(Berlin / Deutschland) – Das Bundeskabinett hat die „Importstrategie für Wasserstoff und Wasserstoffderivate“ beschlossen. Diese ergänze die Nationale Wasserstoffstrategie und gebe „einen klaren Rahmen für die dringend benötigten Importe von Wasserstoff und Wasserstoffderivaten nach Deutschland“, so das federführende Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz.
„Ein Großteil des deutschen Wasserstoffbedarfs wird mittel- bis langfristig durch Importe aus dem Ausland gedeckt werden müssen“, sagt Wirtschaftsminister Robert Habeck. Deutschland erwarte im Inland eine große und stabile Nachfrage. Die Importstrategie schaffe „Investitionssicherheit für die Wasserstoffproduktion in Partnerländern, den Aufbau notwendiger Importinfrastruktur und für die deutsche Industrie als Abnehmer“, so der Minister. Die Bundesregierung erwartet im Jahr 2030 für Deutschland einen Bedarf an Wasserstoff und Derivaten in Höhe von 95 bis 130 Terawattstunden (TWh). Bis 2045 steige die Nachfrage auf etwa 360 bis 500 TWh für Wasserstoff sowie 200 TWh für Wasserstoffträger wie Ammoniak oder Methanol. Mittels solcher Derivate kann molekularer Wasserstoff chemisch gebunden und dadurch leichter transportiert und gespeichert werden.
Diese Bedarfe entstünden insbesondere bis 2030 vor allem in der Stahlindustrie, der Grundstoff- und Petrochemie, in der Mobilität und Logistik sowie im Kraftwerkssektor, sowohl durch die Substitution von heute fossil gedeckten Brennstoffen als auch durch neue Herstellungsprozesse.
Ein Großteil des deutschen Wasserstoffbedarfs werde mittel- und langfristig durch Einfuhren aus dem Ausland abgedeckt. Bis 2030 liege der Importanteil bei 50 bis 70 Prozent. Deutschland werde weltweit einer der größten Wasserstoffimporteure. Ziel der Bundesregierung sei die dauerhafte „zuverlässige Versorgung mit grünem Wasserstoff“. Um den notwendigen raschen Wasserstoffhochlauf zu ermöglichen, beziehe die Importstrategie auch kohlenstoffarmen Wasserstoff in die Bedarfsdeckung mit ein.
Vorgesehen ist der Import einer „diversifizierten Produktpalette“. Neben molekularem, also gasförmigem oder flüssigem Wasserstoff, kämen diverse Derivate wie Ammoniak, Methanol, Naphtha und strombasierte Kraftstoffe infrage, außerdem Medien wie flüssige organische Träger (Liquid Organic Hydrogen Carrier, LOHC). Es sei bereits frühzeitig zu berücksichtigen, die importierten Wasserstoffderivate soweit möglich direkt zu nutzen. Die bedarfsgerechte Rückumwandlung von Derivaten in molekularen Wasserstoff werde aber auch eine wichtige Rolle spielen.
Die Bundesregierung will Importinfrastrukturen für Pipeline- und Schiffstransporte parallel aufbauen, wobei die Nutzung von Erdgasinfrastrukturen und deren Umstellung auf Wasserstoff zu Kostenersparnissen führen könne. Molekularer Wasserstoff sei besonders kostengünstig über Pipelines zu transportiert. Diese ermöglichten insbesondere Importe aus Europa und Anrainerstaaten nach Deutschland.
Für Transporte per Schiff, Schiene oder Straße kämen vor allem Wasserstoffderivate, Trägermedien und Folgeprodukte in Frage. Dies ermögliche Importe aus Weltregionen, die aus technischen und ökonomischen Gründen nicht per Pipeline angebunden werden könnten. Aktuell geplante landseitige Flüssigerdgasterminals (LNG) würden so konzipiert, dass diese nach der Nutzung Wasserstoffderivate anlanden könnten.
Der Instrumentenmix der Importstrategie setze an den verschiedenen Wertschöpfungsstufen des internationalen Wasserstoffmarktaufbaus (Upstream, Midstream, Downstream) an. Erforderlich sei
- die Schaffung von Rahmenbedingungen zur Planungssicherheit sowie Förderinstrumente auch auf Angebotsseite und Anreizsysteme
- der parallele Aufbau von pipelinebasierter Importinfrastruktur sowie von Importterminals für grenzüberschreitende Transporte von Wasserstoff und dessen Derivaten, um den Importbedarf Deutschlands zu decken
- Transparenz bei den Eigenschaften der gehandelten Wasserstoffprodukte durch Vereinbarung von weltweit einzuhaltenden Nachhaltigkeitsstandards mit internationalen Partnern
- eine breite Diversifizierung von Lieferquellen, einschließlich bi- und multilateralen Kooperationen mit einer Vielzahl an Partnerländern, -regionen und internationalen Akteuren, etwa mit Kanada und Namibia
- flankierend die Förderung von Forschungs- und Entwicklungsmaßnahmen.
In Europa gebe es gute Bedingungen für die Produktion von Wasserstoff in Nord- und Ostsee, im Mittelmeer und im Schwarzen Meer. Daher sei eine verstärkte Zusammenarbeit innerhalb der EU sowie mit EU-Anrainerstaaten, zum Beispiel mit Norwegen, Dänemark, Großbritannien oder in Ländern Nordafrikas „von großer Bedeutung“.
Import von grünem Wasserstoff
Strategische Partnerschaften etwa mit Süd- und Westafrika sowie mit Australien bildeten den Grundstein für die zukünftige Versorgung mit grünem Wasserstoff. In diesen Ländern gebe es gute Bedingungen, um Wind- und Solarstrom für die Herstellung des Energieträgers zu nutzen.
In der Hochlaufphase gebe es noch nicht genügend grünen Wasserstoff zu wettbewerbsfähigen Preisen. Zunächst müssten auch in den Exportländern die nötigen Kapazitäten einschließlich der Pipeline- und Schiffstransporte für einen weltweiten – künftig auch grünen – Wasserstoffmarkt geschaffen werden.
Die „Importstrategie für Wasserstoff und Wasserstoffderivate“ gibt es kostenfrei ausschließlich als PDF (38 Seiten).
In einer „Unterrichtung“ für den Bundestag (Drucksache 20/12410) erläutert die Bundesregierung ihre „Importstrategie für Wasserstoff und Wasserstoffderivate“. Das Papier gibt es kostenfrei als PDF (41 Seiten).
Foto oben
Für Importe per Schiff kommen vor allem Wasserstoffderivate, Trägermedien und Folgeprodukte in Frage. Aktuell geplante Flüssiggasterminals würden so konzipiert, dass diese nach der LNG-Nutzung Wasserstoffderivate anlanden und in Wasserstoff rückwandeln könnten. Foto: schwimmendes Anlandungsterminal für verflüssigtes Erdgas und dessen Rückvergasung (FSRU, Floating Storage and Regasification Unit) in Wilhelmshaven. © Zukunft Gas / Jost Listemann