(Kemble, UK / Hollister, USA) – Der britisch-amerikanische Entwickler von Brennstoffzellenantrieben für Flugzeuge Zero Avia Inc. hat in den letzten Wochen Bestellungen im dreistelligen Bereich für seine sich noch in der Entwicklung befindenden Wasserstoffmotoren verbuchen können. Die bislang wohl größte Order stammt von der US-Fluggesellschaft American Airlines. Das Unternehmen hatte, wie berichtet, mit Zero Avia einen „bedingten Kaufvertrag“ für 100 Wasserstoffmotoren geschlossen. Darüber hinaus habe American, finanziell seit 2022 involviert, seine Investitionen in Zero Avia erhöht.

Die in Edinburgh ansässige Fluggesellschaft Ecojet hat mit Zero Avia einen Vertrag über den Kauf von 22 Triebwerken des Typs „ZA2000“ geschlossen. © Ecojet

Jüngst hatte die Fluggesellschaft Ecojet einen Vertrag über den Kauf von 22 Triebwerken „ZA2000“ unterzeichnet, mit Option für weitere 40 Stück. Das Unternehmen mit Sitz in Edinburgh beabsichtigt, Ende 2024 zunächst mit konventionell angetriebenen Flugzeugen den Betrieb aufzunehmen, die nach der Zertifizierung der Zero-Avia-Technologie umgerüstet werden. Ecojets Ziel sei es, eine Flotte größerer Regionalflugzeuge aufzubauen, um Passagiere auf wichtigen Inlands- und kürzeren internationalen Strecken emissionsfrei zu bedienen.

Zero Avia hat bereits einen Prototyp seines ersten „ZA600“-Triebwerks an Bord einer Dornier 228 auf seiner britischen Basis ausgiebig getestet. Darüber hinaus wurden in den USA und Großbritannien Bodentests unter anderem mit kryogenen Tanks, Flüssigwasserstoff, Hochtemperatur-PEM-Brennstoffzellen sowie elektrischen Antriebssystemen durchgeführt. Der leistungsstärkere Typ „ZA2000“ kann in Turboprop-Flugzeugen mit bis zu 80 Sitzplätzen wie die ATR72 oder die Bombardier DHC 8-400 (Dash 8) nachgerüstet werden.

A-to-B-Testflüge mit KLM in Planung

Kurz zuvor hatten Zero Avia und KLM Royal Dutch Airlines bekannt gegeben, dass sie auf einen Demonstrationsflug mit den „ZA2000“-Triebwerken für regionale Turboprop-Flugzeuge hinarbeiten wollen.

Zero Avia und KLM Royal Dutch Airlines arbeiten an einem A-to-B-Demonstrationsflug mit den „ZA2000“-Triebwerken. © Zero Avia Inc.

Als erstes großes Etappenziel ist für das Jahr 2026 ein A-to-B-Flug zwischen zwei Flughafenstandorten vorgesehen. Zunächst würden die optimalen Ziele ermittelt. Weitere Arbeitsschritte dienten der Erlangung der behördlichen Fluggenehmigungen, die Sicherstellung der Versorgung mit Flüssigwasserstoff und die Einrichtung einer Infrastruktur für die Betankung der Flugzeuge. Darüber hinaus werde das Projekt die „Entwicklung von Betriebskonzepten für Wasserstoffflugzeuge in der gesamten EU beschleunigen“, hofft der Hersteller.

„KLM möchte auf dem Weg in eine nachhaltigere Zukunft der Luftfahrt eine Vorreiterrolle einnehmen“, sagt Maarten Koopmans, Managing Director, KLM Cityhopper. „Deshalb fördern wir aktiv Innovationen, um den Wandel in der Branche voranzutreiben.“ Die Gesellschaft unterstütze verschiedene Technologien und Innovationen. „Gemeinsam mit unseren Partnern aus der Branche forschen wir an elektrischen, wasserstoff- und hybridbetriebenen Flügen und suchen nach Möglichkeiten, diese Entwicklungen voranzutreiben.“

Amphibienflugzeug für Jekta

Ebenfalls Mitte Juli hat Jekta Switzerland SA, Entwickler des batterieelektrischen Amphibienflugzeugs „PHA-ZE 100“, erklärt, das Unternehmen wolle die Technologie von Zero Avia nutzen, um das Konzept einer Brennstoffzellenvariante zur Serientauglichkeit entwickeln. Der Flieger solle sowohl vom Wasser als auch vom Land aus operieren.

