(Paris) – Aktuell haben 17 Regierungen Wasserstoffstrategien veröffentlicht, mehr als 20 Länder haben angekündigt, dass sie daran arbeiten. „Diese Bemühungen kommen zur rechten Zeit“, meint die Internationale Energieagentur (IEA). Denn die Zeit sei reif, „den potenziellen Beitrag von Wasserstoff zu einem nachhaltigen Energiesystem zu nutzen“. Der Wasserstoffbedarf lag im Jahr 2020 bei 90 Millionen Tonnen, die praktisch alle für Raffinerie- und Industrieanwendungen bestimmt sind und fast ausschließlich aus fossilen Brennstoffen hergestellt werden, was zu fast 900 Millionen Tonnen CO2-Emissionen führte, heißt es in dem neuen Technologie-Report „Global Hydrogen Review 2021“. Demnach hat sich die weltweite Kapazität von Elektrolyseuren in den letzten fünf Jahren verdoppelt und erreichte Mitte 2021 etwas mehr als 300 Megawatt. Rund 350 Projekte befinden sich derzeit in der Entwicklung. Sie könnten die weltweite Kapazität bis 2030 auf 54 Gigawatt (GW) erhöhen, so die Studie. Weitere 40 Projekte mit einer Kapazität von mehr als 35 GW befänden sich in einem frühen Stadium der Entwicklung.

Europa ist führend bei der Elektrolyse-Kapazität

Europa ist mit 40 Prozent der weltweit installierten Kapazität führend bei der Einführung von Elektrolyseuren. Die Pläne Australiens deuteten allerdings darauf hin, dass das Land in einigen Jahren zu Europa aufschließen könnte; auch in Lateinamerika und im Nahen Osten wird mit dem Aufbau großer Kapazitäten gerechnet, vor allem für den Export. China habe einen langsamen Start hingelegt, aber die Zahl der angekündigten Projekte nehme schnell zu, und die Vereinigten Staaten verstärkten ebenfalls ihre Ambitionen.

Die Länder mit Wasserstoffstrategien haben mindestens 37 Milliarden Dollar bereitgestellt; der Privatsektor habe zusätzliche Investitionen in Höhe von 300 Milliarden Dollar angekündigt. Um den Wasserstoffsektor auf den Weg zu bringen seien bis 2030 allerdings Investitionen in Höhe von 1.200 Milliarden Dollar in eine kohlenstoffarme Wasserstoffversorgung und -nutzung erforderlich, heißt es in der Untersuchung.

Zahl der FC-Fahrzeuge steigt

Die Kosten für Brennstoffzellen in Kraftfahrzeugen sind seit 2008 um 70 Prozent gesunken. Insbesondere in Korea, den USA, China und Japan habe sich die Zahl der Brennstoffzellen-Elektrofahrzeuge (FCEV) auf den Straßen von 7.000 im Jahr 2017 auf über 43.000 bis Mitte 2021 mehr als versechsfacht. Im Jahr 2017 waren nach IEA-Angaben praktisch alle FCEVs Personenkraftwagen. Heute seien ein Fünftel Busse und Lkw, „was auf eine Verlagerung in das Langstreckensegment hinweist, wo Wasserstoff besser mit Elektrofahrzeugen konkurrieren kann“.

Die Gesamtzahl der FCEVs liege jedoch immer noch deutlich unter den geschätzten elf Millionen Elektrofahrzeugen, die heute auf den Straßen unterwegs sind. Mehrere Demonstrationsprojekte für den Einsatz von wasserstoffbasierten Kraftstoffen im Schienenverkehr, in der Schifffahrt und in der Luftfahrt befinden sich bereits in der Entwicklung und dürften neue Möglichkeiten zur Schaffung einer Wasserstoffnachfrage eröffnen.

Wichtiger Pfeiler zur Dekarbonisierung

„Wasserstoff ist ein wichtiger Pfeiler für die Dekarbonisierung der Industrie“, so der Report, auch wenn die meisten Technologien, die einen wichtigen Beitrag leisten könnten, noch im Entstehen begriffen seien. Das weltweit erste Pilotprojekt zur Herstellung von kohlenstofffreiem Stahl mit kohlenstoffarmem Wasserstoff wurde dieses Jahr in Schweden in Betrieb genommen. In Spanien wird Ende 2021 ein Pilotprojekt zur Nutzung von variablem Wasserstoff aus erneuerbaren Energien für die Ammoniakproduktion anlaufen. Demonstrationsprojekte für den Einsatz von Wasserstoff in industriellen Anwendungen wie der Zement-, Keramik- oder Glasherstellung befinden sich ebenfalls in der Entwicklung.

Nachfrage muss gesteigert werden

Der Schwerpunkt der meisten staatlichen Maßnahmen liegt auf der Herstellung von kohlenstoffarmem Wasserstoff. Japan, Korea, Frankreich und die Niederlande haben Ziele für den Einsatz von FCEV festgelegt. Um die Rolle des kohlenstoffarmen Wasserstoffs bei der Umstellung auf saubere Energien zu stärken, ist eine schrittweise Steigerung der Nachfrage erforderlich.

Ein Haupthindernis für die breite Nutzung kohlenstoffarmen Wasserstoffs sei der Kostenunterschied zur Herstellung von Wasserstoff aus fossilen Brennstoffen. Gegenwärtig sei die Herstellung von Wasserstoff aus fossilen Brennstoffen in den meisten Teilen der Welt die billigste Option. Je nach regionalen Erdgaspreisen lägen die Kosten dabei zwischen 0,5 und 1,7 Dollar pro Kilogramm. Die Verwendung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen koste demgegenüber drei bis acht Dollar pro Kilogramm. „Es besteht ein erheblicher Spielraum für die Senkung der Produktionskosten durch technologische Innovation und verstärkten Einsatz“, erklären die Autoren.

Der Technologie-Report „Global Hydrogen Review 2021“ ist ein Ergebnis der länderübergreifenden „Clean Energy Ministerial Hydrogen Initiative“ (CEM H2I), die von der IEA koordiniert wird. Er soll die Akteure des Energiesektors über den Status und die Zukunftsaussichten von Wasserstoff informieren und untersucht, welche internationalen Fortschritte im Bereich Wasserstoff erforderlich sind, um zur Bewältigung des Klimawandels beizutragen. Die Publikation soll künftig jährlich aktualisiert werden.

Den IEA-Report „Global Hydrogen Review 2021“ gibt es kostenfrei als PDF (224 Seiten).

Deep Link
https://www.iea.org/reports/global-hydrogen-review-2021
https://www.iea.org/reports/global-hydrogen-review-2021/executive-summary

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