(Köln / Deutschland) – Ein Forschungskonsortium hat im Rahmen eines „Blue Condor“ genannten Projekts die Kondensstreifen eines mit Wasserstoff betriebenen Flugzeugs vermessen. Bislang habe es solche Messungen über die Bildung, Eigenschaften und Auswirkungen von Kondensstreifen aus Wasserstoffdirektverbrennung nicht gegeben. Beteiligt sind das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), der Luftfahrtkonzern Airbus sowie ein Team des Perlan Projects, das sich mit der Erforschung von antriebslosen Segelflugzeugen in der Stratosphäre befasst.

Blue Condor: Der Co-Pilot-Sitz wurde durch einen Wasserstofftank ersetzt. © DLR

Die Wissenschaftler haben laut DLR ein „Arcus“-Hochleistungssegelflugzeug („Blue Condor“) der Schempp-Hirth Flugzeugbau GmbH aus dem baden-württembergischen Kirchheim unter Teck so modifiziert, dass es einen Tank für gasförmigen Wasserstoff, ein Schmierölsystem und ein wasserstoffbetriebenes Turbojettriebwerk aufnehmen kann. Das Triebwerk wurde den Angaben zufolge von der Kölner Aero Design Works GmbH in Zusammenarbeit mit der RWTH Aachen entwickelt. Ein zweites Arcus-Flugzeug („Glider 7DT“) wurde mit einem herkömmlichen Kerosintriebwerk ausgestattet.

Das Forschungsflugzeug schleppt „Blue Condor“ und „Arcus Glider 7DT“ in die Messregion oberhalb von neun Kilometer Höhe. © DLR (CC BY-NC-ND 3.0)

Ein Turboprop-Höhenforschungsflugzeug des Typs „Grob Egrett“ der AV Experts LLC schleppte die beiden Segler auf über neun Kilometer Höhe – also dorthin, wo in der oberen Troposphäre zwischen 8.000 und 12.000 Metern die Luft soweit gesättigt ist, dass sie kein Wasser mehr aufnehmen kann und somit Kondensstreifen zu erwarten sind.

Die Flieger wurden dort abgekoppelt und das vom DLR mit Instrumenten für Kondensstreifen- und Emissionsmessungen ausgestattete Schleppflugzeug ließ sich zurückfallen, beschreiben die Forscher das Vorgehen während einer mehrwöchigen Flugkampagne in Minden im US-Bundesstaat Nevada.

Tests mit Wasserstoff und Kerosin

Der „Blue Condor“ zündete das Wasserstofftriebwerk und die Grob Egrett „begann im Verfolgungsflug mit der Messung von Emissionen und Kondensstreifen“, so das DLR. Nahebei flog das mit Kerosinantrieb ausgestattete Segelflugzeug. „Um die Vergleichbarkeit der Emissionsdaten zu gewährleisten“, seien die Informationen unmittelbar nacheinander in denselben meteorologischen Bedingungen abgerufen worden. Die Messphase mit den Triebwerken habe jeweils rund fünf bis zehn Minuten gedauert.

Das Höhenforschungsflugzeug Grob G 520 „Egrett“ ist in Denson, Texas, stationiert. Nach der Umrüstung und einer einwöchigen Integrationsphase der Technik traf es in Minden, Nevada, auf das Forscherteam. © DLR (CC BY-NC-ND 3.0)

Im Mittelpunkt der Untersuchungen standen die mikrophysikalischen Eigenschaften der Kondensstreifen aus Wasserstoffdirektverbrennung unter realen atmosphärischen Bedingungen. Die Instrumente zur Messung von Eiskristallen, Aerosolen- und Spurengasen wie CO2, Stickoxide und Wasserdampf wurden an die Kabine der Egrett angepasst. „Um unverfälschte Daten zu bekommen, haben wir Spurengase und Aerosole von einem langen Mast an der Spitze des Flugzeugs aus gemessen, um aus dem Einflussbereich des Propellers und des Abgases der Egrett herauszukommen“, erklärt Tina Jurkat-Witschas, Prokektleiterin auf Seiten des DLR-Instituts für Physik der Atmosphäre.

Emissionsmessungen zu Stickoxiden und Aerosol-Partikelbildung im Abgas führte das Forschungsteam auch unterhalb der für die Bildung von Kondensstreifen typischen Region durch. Triebwerkstestläufe am Boden lieferten zusätzliche Informationen über die Emissionen des Wasserstofftriebwerks bei verschiedenen Leistungseinstellungen.

Kondensstreifen aus H2-Verbrenner sind anders

Kondensstreifen können zum Triebhauseffekt beitragen. Sie bilden sich aus den Abgasen von mit Kerosin betriebenen Flugzeugen, bestehend aus Wasserdampf, Kohlendioxid, Ruß und weiteren Teilchen. Ist die Luft hinreichend kalt und feucht, lagern sich die Wassermoleküle an Rußteilchen an und gefrieren zu den von Boden aus sichtbaren Eiskristallen. „Sie haben einen wesentlichen Anteil an der Klimawirkung des Luftverkehrs“, so das DLR, da sie den Abluss von Wärme ins All verhindern und somit zum Treibhauseffekt beitragen können. „Zukünftige Technologien wie wasserstoffbetriebene Flugzeuge versprechen nicht nur eine Verringerung des CO2-Ausstoßes, sondern auch eine Verringerung der Klimawirkung von Kondensstreifen.“

Die Teams von DLR, Airbus, Perlan und AV Experts: Von sieben Testflügen konnten vier Flüge stattfinden, bei denen sich Kondensstreifen des Wasserstofftriebwerks bildeten. © DLR

Im Gegensatz zu konventionellen Triebwerken seien die Abgase eines Wasserstoffverbrennungsmotors ohne Verunreinigungen, etwa durch Schmieröltröpfchen, im Idealfall frei von Partikelemissionen. Simulationen zeigten, dass sich durch die geringe Konzentration an Umgebungsaerosol potenziell weniger und größere Eiskristalle im Nachlauf des Wasserstofftriebwerks bildeten, was die Lebensdauer des Kondensstreifens und seine erderwärmende Wirkung verringern könne.

Eine Validierung steht bisher allerdings aus. Die Daten aus den Flugversuchen würden derzeit ausgewertet und die Ergebnisse anschließend publiziert. „Die weltweit ersten Messungen von Kondensstreifen wasserstoffbetriebener Flugzeuge sind ein Meilenstein, um die Klimaverträglichkeit von Wasserstoffantrieben in der Luftfahrt ganzheitlich zu verstehen“, sagt Markus Fischer, DLR-Bereichsvorstand Luftfahrt.

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Die beiden Segler nach Schlepptau-Abkopplung vom Heck der Grob Egrett in neun Kilometern Höhe. Das Segelflugzeug mit dem Wasserstofftriebwerk befindet sich in der vorderen Position mit einem dünnen Kondensstreifen. © AV Experts LLC