Unterstützung und die Förderung der Agrarökologie sagt, die eine echte Lösung für das Problem des Klimawandels ist“, wird Nnimmo Bassey zitiert, Gründer der Health of Mother Earth Foundation. „Die Erklärung deutet auf ein trübes Ergebnis der COP28 hin.“

Ähnlich äußerte sich Muhammed Lamin Saidykh, Leiter von Building Power, CAN-International: „Es ist für Afrika entscheidend, dem Aufbau von erneuerbaren Energiesystemen, Elektrifizierung, Infrastruktur und Technologien Priorität einzuräumen“, so das Portal. Es bestehe die Sorge, „dass einige Klimalösungen von westlichen Interessen angetrieben werden, die Afrika nicht zugute kommen können“.

Maimoni Mariere Ubrei-Joe vom Programm für Klimagerechtigkeit und Energie von „Friends of the Earth Africa“ sagte, der Erklärung von Nairobi fehle es an Ideen und sei „nur ein weiteres schönes Dokument, das in den Regalen landet“. Jede Lösung, „die ein Business as usual der fossilen Brennstoffindustrie zulässt und den Schwerpunkt auf die Sanierung statt auf die Schließung schmutziger Energiequellen legt“, sei zum Scheitern verurteilt und füge der Umwelt und den Gemeinden noch mehr Schaden zu.

Thuli Makama von „Oil Change International“ (OCI) fordert die Afrikanische Union auf, jetzt mutig zu sein und die Dekolonisierung des afrikanischen Energiesektors zu diskutieren. „Wir brauchen starke und klare Forderungen nach Wiedergutmachung und Systemwechsel“. Es sei an der Zeit, „dass die Staats- und Regierungschefs der Welt und die Finanzinstitutionen die Arbeit und das Geld investieren, um sicherzustellen, dass Afrika einen gerechten Übergang zu erneuerbaren Energien schafft, anstatt sich auf weitere fossile Brennstoffe festzulegen“, so die OCI-Chefberaterin für Afrika.

Allein die USA hätten in diesem Jahr bereits 1,5 Milliarden Dollar für fossile Brennstoffprojekte genehmigt, schreibt Claire O’Manique von OCI auf X.com, obwohl sie sich zur Prämisse „Stop Funding Fossils“ bekannt hätten. Die Grundlagen solcher Entscheidungen für fossile Brennstoffprojekte ließen sich „öffentlich nicht überprüfen“.

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Das Kenyatta International Conference Centre (KICC) in Nairobi war der zentrale Veranstaltungsort des am 6. September beendeten Africa Climate Summit. © Africa Climate Summit