(Sydney / Australien) – Die australische Millionenstadt Sydney genehmigt neue Wohngebäude, mittlere bis große Geschäftsbauten, Hotels und Apartmenthäuser nur noch dann, wenn sie vollelektrisch betrieben werden. Die Planungsvorlage hat der Stadtrat jetzt endgültig gebilligt, nachdem sie während des Konsultationszeitraums in den letzten Monaten „auf breite Unterstützung“ gestoßen war.

Ab Januar 2027 müssen neue große Gebäude in Sydney auf Gasanschlüsse verzichten – genehmigt werden nur noch vollelektrifizierte Bauten. © City of Sydney / Adam Hollingworth

Anfang dieses Jahres erlassene Bestimmungen zur Luftqualität in Innenräumen schränken die Nutzung von Gasgeräten zum Kochen und Heizen in neuen Wohnanlagen bereits ein. Ab Januar 2026 dürfen demnach für Kochen und Heizen nur noch elektrische Geräte verwendet werden. Ab dem 1. Januar 2027 werden dann die Beschränkungen auf Gasgeräte im Freien sowie Warmwasserbereiter ausgeweitet. Demnach dürfen in neuen großen Bürogebäude mit mehr als 1.000 Quadratmetern, in Hotels mit mehr als 100 Gästezimmern sowie Gebäude mit mehr als 100 „Serviced Apartments“, also jene auf dem Kontinent weit verbreiteten vollmöblierten Wohnungen, nur noch vollelektrisch versorgt werden.

Allerdings gibt es Ausnahmen: So können etwa Cafés und Restaurants weiterhin Gas verwenden – vorausgesetzt, es gibt ausreichend Kapazitäten für eine zukünftige Elektrifizierung. Über die Ausweitung der neuen Bauvorschriften auch auf kleinere Neubauten werde Medienberichten zufolge bereits laut nachgedacht.

Teure Nachrüstungen vermeiden

„Die Umstellung auf vollelektrische Versorgung ist eine logische Antwort auf die Herausforderungen durch fossile Brennstoffe“, sagt die Oberbürgermeisterin von Sydney, Clover Moore. Mit der Schaffung energieeffizienter gesunder Gebäude, die zukünftige Energiestandards erfüllen, ließen sich künftige teure Nachrüstungen vermeiden. Die Verwendung etwa von elektrischen Induktionskochfeldern anstelle von Gas biete auch erhebliche gesundheitliche Vorteile. Die Exposition gegenüber Schadstoffen von Gaskochfeldern hätten Auswirkungen, „die mit dem Passivrauchen vergleichbar“ seien.

Der Schritt schaffe aber nicht nur gesündere Wohnungen, sondern verringere den Druck auf die Lebenshaltungskosten. Moore: „Sich auf Gas zu verlassen, ist schlecht für den Planeten, schlecht für unsere Finanzen und schlecht für unsere Gesundheit.“

Erdgas ist ein teurer Rohstoff

Gas sei „ein teurer Rohstoff“, dessen Preis „aufgrund von Marktproblemen und Versorgungsrisiken“ weiter steige. Die Vollelektrifizierung werde „die Haushalte davor bewahren, an immer teurere und veraltete Gasverträge gebunden zu sein“. Haushalte mit vollelektrischen Anlagen in neuen Gebäuden würden im Vergleich zu Häusern mit Gasanschluss rund 626 australische Dollar (353 Euro) pro Jahr an Energiekosten sparen, so der Stadtrat von Sydney. „Elektrische Systeme sind effizienter und haben nur einen Anschluss und einen Tagestarif.“

Bei der Ausarbeitung des Vorschlags habe sich die Stadt Sydney mit Gemeinden, der Industrie und diversen Gremien abgestimmt. Der Schritt war bereits im Vorfeld von vielen Branchenverbänden und Interessengruppen unterstützt worden, unter anderem von Property Council, Energie Cronauers Australid und die Global Cook Safe Koalition – und natürlich Ausgrid, was aber nicht verwundert, denn das Unternehmen versorgt eigenen Angaben zufolge mehr als ein Drittel der rund 5,5 Millionen Einwohner der Metropole.

