(Stuttgart / Deutschland) – Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) und die Firma Power Service Consulting (PSC) haben eine Mikrogasturbine für den Betrieb mit reinem Wasserstoff umgebaut. Die Testläufe nach dieser „Retrofit“ genannten Modifizierung hätten „herausragend niedrige Emissionen von Stickoxiden“ ergeben, so die Forscher.

Zum Betrieb mit reinem Wasserstoff hat das DLR für die Turbine einen neuen Brenner entwickelt. Mit einem jetstabilisierten Brenner lässt sich Wasserstoff kontrolliert, sicher und schadstoffarm verbrennen, so das DLR. © DLR (CC BY-NC-ND 3.0)

Derzeit übernehmen Gaskraftwerke netzstabilisierende Funktionen. Sie lassen sich etwa bei Dunkelflauten schnell und flexibel hochfahren und können Lastspitzen ausgleichen. Der Neubau von Kraftwerken aber ist zeitaufwendig und teuer. „Ein neues Gasturbinenkraftwerk mit 15 Megawatt Leistung zu bauen, dauert etwa sechs Jahre und kostet rund 30 Millionen Euro“, sagt Peter Kutne, Leiter der Abteilung Gasturbinen am DLR-Institut für Verbrennungstechnik. Eine von mit Kohlendioxid ausstoßendem Erdgas betriebene Bestandsanlage „wasserstofffähig umzurüsten“ dauere dagegen nur eineinhalb Jahre und koste etwa ein Zehntel. Grüner Wasserstoff aus erneuerbaren Energien sei „eine klimaverträgliche Alternative“.

Einstieg in Wasserstoffwirtschaft erleichtert

Das DLR-Institut für Verbrennungstechnik in Stuttgart forscht daran, wie sich Gasturbinen möglichst emissionsarm betreiben lassen. Retrofit-Konzepte könnten den Einstieg in die Wasserstoffwirtschaft erleichtern.

Das DLR-Team und die Firma PSC haben erstmals eine kommerzielle Mikrogasturbine (Mitte) für den Betrieb mit Wasserstoff umgerüstet und am DLR-Standort Lampoldshausen nebst Steuerung (Kasten links) getestet. © DLR

Mikrogasturbinen mit Leistungen von rund 100 Kilowatt würden häufig in Krankenhäusern, Hotels oder in Brauereien eingesetzt, um Strom und Wärme zu erzeugen. Das DLR und PSC haben eine solche Turbine der Firma Ansaldo Green Tech so umgebaut, dass sie sich sowohl mit reinem Wasserstoff als auch mit Mischungen von Erdgas und Wasserstoff betreiben lässt. Dabei ersetzten die Wissenschaftler zunächst die Brennkammer der Turbine durch eine wasserstofffähige Version. „Die Versuche haben gezeigt, dass wir problemlos mit reinem Wasserstoff starten können und die Anlage den vollen Betriebsbereich von Teillast bis Volllast erreicht“, sagt Projektleiterin Martina Hohloch. „Unsere Pilotanlage hat über mehrere Stunden die volle elektrische Leistung von 100 Kilowatt geliefert.“ Inzwischen lief sie fast 100 Stunden mit reinem Wasserstoff.

Turbine für verschiedene Gemische optimiert

Besonders herausfordernd sei dabei „die hohe chemische Reaktionsfreudigkeit von Wasserstoff“. Der Energieträger habe eine rund zehnfach größere Flammengeschwindigkeit als Erdgas und die Zündenergie sei um den gleichen Faktor geringer. „Das macht eine sichere Verbrennung schwierig“, erklärt Hohloch: „Wir mussten bei der Entwicklung des Brenners darauf achten, dass die Flamme nicht in die Düsen des Brenners zurückschlägt und ihn beschädigt.“

In dem „H2-Container Technikum“ des DLR erzeugen zwei Elektrolyseure grünen Wasserstoff mit Strom aus dem benachbarten Windpark Hardthäuser Wald der ZEAG Energie AG. Die Anlage biete Unternehmen und Forschern „ideale Bedingungen“. Ein weiterer Vorteil des Retrofit-Konzepts sei die hohe Brennstoffflexibilität der Turbinen. © DLR (CC BY-NC-ND 3.0)

Bis ausreichend grüner Wasserstoff verfügbar sei, müssten Kraftwerke mit Gemischen aus Erdgas und Wasserstoff betrieben werden. Dabei sollten die Gasturbinen mit allen Mischungsverhältnissen und unterschiedlichen Verbrennungseigenschaften effizient laufen. Die Power Service Consulting habe ein flexibles Misch- und Verteilsystem entworfen, das die Mikrogasturbine auf das jeweilige Brennstoffgemisch einstelle. Somit lasse sich die Anlage sowohl mit reinem Wasserstoff als auch mit Erdgasgemischen betreiben. Dazu waren Anpassungen in der Steuerung und in der Sicherheitstechnik notwendig.

Stickoxide auf niedrigem Niveau

Das Ziel, Wasserstoff und alle Gemische möglichst emissionsarm zu verbrennen, sei erreicht worden. Der Anteil von Stickoxiden lag im gesamten Betriebsbereich der Mikrogasturbine bei weniger als 15 parts per million (ppm), so Martina Hohloch: „Dies unterschreitet deutlich den Grenzwert für Erdgas“, und das Ergebnis bestätige, „dass sich die jetstabilisierte Verbrennung sehr gut für Wasserstoff eignet“.

Das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg unterstützte das Forschungsprojekt „Retrofit H2“ mit mehr als 900.000 Euro.

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Das DLR hat die neuartige Brennertechnologie mit offenen Wasserstoffflammen für den Betrieb in Mikrogasturbinen erprobt. Das Gemisch aus Wasserstoff und Luft strömt mit hoher Geschwindigkeit als „Jets“ durch mehrere kreisförmig angeordnete Düsen in die Brennkammer. Dies minimiert den Forschern zufolge die Gefahr eines Flammenrückschlags. © DLR (CC BY-NC-ND 3.0)