(Mailand / Italien) – Mehrere italienische Unternehmen wollen den Einsatz von Wasserstoff zum Betrieb von Schmelzöfen in Glashütten testen. Eine Arbeitsgruppe unter Leitung des Ferngasleitungsbetreibers SNAM, RINA sowie dem Glashersteller Bormioli Luigi hat sich zum Ziel gesetzt, die Emissionen in der Glasindustrie zu reduzieren.

Italien ist mit über fünf Millionen Tonnen pro Jahr der zweitgrößte Glasproduzent in Europa. Die Herstellung von Glasobjekten ist energieintensiv und schwer mit Strom zu betreiben. Das Projekt Divina (Decarbonisation of the Glass Industry: Hydrogen and New Equipment) soll nun dazu führen, die Emissionen in der Glasschmelzphase zu reduzieren, die mehr als 50 Prozent des gesamten Energieverbrauchs im Produktionsprozess ausmacht. Die Initiative wolle „kurz- bis mittelfristig“ einen zunehmenden Anteil von mit Erdgas gemischtem Wasserstoff in bestehenden Schmelzöfen erproben und die Kompatibilität der Wasserstoffverbrennung mit dem Glasmaterial unter realen industriellen Produktionsbedingungen bewerten, nachdem entsprechende Tests in Labors durchgeführt wurden.

Die derzeitigen CO2-Emissionen der italienischen Glashütten durch Erdgas belaufen sich nach Angaben von SNAM auf rund 1,5 Millionen Tonnen pro Jahr; etwa 3,5 Prozent der Emissionen der gesamten verarbeitenden Industrie des Landes. Der flächendeckende Einsatz einer Wasserstoffbeimischung von 30 Prozent im Glasschmelzprozess würde die Emissionen um 200.000 Tonnen reduzieren.

Im Rahmen des Projekts werden auch die Konstruktionsregeln für zukünftige Schmelzöfen neu definiert und anschließend optimiert, um auch bei höheren Wasserstoffanteilen von bis zu 100 Prozent eine hohe Leistung garantieren können.

Arbeitsgruppe aus Experten

In der italienische Arbeitsgruppe sind Unternehmen der gesamten Wertschöpfungskette vertreten: Energiesektor, Glaskonzerne, Kraftstoffproduktions- und Transportunternehmen, Firmen zur Zertifizierung und Integration komplexer Systeme sowie Universitäts- und Forschungszentren.

Die SNAM S.p.A (Società Nazionale Metanodotti) gehört zu den größten börsennotierten Unternehmen Italiens nach Marktkapitalisierung. Neben Italien ist das Unternehmen über Tochtergesellschaften in Albanien (AGSCo), Österreich (TAG, GCA), den Vereinigten Arabischen Emiraten (ADNOC Gas Pipelines), Frankreich (Teréga), Griechenland (DESFA) und Großbritannien (Interconnector UK) tätig und hat auch in China und Indien Aktivitäten aufgenommen. Außerdem ist das Unternehmen einer der drei größten Aktionäre der Schweizer Trans Adriatic Pipeline AG (TAP), Betreiberin einer 878 Kilometer lange Erdgaspipeline, die seit dem 31. Dezember 2020 aserbaidschanisches Gas durch Griechenland, Albanien und das Adriatische Meer nach Süditalien leitet. SNAM hat eines der größten Gasnetze (über 41.000 Kilometer) Europas.

RINA bietet ein breites Spektrum an Dienstleistungen in den Bereichen Energie, maritimer Technologie, Zertifizierung, Immobilien und Infrastruktur, Mobilität und Industrie. Mit 495 Millionen Euro Umsatz im Jahr 2020, mehr als 4.000 Mitarbeitern und 200 Büros in 70 Ländern spielt RINA eine Rolle in wichtigen internationalen Organisationen und trägt zur Entwicklung neuer regulatorischer Standards bei.

Bormioli Luigi ist eine Glashütte, die sich auf Parfümerie- und Destillerie-Behälter und Tischgeschirr aus hochwertigem Kristallglas spezialisiert hat. Bormioli Luigi beschäftigt über 1.000 Mitarbeiter und produziert 250 Millionen Stück pro Jahr mit zwanzig Formanlagen und fünf Öfen in Parma und Abbiategrasso.

Wie berichtet, hatte der Glashersteller Schott AG acht Wochen lang das Erschmelzen von drei verschiedenen Gläsern mittels Wasserstoff getestet. Das Ergebnis war positiv: Bei der Befeuerung mit Wasserstoff und Sauerstoff konnte eine ähnliche Brennerleistung mit ähnlichen Temperaturen erreicht werden wie beim herkömmlichen Verfahren mit Erdgas und Sauerstoff. Auch die Qualität des hergestellten Glases ähnelte derjenigen des herkömmlichen Glases.

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https://www.snam.it/en/Media/Press-releases/2021/Snam_hydrogen_decarbonise_glass_industry.html

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Eine Arbeitsgruppe unter der Leitung von SNAM, RINA und Bormioli wird den Einsatz von Wasserstoff zum Antrieb von Schmelzöfen in Glashütten testen / © SNAM