Sydney folgt mit diesem Schritt acht anderen Städten im Bundesstaat New South Wales sowie dem Bundesstaat Victoria und dem Distrikt der Bundesregierung (ATC). Medienberichten zufolge bereiten sich bereits fünf weitere Städte auf solche Schritte vor.

Stromherkunft bleibt unklar

Woher der Strom für die Gebäude kommen soll, wird nicht thematisiert. Allerdings gibt es in Australien aktuell eine Vielzahl an Planungen für große Solarkraftwerke im Gigawatt-Maßstab. Solarstrom wird von konservativen Kräften zwar immer wieder klein geredet, sogar Gefahren für die Wirtschaft der gesamten Nation werden suggeriert.

Gleichzeitig hatte indes der Bundesstaat Western Australia Medienberichten zufolge am vergangenen Montag einen Solarstromanteil von zeitweise 90 Prozent im Netz. Laut der Netzagentur Australian Energy Market Operator (AEMO) stammten 64 Prozent davon allein von PV-Aufdachanlagen. Das dortige „South West Interconnected System“ ist das global größte Inselnetz, da es über keine Anbindung an die Nachbarstaaten verfügt. Bis 2029 will der Bundesstaat sogar seine vier verbliebenen Kohlekraftwerke stilllegen, darunter drei im Staatseigentum. Zurzeit läuft eine Ausschreibung für Wind- und Solarkraftwerke in einer Größenordnung von 1,6 Gigawatt.

Und in South Australia lag der Anteil von Ökostrom im Netz – gemessen am Bedarf – sogar schon bei 150 Prozent. Der Überschuss konnte dort an andere Bundesstaaten weitergereicht werden. Hinzu kommen eine Reihe von Megawatt-Batteriespeicher, die in den nächsten Jahren fertiggestellt werden.

In Queensland hatte die staatliche Stanwell Corp. die Installation von Elektrolyseuren mit einer Leistung von 640 bis 720 Megawatt und einer Wasserstoffproduktion von täglich 200 Tonnen mittels Solarstrom geplant. Nachdem die NLP-Regierung dem „CQ-H2“-Projekts die Unterstützung versagt hat und Investoren sich zurückzogen, steht das Vorhaben auf der Kippe. © Stanwell Corp.

Demgegenüber dürften Kohlekraftwerke Down Under nur noch begrenzt eine Rolle spielen. Zwar hat jüngst die Regierung des Bundesstaates Queensland einen Energieplan veröffentliche, der ein Roll-Back unterstützt. Ob die Industrie da vollständig mitzieht, ist fraglich. Vor wenigen Wochen hatte beispielsweise der britisch-australische Bergbaumulti Rio Tinto verkündet, er erwäge ein vorzeitiges Aus seines Kohlkraftwerks „Gladstone Power Station“ (GPS) – mit 1,68 Gigawatt das größte in Queensland. „Traditionelle Energiequellen“ seien zu teuer, sagte Vorstand Kellie Parker.

Welche Rolle künftig Wasserstoffkraftwerke spielen, ist aktuell ungewiss. Einige Projektentwicklungen stehen aufgrund immer neuer Investitionshürden bereits auf der Kippe – in Queensland beispielsweise ebenfalls mangels politischer Unterstützung durch die LNP-Regierung des Bundesstaates, welche die im vergangenen Jahr noch gemachten Zusagen der Vorgängerregierung torpediert.

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Stadtratsbeschluss: Sydney genehmigt neue Wohngebäude, mittlere bis große Geschäftsbauten, Hotels und Apartmenthäuser nur noch dann, wenn sie vollelektrisch betrieben werden. © Wikimedia / Bernard Gagnon / Creative-Commons-Lizenz