Die FDP-Fraktion im Bundestag hat in dieser Sitzungswoche zwei Anträge in Sachen Wasserstoff eingebracht. Sie fordert zum einen eine „Europäische Wasserstoffunion“. Die Bundesregierung müsse das Thema während der EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 vorantreiben (Bundestagsdrucksache 19/20020). Es böte sich die Gelegenheit, „statt nationaler Alleingänge wie beim Kohleausstieg und der CO2-Bepreisung beim Thema Wasserstoff von vorne herein europäisch zu denken“, so die Abgeordneten. Eine Europäische Wasserstoffunion könne als „Zukunftsvision die europäische Zusammenarbeit in den 2020er Jahren neu beleben“. Sie verbinde Klimaschutz mit einer zukunftsfähigen Industriestrategie und sicherer Energieversorgung. Gleichzeitig könnten Wasserstoffprojekte etwa aus Solarenergie an günstigen Produktionsstandorten in Südeuropa dazu beitragen, wirtschaftliche Ungleichgewichte innerhalb der EU zu mindern. Wasserstoff böte auch Wachstumspotential für die Nord- und Ostseeregion, den Nahen Osten, Afrika sowie Russland und könne somit „ein Baustein europäischer Nachbarschaftspolitik sein“.
Deutschland als Drehkreuz für Wasserstoffwirtschaft
„Deutschland könnte von einem solchen Projekt besonders profitieren“, heißt es in dem Antrag. Zum einen werde eine vollständige Versorgung aus erneuerbaren Energien in Deutschland nicht möglich sein. Es gelte, „frühzeitig klimaneutrale Alternativen zu Erdgas und Erdöl zu schaffen“. Zum anderen böten sich bei Wasserstofftechnologien zur Herstellung, Umwandlung, Transport und Einsatz „erhebliche Marktchancen für deutsche Unternehmen“. Nicht zuletzt könne Deutschland aufgrund seiner zentralen geografischen Lage in Europa „zu einer Art Drehkreuz einer künftigen Wasserstoffwirtschaft werden, wenn wir die entsprechende Infrastruktur schaffen“.
„Bunte“ Wasserstoffstrategie
In einem weiteren Antrag fordert die FDP-Fraktion, in der nationalen Wasserstoffstrategie neben „grünem“ Wasserstoff auch „blauen“ und „türkisen“ Wasserstoff als CO2-neutral zu klassifizieren. Diese stünden aufgrund der benötigten Menge und unterschiedlichen zeitlichen Realisierbarkeit nicht in Konkurrenz zueinander, schreiben die Abgeordneten (BtDs19/20021). Insbesondere „blauer“ Wasserstoff müsse der „Wegbereiter für die zukünftige Produktion und Nutzung grünen Wasserstoffs im großen Maßstab sein“.
Auch soll sich die Bundesregierung bilateral und auf der europäischen Ebene für weitere internationale Partnerschaften zum Import von CO2-neutralem Wasserstoff einsetzen und Technologieoffenheit sicherstellen. Die Abgeordneten schlagen vor, zur Finanzierung des zügigen Ausbaus der Infrastruktur bisher nicht abgerufene Mittel aus dem Energie- und Klimafonds zu nutzen.
Da die geographischen und klimatischen Bedingungen in Deutschland nur eine begrenzte Produktion von mittels Elektrolyse aus Wasser und erneuerbarem Strom hergestelltem „grünen“ Wasserstoff zulasse, würde ein Großteil des Bedarfs über Importe gedeckt. „Insbesondere in wind- und sonnenreichen Regionen in Afrika herrschen optimale Bedingungen für die Wasserstoffproduktion“, heißt es in dem Antrag. Durch den Aufbau von Wasserstoffpartnerschaften mit anderen Staaten sowie der notwendigen Infrastruktur müssten die Voraussetzungen geschaffen werden, große Mengen zu importieren. „Gerade Länder, die bislang in erster Linie von der Erdölförderung leben, können sich auf diese Weise ein wirtschaftliches Standbein für die Zeit aufbauen, in der fossile Brenn- und Kraftstoffe sukzessive an Bedeutung verlieren.“ Deutschen Unternehmen hingegen, die weltweit führend bei der Herstellung von Elektrolyseuren seien, böte sich so die Möglichkeit zum Export modernster Klimaschutztechnologie „Made in Germany“.
Deep Link:
https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/200/1920020.pdf
https://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/200/1920021.pdf
Foto:
© Deutscher Bundestag