(Berlin) – Der Aufbau eines Wasserstoffnetzes in Deutschland wird unnötig verzögert. Zwar gebe es seitens der Fernleitungsnetzbetreiber „wichtige vorbereitende Maßnahmen“, doch fehlten „wesentliche Investitionen“. Einer der Hauptgründe dafür sei „insbesondere das bestehende Amortisationsrisiko“ in der Anfangsphase, meint die Deutsche Energie-Agentur GmbH (Dena).
Aufbau eines Wasserstoffnetzes vereinbaren
Die Experten der bundeseigenen Institution schlagen vor, die Risiken eines „Startnetzes“ auf mehrere Schultern zu verteilen. Bund und Netzbetreiber müssten demnach den beschleunigten Aufbau eines überregionalen Wasserstoffnetzes auf der Fernleitungsebene vereinbaren.
Die Industrie erhalte dann den Auftrag, dieses Netz auf Grundlage ihrer Netzaufbauvorschläge zu errichten. Dies könne sowohl durch Neubau als auch durch die Umrüstung bestehender Erdgasleitungen geschehen. Dabei unterwerfen sich die Wasserstoffnetzbetreiber einer allein auf Wasserstoff basierenden Kostenregulierung durch die Bundesnetzagentur (BNetzA), so die Dena.
Vorleistung mit Eigenmitteln
Zur Finanzierung sollten die Netzbetreiber mit Eigenmitteln in Vorleistung treten. Der Staat sichere die Investitionen ab, „indem er den Netzbetreibern langfristig die Rentabilität zusichert“. Ab Fertigstellung einer Leitung – die Dena nennt hier das Jahr 2026 – könnten die Netzbetreiber Entgelte erheben. „Um das Netzentgelt für die sehr wenigen ersten Kunden wirtschaftlich attraktiv zu gestalten, wird es zunächst gedeckelt“, so der Vorschlag. Die konkrete Höhe werde durch die BNetzA geprüft und bestätigt. Die Endabnehmer des Wasserstoffs zahlten „in jedem Fall ein höheres Netzentgelt als bei einer Querfinanzierung über die Erdgasregulierung“, zum Beispiel in doppelter Höhe des aktuellen Netzentgeltes für Erdgas.
Das auf diese Weise eingesammelte gedeckelte Netzentgelt werde zunächst von einer mutmaßlich eher kleinen Zahl angeschlossener Kunden bezahlt. Somit ergebe sich in der Summe zunächst kein auskömmliches Entgelt, das die Aufwendungen ausreichend decke.
Instrument „Amortisationskonto“
Zur Risikominderung kommt hier nun der Kerngedanke ins Spiel: Da die Kombination von dem rechnerischen Anspruch des Netzbetreibers und der erforderlichen Deckelung des Netzentgelts in der Hochlaufphase eine Finanzierungslücke ergebe, so die Dena, helfe das Instrument eines „Amortisationskontos“. Dort würden zum einen die Netzentgelte eingezahlt, zum anderen diene das Konto zur Begleichung der Kosten für den Netzaufbau. „Dadurch entsteht in der Hochlaufphase eine finanzielle Lücke und auf dem Konto ein entsprechendes Defizit.“ Die Lücke fange zunächst der Netzbetreiber auf, welche über die folgenden Jahre fortgeschrieben und verzinst werde.
Der Staat wiederum sichere die Amortisation der Leitungen für den Fall ab, dass der Wasserstoffhochlauf verzögert erfolge und so die Rentabilität gefährdet sei. Dazu könne man zu einem Stichjahr Finanzmittel aufbauen – die Energieagentur schlägt das Jahr 2035 vor –, die für den Ausgleich der Amortisationslücken genutzt würden. „Wichtig ist, dass die vereinbarte Amortisationsregelung im Bundeshaushalt abgesichert ist, damit für die erforderlichen Investitionen auch die entsprechende Sicherheit besteht“, so der Vorschlag. Nach Ablauf der Abschreibungsdauer – also 2045 – würden Mehr- oder Mindererlöse verrechnet.
Ausbau der Infrastruktur wird planbar
Als Ergebnis ließen sich laut Dena gleich mehrere Ziele erreichen: Der Ausbau der Wasserstoffnetzinfrastruktur werde beschleunigt, Netzbetreiber könnten mit der Umstellung sowie dem Bau von Leitungen zeitnah beginnen, überdies würden Chancen und Risiken auf verschiedene Akteure wie Netzbetreiber, Endabnehmer und Staat verteilt. Außerdem haben Produzenten, Importeure und Verbraucher von Wasserstoff einen planbaren Zeitkorridor, da die Frage des Transports per Leitung absehbar gelöst ist.
„Das Konzept der Amortisationsabsicherung würde für die Anschubphase einer Wasserstoffinfrastruktur greifen, konkret für Leitungen mit einer geplanten Inbetriebnahme zum Beispiel in den nächsten zehn Jahren“, betont der Vorsitzende der Dena-Geschäftsführung, Andreas Kuhlmann: „Ab 2035 dürfte eine ausreichend große Zahl von Netznutzern ein reguliertes Wasserstoffleitungssystem über die Refinanzierung mit Netzentgelten stützen.“
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Die Dena schlägt vor, Bund und Netzbetreiber sollten mittels „Amortisationskonto“ die Risiken eines „Startnetzes“ für Wasserstoff auf mehrere Schultern verteilen. © Deutsche Energie-Agentur GmbH
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Andreas Kuhlmann, Vorsitzender der Dena-Geschäftsführung. © Deutsche Energie-Agentur GmbH (Dena) / photothek
Deutsche Energie-Agentur GmbH: „Ein Vorschlag für mehr Tempo beim Ausbau der Wasserstoff-Netzinfrastruktur“, kostenfrei als PDF.