Jekta und Zero Avia planen die Entwicklung eines brennstoffzellenbetriebenen Amphibienflugzeugs auf Basis des Modells PHA-ZE 100. © Jekta Switzerland SA

Jekta erforsche alle Optionen, welche die Reichweite und Nutzlast seiner emissionsfreien Flugzeuge erhöhen können. Es wird erwartet, dass das PHA-ZE 100 mit Brennstoffzellen eine Reichweite von 500 oder 600 Kilometern erzielt und die Nutzlast um bis zu einer Tonne erhöht werde. Mit einem Wasserstoffsystem, das eine Lebensdauer von bis zu 20.000 Stunden hat, könnten auch die Betriebs- und Wartungskosten gesenkt werden. Jekta und Zero Avia würden ein Brennstoffzellensystem entwickeln und zertifizieren, das Wechselrichter, weitere elektronische Komponenten sowie einen Wasserstofftank und ein Kraftstoffsystem umfasst.

Durch die Zusammenarbeit wolle man potenziellen Betreiberkunden die Wahl zwischen zwei Antrieben bieten, sagt Jekta-CEO George Alafinov: „Der Wasserstoffantrieb ist eine praktikable Alternative zum rein batteriebetriebenen Antrieb und verspricht eine deutliche Erhöhung der Reichweite unseres PHA-ZE 100, was für Betreiber, die längere regionale Strecken bedienen, von Vorteil ist.“ Demgegenüber eigne sich die Batterieoption „für Einsätze mit kürzerer Reichweite und für Betreiber, die an Orten fliegen, an denen Strom kostengünstiger und leichter zugänglich“ sei.

ASL Aviation ordert 20 Antriebe

Zero Avia hat auch einen Auftrag der ASL Aviation Holdings verbuchen können. Demnach will die Fluggesellschaft bis zu 20 Triebwerke für die Nachrüstung von regionalen Turboprop-Frachtflugzeugen kaufen.

ASL will 20 Frachtflugzeuge umrüsten: Maschine des Typs ATR72. © ASL Aviation Holdings

Die Bestellung umfasse zunächst zehn Triebwerke, optional könnten zehn weitere geordert werden. Die Vereinbarung basiere auf einer früheren Absichtserklärung zwischen den beiden Unternehmen von November 2021. Die im irischen Dublin ansässige ASL Aviation Holdings betreibt fünf Fluggesellschaften in Europa und Australien, an weiteren drei ist das Unternehmen mit Joint Ventures in Südafrika und Asien beteiligt. Die Flotte umfasst eigenen Angaben zufolge 150 Maschinen. Die Typen reichten von Turboprop ATR72 bis Boeing 747.

Fördermittel vom britischen Staat

Zero Avia hatte im Juli vom staatlichen britischen Aerospace Technology Institute (ATI) die Zusage für Fördermittel in Höhe von 10,5 Millionen Pfund (12,5 Millionen Euro) erhalten. Im Rahmen des Projekts Advanced Fuel Cell for Aviation Decarbonisation (AFCAD) werde man die Mittel dafür nutzen, um gemeinsam mit der University of Kent, der Coventry University und dem University of Sheffield Advanced Manufacturing Research Centre die Hochtemperatur-PEM-Technologie (HTPEM) auf dem Weg zur Kommerzialisierung voranzubringen.

Die Forschung konzentriere sich auf die Entwicklung von Komponenten und vollständigen HTPEM-Stacks. Im Rahmen von „HyFlyer II“ habe Zero Avia gezeigt, „dass die Technologie für den Einsatz von Brennstoffzellen in großen Verkehrsflugzeugen bereit ist“, so das Unternehmen.

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Zero Avia testet einem Prototyp der „Bombardier CRJ700“ mit einem auf Brennstoffzellen basierenden Elektromotor. © Zero Avia Inc.