(Lingen) – Der Mineralölkonzern BP plc will den Standort Lingen in Niedersachsen bis 2030 von einer konventionellen Raffinerie zu einem „integrierten Energiezentrum“ entwickeln. Dies erklärte der Konzern im Beisein von Olaf Lies, niedersächsischer Minister für Wirtschaft, Verkehr, Bau und Digitalisierung anlässlich des 70-jährigen Jubiläums der Raffinerie.

In Lingen will BP einen Elektrolyseur für grünen Wasserstoff installieren, wartet aber noch auf IPCEI-Fördermittel. © BP plc

Ein Schwerpunkt liege künftig auf der Produktion von Biokraftstoffen und grünem Wasserstoff. „Abhängig von der zukünftigen Marktentwicklung und möglichen Skalierungsoptionen“ plant BP dafür einen mittleren bis hohen dreistelligen Millionenbetrag zu investieren. Der Umbau der bisher konventionellen Raffinerie sei der nächste Schritt, um sich einem veränderten Marktumfeld anzupassen, sagte Patrick Wedeler, Geschäftsführer der BP Europa SE.

Flugkraftstoff aus Speiseöl und Rohöl

Seit Februar 2022 wird in Lingen bereits „nachhaltiger“ Flugkraftstoff aus gebrauchtem Speiseöl produziert. Dabei würden die biogene Komponente gemeinsam mit Rohöl in den Anlagen verarbeitet.

Im September starte ein Versuch zum Einsatz eines weiteren biogenen Einsatzstoffes im Raffinerieprozess. Mit dem Öl der auch in gemäßigten Klimazonen schnell wachsenden Ölsaatpflanze Carinata („äthiopischer Senf“) erhöhe man „die Verfügbarkeit von nachhaltigeren Rohstoffen für die biogene Verarbeitung erheblich“.

Grauen durch grünen Wasserstoff ersetzen

Die Umgestaltung der Raffinerie erfordere nicht nur eine Anpassung der Anlagen vor Ort, sondern auch der Energiequellen. In Zukunft solle grauer Wasserstoff, der derzeit für verschiedene industrielle Prozesse vor Ort verwendet wird, schrittweise durch grünen Wasserstoff ersetzt werden. Im Rahmen des Projekts „Lingen Green Hydrogen“ wolle das Unternehmen einen 100-Megawatt-Elektrolyseur installieren, der später auf mehr als 500 Megawatt aufgestockt werden könne, um mehrere Tonnen grünen Wasserstoff pro Stunde zu produzieren.

Die 1953 eröffnete Raffinerie Lingen diente in erster Linie dazu, das einst in Niedersachsen geförderte Rohöl zu verarbeiten. Im Jahr 2022 wurde in Schleswig-Holstein ein Großteil des hiesigen Erdöls gefördert (eine Million Tonnen), gefolgt von Niedersachsen (600.000 Tonnen). Beide Bundesländer zusammen fördern rund 90 Prozent der deutschen Gesamtproduktion, so der Bundesverband Erdgas und Erdöl e.V. © BP plc

Das Vorhaben befinde sich in einem „fortgeschrittenen Planungsstadium“ und der Konzern wartet offenbar auf die Zusage einer IPCEI-Förderung von der Europäischen Kommission. Im Falle einer Genehmigung noch in diesem Jahr könne der Elektrolyseur Anfang 2026 in Betrieb genommen werden. Der benötigte Strom solle zumindest „perspektivisch“ aus zwei Offshore-Windprojekten in der Nordsee stammen, wofür BP im Juli den Zuschlag erhalten hatte. Ob der Wasserstoff auch schon vor Fertigstellung der Windparks mittels grünem Strom produziert wird, bleibt unklar.

Die industrielle Erdölförderung in Deutschland begann 1858 im niedersächsischen Wietze westlich von Celle. © BP plc

Die 1953 eröffnete Raffinerie Lingen diente in erster Linie dazu, das einst in Niedersachsen geförderte Erdöl vor Ort zu verarbeiten. Sie  gehört seit 2002 zu BP. 750 Leute verarbeiten dort rund fünf Millionen Tonnen Rohöl pro Jahr zu Kraftstoffen, Heizöl und chemischen Vorprodukten für Groß- und Zwischenhandel sowie für Tankstellen.

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BP-Raffinerie in Lingen: Der Schwerpunkt an diesem Standort soll künftig bei Flugkraftstoff und Wasserstoff liegen, verkündete der Mineralölkonzern. © BP plc