(Mailand / Italien) – Die Energieministerien Italiens, Österreichs und Deutschlands haben ein gemeinsames Schreiben unterzeichnet, in dem sie ihre politische Unterstützung für die Entwicklung des „südlichen Wasserstoffkorridors“ in der Europäischen Union bekunden. Damit setzen sie sich für die Erteilung des Status als „Projekte von gemeinsamem Interesse“ (PCI) ein, was beschleunigte Genehmigungsverfahren und Finanzierungen nach sich ziehen kann.

Das geplante europäische Wasserstoffnetz wird in fünf Abschnitten entwickelt, bestehend aus dem Nordsee-Korridor, dem Baltikum-Korridor, dem Südwest-Korridor, dem Südost-Korridor sowie dem Nordafrika-Korridor. © Screenshot aus der EHB-Studie „European Hydrogen Backbone – European Hydrogen Infrastructure Vision Covering 28 Countries“; Klick auf die Grafik führt zur Studie von April 2022.

Vier europäische Gasfernleitungs- und Infrastrukturbetreiber hatten sich vor Jahresfrist zusammengetan, um ein wasserstofftaugliches Pipeline-Netz zu entwickeln, das Nordafrika mit Mitteleuropa verbindet. An dem „SoutH2 Corridor“ genannten Vorhaben sind die italienische Società Nazionale Metanodotti SpA (Snam), die beiden österreichischen Unternehmen Trans Austria Gasleitung GmbH (TAG) und Gas Connect Austria GmbH (GCA) sowie die deutsche Bayernets GmbH beteiligt. „Der Korridor verbindet Nordafrika, Italien, Österreich und Deutschland und ermöglicht die Lieferung von kostengünstig im Süden produziertem erneuerbarem Wasserstoff an wichtige europäische Nachfragezentren“, erklärte Snam.

3.300 Kilometer für Wasserstoff

Das 3.300 Kilometer lange Netz habe eine Kapazität von mehr als vier Millionen Tonnen pro Jahr und könne damit 40 Prozent der Importziele der EU erfüllen. Die Leitungen sind Bestandteil des geplanten europäischen Wasserstoffnetzes „European Hydrogen Backbone“ (EHB), eine Initiative, die inzwischen auf 32 Teilnehmer gewachsen ist.

Im Mittelpunkt von „SoutH2 Corridor“ stehe die Nutzung bereits vorhandener „Midstream“-Anlagen, mithin die Umnutzung von bisherigen Erdgasinfrastrukturen für den Wasserstoff. Ein hoher Anteil an wiederverwendeten Pipelines von über 70 Prozent ermögliche einen kostengünstigen Transport des in Nordafrika mittels Wind- und Solarenergie zu „wettbewerbsfähigen Produktionsbedingungen“ hergestellten Energieträgers. Das Gesamtvorhaben besteht aus mehreren nationalen Teilprojekten:

  • „Italian H2-Backbone“: Snam Rete Gas plant vom Einspeisepunkt in Sizilien rund 2.300 Kilometer Pipelines, davon 73 Prozent wiederverwendet, sowie mehrere Hundert Megawatt an Verdichterstationen. Die Importkapazität aus Nordafrika liege bei etwa 450 Gigawattstunden pro Tag (GWh/Tag) und ermögliche einen Export von 170 GWh/Tag nach Österreich sowie weiter in den Norden. Snam ist seit Januar 2023 in Nordafrika aktiv. Das Unternehmen hat eigenen Angaben zufolge mit nordafrikanischen Wasserstoffproduzenten bereits Absichtserklärungen für die Produktion von rund 2,5 Millionen Tonnen pro Jahr unterzeichnet.
  • „H2 Readiness“: Das Projekt „H2 Readiness of the TAG pipeline system“ verbindet die Pipeline an der italienisch-österreichischen Grenze in Arnoldstein mit jener an der österreichisch-slowakischen Grenze in Baumgarten. Dabei werde eine von drei bestehenden Erdgaspipelines für Wasserstoff umgewidmet, die sowohl mit der H2-WAG-Pipeline von GCA innerhalb Österreichs als auch der H2-Pipeline Eustream verbunden ist. Das System sei für eine Importkapazität von 168 GWh/Tag aus Nordafrika optimiert, wobei hauptsächlich die bestehende Infrastruktur genutzt werde. Dank der bidirektionalen Auslegung der 380 Kilometer langen TAG-Pipeline könnten auch die Slowakische Republik und Tschechien angebunden werden, außerdem sämtliche Mittel- und Osteuropäische Länder (CEE), um einen gemeinsamen Wasserstoffmarkt zu entwickeln.
  • „H2 Backbone WAG + Penta-West“: Das GCA-Projekt ermögliche bidirektionale grenzüberschreitende Wasserstofftransporte zwischen der Slowakei und Österreich sowie zwischen Österreich und Deutschland und erlaube die Übernahme von Wasserstoff, der über die TAG-Systeme im Knoten Baumgarten ankommt. Transportkapazität: 150 GWh/Tag. Das Vorhaben werde sowohl vom Umweltministerium als auch von „zahlreichen führenden Industrieunternehmen in Österreich“ entlang der gesamten Wasserstoff-Wertschöpfungskette unterstützt.
  • „HyPipe Bavaria – The Hydrogen Hub“: Das bayerische Wasserstoffnetz von Bayernets sei nach Unternehmensangaben „eine wesentliche Voraussetzung für den Aufbau von Importrouten aus Süd- und Osteuropa“ für den deutschen Markt. Dafür stelle man einen Importpunkt mit einer Kapazität von 144 GWh/Tag (6 GWh/h) zwischen Österreich und Deutschland zur Verfügung. Ab 2025 werde der erste Leitungsabschnitt mit einer Länge von 14 Kilometern im bayerischen Chemiedreieck in Betrieb gehen, gefolgt von weiteren regionalen Projektbausteinen bei Ingolstadt. Im Jahr 2030 werde das Netz 300 Kilometer umfassen.

Der SoutH2-Korridor soll 2030 voll funktionsfähig sein, um dann Industriestandorte mit hohem Bedarf an grünem Wasserstoff in Italien (etwa in Augusta, Taranto und Norditalien), in Österreich (Steiermark, Wien und Linz) sowie in Deutschland (Burghausen und Ingolstadt) zu bedienen.

Laufend aktualisierte Informationen über die Initiative finden Sie unter SouthH2 Corridor

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Vier Unternehmen planen die Pipeline, die dereinst grünen Wasserstoff von Afrika nach Europa bringen soll. © Snam