(Esbjerg / Dänemark) – Die Energieminister der vier Nordseeanrainer Deutschland, Dänemark, Niederlande und Belgien wollen hinsichtlich Offshore-Windenergie und grünem Wasserstoff stärker kooperieren. In einer jetzt getroffenen Vereinbarung heißt es, man werde künftig gemeinsam „hybride“ Offshore-Kooperationsprojekte entwickeln, „die Windparks und Stromnetze vereinen und an die mehrere Mitgliedstaaten angebunden sind“. Dadurch solle sich der Nordseeraum als „Green Power Plant of Europe“ entwickeln und die EU mit grünem Strom versorgen.
Energie aus Europa statt aus Russland
Fossile Brennstoffe, darunter russisches Öl, Kohle und Gas, würden durch europäische erneuerbare Energien aus der Nordsee ersetzt. Die vier Staaten haben sich bis 2030 Ausbauziele für Offshore-Windenergie von mindestens 65 Gigawatt gesetzt, 2050 sollen es 150 Gigawatt sein – eine Verzehnfachung der heutigen Erzeugungskapazität. Bei Wasserstoff lautet das Ziel, bis 2030 eine Produktionskapazität von etwa 20 Gigawatt zu erreichen. „Wir wollen unsere Produktion bis 2050 noch weiter ausbauen“, heißt es in der Erklärung.
Die Pläne der Länder
Dänemark wird bis 2033 in der Nordsee eine „Energieinsel“ mit einer anfänglichen Offshore-Windenergieleistung von drei Gigawatt errichten und eine Stromübertragungsleitung zum dänischen Festland, nach Belgien und später nach Deutschland sowie in die Niederlande verlegen. Bis 2030 soll eine Offshore-Windkraftkapazität von mindestens zehn Gigawatt erreicht werden, bis 2050 rund 35 Gigawatt – bei großer Nachfrage nach grünem Strom auch mehr.
Ein dänisches „VindØ“ genanntes Konsortium hatte bereits 2021 Pläne für den Bau einer künstlich angelegten Energieinsel zur Produktion, Speicherung und Verteilung von Windstrom vor Jütland verkündet und gab dazu eine Machbarkeitsstudie in Auftrag. Auch Power-to-X-Anlagen sollen den grünen Strom vor Ort nutzen.
Belgien wird ebenfalls eine Offshore-Energieinsel errichten und bis 2030 Windkraftwerke mit einer Leistung von 5,8 Gigawatt aufbauen sowie acht Gigawatt bis 2040. Deutschland wird bis 2030 mindestens 30 Gigawatt Offshore-Windenergie errichten, 40 Gigawatt bis 2035 und 70 Gigawatt bis 2045. Die Niederlande werden bis 2030 eine Offshore-Windkapazität von etwa 21 Gigawatt installieren.
Die Minister bekundeten zudem ihre Unterstützung der Pläne der Europäischen Kommission, „einen gut funktionierenden Markt für grünen Wasserstoff zu entwickeln, um den Ausbau zu beschleunigen und eine hohe Versorgungssicherheit mit erschwinglichem grünem Wasserstoff und Energie für die Industrie zu gewährleisten“.
Die gemeinsame Erklärung der vier Nordseeanrainer wurde am Mittwoch (18. Mai) in der dänischen Hafenstadt Esbjerg auf dem „North Sea Summit“ unterzeichnet, einem Treffen der Staats- und Regierungschefs sowie der Energieminister. Anwesend waren auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, EU-Energiekommissarin Kadri Simson und Unternehmensvertreter aus allen beteiligten Ländern.
Vereinbarung zwischen Deutschland und Dänemark
Deutschland und Dänemark unterzeichneten zudem eine bilaterale Absichtserklärung. Die beiden Länder vereinbarten, künftig eng im Bereich grüner Wasserstoff und der Entwicklung grenzüberschreitender Infrastruktur zusammenzuarbeiten.
Dazu gehöre die Schaffung eines Rechtsrahmens und gemeinsamer Normen auf europäischer Ebene zur Unterstützung einer grünen Wasserstoffwirtschaft. Außerdem werde der Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur für die Speicherung und den Transport von grünem Wasserstoff gefördert sowie der grenzüberschreitende Handel und insbesondere der Bau einer Wasserstoff-Pipeline zwischen Dänemark und Deutschland geprüft. Überdies solle überschüssige Wärme aus Elektrolyseuren genutzt und grüner Wasserstoff in industrielle Prozesse wie Stahl und Ammoniak integriert werden.
Die Vereinbarungen der vier Länder seien „die Grundlage für die ersten echten europäischen Kraftwerke, die Strom aus erneuerbaren Energien erzeugen“, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Dies reduziere weiter die Abhängigkeit von Gasimporten.
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Bundeskanzler Scholz (links), EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, der belgische Ministerpräsident Alexander De Croo und der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte auf dem Nordsee-Gipfel in Esbjerg. © Bundesregierung / Bergmann
Vereinbarung der Energieminister im Wortlaut (fünf Seiten)
Vereinbarung zwischen Deutschland und Dänemark im Wortlaut (zwei Seiten)