(Empfingen / Deutschland) – Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) testet künftig Antriebssysteme auf Basis von Brennstoffzellen mit einer Leistung im Megawatt-Bereich. Standort ist der Innovationscampus des E2U Empfinger Entwicklungszentrums für Umwelttechnologie. Im Fokus stehen den Angaben zufolge Systeme mit einer Leistung von rund 1,5 Megawatt, die zum Beispiel Schiffe antreiben und perspektivisch in der Luftfahrt eingesetzt werden könnten. Aktuell seien solche Systeme noch nicht auf dem Markt erhältlich.
Das modular aufgebaute „BALIS“ genannte Testfeld ermögliche, einzelne Komponenten und auch ganze Antriebsstränge umfassend zu untersuchen: Dazu gehören das Brennstoffzellensystem selbst, Elektromotoren, Tankinfrastruktur sowie Steuerungs- und Regelungstechnik. Alle Teile der Anlage seien in Containern untergebracht. Verantwortet wird das Projekt vom DLR-Institut für Technische Thermodynamik.
Das DLR baut eigenen Angaben zufolge überdies auch ein eigenes elektrisches Antriebssystem der Megawatt-Leistungsklasse auf. Es besteht aus Brennstoffzellensystem, Wasserstofftank, Elektromotor sowie Steuerungskomponenten und Leistungselektronik. Damit ließen sich alle Prozessschritte eines Brennstoffzellenantriebs „grundlegend erfassen, verstehen und qualifizieren“, so die Forscher. Die größten derzeit kommerziell erhältlichen Brennstoffzellen für mobile Anwendungen haben eine Leistung von bis zu mehreren Hundert Kilowatt. „Um den Megawatt-Bereich zu erreichen, müssen die Systeme aus mehreren verschalteten Modulen aufgebaut werden.“
Forschung an kryogenem Wasserstoff
Ein weiterer Forschungsschwerpunkt sei die Handhabung von flüssigem Wasserstoff (liquid hydrogen, LH2) in großen Mengen für den Betrieb des gesamten Antriebssystems. Dazu installiere das DLR mit zusätzlichen Mitteln von rund drei Millionen Euro einen Versuchstank und die notwendige Betankungsinfrastruktur.
Bezogen auf das Speichervolumen habe flüssiger Wasserstoff eine höhere Speicherdichte als gasförmiger. Flüssig wird Wasserstoff erst bei sehr tiefen Temperaturen ab minus 253 Grad Celsius (kryogener Wasserstoff). Das Verflüssigen, Speichern und Weiterleiten des Wasserstoffs stellten spezielle Bedingungen an die Infrastruktur, um Druck und Temperatur konstant zu halten.
Für die nächsten drei Jahre ist die Testumgebung BALIS mit Forschungsvorhaben bereits ausgelastet. Zu den Unternehmen, mit denen das DLR dafür zusammenarbeitet, gehören unter anderem die DLR-Ausgründung H2Fly, der Brennstoffzellenhersteller Power Cell, der Spezialist für elektrische Antriebe Compact Dynamics sowie der Hersteller von technischen Gasen Air Liquide. Aus dem Luftfahrtsektor arbeite das DLR unter anderem mit den Firmen Diehl Aerospace, GE Aerospace und Deutsche Aircraft zusammen, Systempartner ist das Unternehmen AVL.
„Speziell in der Luftfahrt ist der Schritt vom stabilen Antriebssystem auf dem Boden hin zur Qualifikation für den Einsatz in Flugzeugen sehr komplex und benötigt Zeit“, sagt Karsten Lemmer, Mitglied des DLR-Vorstands und verantwortlich für Innovation, Transfer und wissenschaftliche Infrastrukturen. Eine Anlage wie BALIS schaffe dafür die „Basis und Verlässlichkeit, die es für die Transformation der Luftfahrt benötigt“. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr fördert BALIS mit 26 Millionen Euro.
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Blick ins Innere des Testfeldes: Im Mittelpunkt der Forschungsarbeiten steht die Entwicklung von neuartigen Antriebssystemen auf Basis von Brennstoffzellen mit Leistungen im Megawatt-Bereich. © DLR (CC BY-NC-ND 3.0)