(Berlin / Deutschland) – Der Bundesrat fordert von der Bundesregierung, den europäischen Aktionsplan für Stahl und Metalle „so schnell wie möglich umzusetzen“. Ziel müsse sein, „nach der Einführungsphase die Wettbewerbsfähigkeit von grünem Stahl möglichst bald über geeignete Marktrahmenbedingungen sicherzustellen“. Hierzu gehöre eine wirksame CO2-Bepreisung sowie ein geeigneter Marktrahmen sowohl für die Produktion grünen Wasserstoffs gemäß der Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED II) als auch für mit Wasserstoff hergestellte Produkte insgesamt.

Falsche Richtung: Erst kürzlich hatte der Stahlkonzern ArcelorMittal alle Pläne gestoppt, in den Werken Bremen (Foto) und Eisenhüttenstadt grünen Wasserstoff zur Eisenproduktion zu nutzen. Begründung: Die „politischen, energie- und marktbezogenen Rahmenbedingungen“ hätten sich „nicht in die erhoffte Richtung entwickelt“. © ArcelorMittal SA
Die Zukunftsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit der Stahlindustrie in Deutschland sei nachhaltig zu sichern und müsse durch Senkung der Strompreise, etwa bei den Übertragungsnetzentgelten, entlastet werden. Laut „Action Plan“ der EU-Kommission seien die Strompreise in der EU zwei- bis dreimal höher als in den USA, die Gaspreise sogar fünfmal höher als in den Vereinigten Staaten.
„Um erneuerbare Energien in ein sicheres und wettbewerbsfähiges System integrieren zu können, müssen Transport und Speicherinfrastrukturen zügig ausgebaut werden“, heißt es der Entschließung weiter. Außerdem sollten die Leitmärkte für klimafreundliche und -neutrale Produkte gestärkt und der rasche Ausbau einer grenzüberschreitenden Wasserstoffinfrastruktur beschleunigt werden, damit die Stahlindustrie kostengünstig grünen Wasserstoff beziehen könne.
Der Bundesrat unterstützt eine Überprüfung, wie auf europäischer Ebene weiterhin pragmatische Kriterien für grünen und kohlenstoffarmen Wasserstoff etabliert werden können. „Ein unbürokratisches Zertifizierungssystem ist entscheidend, um den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft erfolgreich voranzutreiben.“ Zudem brauche es insbesondere für die Stahlindustrie zielgerichtete staatliche Absicherungsinstrumente, um notwendige Langfristverträge für den Wasserstoffbezug zu ermöglichen.
Länderkammer fordert „Stahlgipfel“
Es sei sicherzustellen, dass erforderliche Einfuhren aus Drittstaaten und aus Grenzregionen nicht regulatorisch gehemmt würden. Die lokale Wasserstoffproduktion dürfe gleichzeitig ihre Wettbewerbsfähigkeit nicht verlieren. Darüber hinaus weist der Bundesrat darauf hin, dass die Direktreduktion von Eisenerz durch Erdgas als Übergangstechnologie zu Wasserstoff klima- und industriepolitisch der aktuell vorherrschenden Stahlerzeugung mit Koks als Reduktionsmittel vorzuziehen ist.
Die Länderkammer fordert die Bundesregierung auf, unmittelbar einen Stahlgipfel mit allen Unternehmen und Standort-Ländern in Deutschland, die vor der Transformation stehen, anzusetzen, um „gemeinsam diese aktuellen Herausforderungen zur Sicherung des Stahlstandortes Deutschland in konkrete politische Handlungsschritte zu überführen und adäquate Antworten auf momentane Umsetzungshemmnisse zu geben“.
In Deutschland arbeiten die Stahlkonzerne Salzgitter AG und Thyssenkrupp AG seit geraumer daran, ihre Produktionsprozesse von Koks auf (perpektivisch grünen) Wasserstoff umzustellen. Im Juni stoppte ArcelorMittal S.A. sein seit Jahren verkündetes und von EU, Bund und Ländern mit 1,3 Milliarden Euro gefördertes Vorhaben, in den Stahlwerken Bremen und Eisenhüttenstadt ebenfalls Wasserstoff zur Eisen- und Rohstahlproduktion zu nutzen – zum großen Unmut der betroffenen und auf Transformation hoffenden Länder und Gemeinden (wir berichteten).
Die Entschließung des Bundesrates wird der Bundesregierung übermittelt. Gesetzliche Vorgaben, wann und wie diese sich mit den Vorschlägen auseinanderzusetzen hat, gibt es nicht.
Der Wortlaut „Umsetzung des europäischen Aktionsplans für Stahl und Metalle zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit und Dekarbonisierung der Stahl- und Metallindustrie“ ist als PDF abrufbar (7 Seiten).
Den Wortlaut des „European Steel and Metals Action Plan“ der EU-Kommission gibt es als PDF (19 Seiten).
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Der Bundesrat fordert von der Bundesregierung einen Stahlgipfel und den Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur zugunsten der Industrie. Im Bild: Coillager des Stahlkonzerns Salzgitter AG, der sein Werk im Salcos-Projekt auf grünen Wasserstoff zur Produktion von Roheisen umrüstet. © Salzgitter AG