(London / Großbritannien) – Die weltweiten Investitionen in erneuerbare Energien summierten sich in der ersten Jahreshälfte 2022 auf 226 Milliarden Dollar (222 Milliarden Euro). Dies bedeutet – trotz aller Probleme in den Lieferketten durch Corona und russischem Überfall auf die Ukraine – ein Plus von elf Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres. „Der Anstieg der Investitionen spiegelt die steigende Nachfrage nach sauberer Energie zur Bewältigung der aktuellen globalen Energie- und Klimakrise wider“, so die Analysten von BloombergNEF (BNEF) in ihrem jetzt veröffentlichten „Renewable Energy Investment Tracker 2H 2022“.

Rekordinvestitionen in Photovoltaik

Die Investitionen in neue Solarprojekte stiegen weltweit auf einen Rekordwert von 120 Milliarden Dollar (118 Milliarden Euro), ein Plus von 33 Prozent gegenüber den ersten sechs Monaten im vergangenen Jahr. Die Finanzierung von Windkraftprojekten stieg im Vergleich zum ersten Halbjahr 2021 um 16 Prozent auf 84 Milliarden Dollar (82 Milliarden Euro). „Beide Sektoren wurden in letzter Zeit durch steigende Kosten für wichtige Materialien wie Stahl und Polysilizium sowie durch Unterbrechungen der Lieferkette und steigende Finanzierungskosten beeinträchtigt“, so das Beratungsunternehmen. Die aktuellen Zahlen seien demnach auch „zum Teil auf die sehr hohen Energiepreise zurückzuführen“, die derzeit auf vielen Märkten der Welt zu beobachten sind. Aus den genannten Summen lässt sich somit nicht unmittelbar die Anzahl der finanzierten Projekte oder gar die zu installierende Leistung ableiten.

Chinas führt weiterhin bei PV-Investitionen

Der größte Markt für erneuerbare Energien ist China. Die Investitionen in Photovoltaikprojekte im Industriemaßstab betrugen im ersten Halbjahr 2022 weltweit 66 Milliarden Dollar (plus 27 Prozent). China investierte insgesamt 41 Milliarden Dollar (plus 173 Prozent) in den PV-Sektor. Das wichtigste Geschäft im ersten Halbjahr war laut BNEF die Finanzierung des Baus einer 1.300-Megawatt-Photovoltaikanlage in der Provinz Hubei in Höhe von 1,1 Milliarden Dollar durch Huanggang Dabieshan Power Generation Co Ltd und Macheng Energy Investment Development Co Ltd.

Bei Windkraftprojekten lagen die Investitionen Chinas bei 58 Milliarden Dollar (plus 107 Prozent). Weltweit waren es 124 Milliarden Dollar (122 Milliarden Euro). Das größte Einzelprojekt war im Berichtszeitraum die Finanzierung des 1.000-Megawatt-Offshore-Windparks Yangjiang Shapa Qingzhou in Höhe von 2,1 Milliarden Dollar des staatlichen Projektentwicklers Three Gorges Corporation.

Chinas derzeit schwache Wirtschaft werde seit Jahresbeginn insbesondere durch grüne Infrastrukturprojekte angekurbelt, sagt Nannan Kou, Leiter der China-Analytik von BNEF. „Der Trend des Investitionswachstums folgt Chinas Strategie, neue erneuerbare Erzeugungskapazitäten aufzubauen, um die bestehende Kohleflotte zu ersetzen.“ China sei „auf gutem Weg, sein Ziel von 1.200 Gigawatt Wind- und Solarkapazität bis 2030 zu erreichen“.

Offshore-Wind wuchs um 52 Prozent

Die Investitionen in den Einzelsektor Offshore-Windkraft stiegen gegenüber dem Vorjahr um 52 Prozent auf 32 Milliarden Dollar. Die installierte Leistung werde sich von 53 Gigawatt im Jahr 2021 auf 504 Gigawatt im Jahr 2035 verzehnfachen, ist Chelsea Jean-Michel, Analystin für Offshore-Windkraft bei BNEF, überzeugt. „Die Investitionen im Jahr 2022 fließen in Projekte, die in den nächsten Jahren ans Netz gehen. Offshore-Windprojekte ermöglichen es Unternehmen und Regierungen, ihre Dekarbonisierungsziele in großem Umfang zu verwirklichen.“

Rückgang bei Aktienemissionen

Der „Renewable Energy Investment Tracker“ umfasst sowohl Projektinvestitionen als auch die Mittelbeschaffung von Unternehmen. Neben dem Boom bei den Projektinvestitionen wurde in der ersten Jahreshälfte auch ein neuer Rekord bei den Risikokapital-Investitionen in erneuerbare Energien und Energiespeicherung erreicht. Den Angaben zufolge gab es hier ein Plus von 63 Prozent gegenüber dem Vorjahr auf 9,6 Milliarden Dollar (9,4 Milliarden Euro).

Einen Rückgang von 65 Prozent verzeichnete BNEF demgegenüber bei den Aktienemissionen von Unternehmen im Bereich der erneuerbaren Energien. Die Erlöse beliefen sich auf 10,5 Milliarden Dollar (10,34 Milliarden Euro). Im zweiten Quartal 2022 lagen die Einnahmen aus den Emissionen mit 3,9 Milliarden Dollar den Angaben zufolge auf dem niedrigste Wert seit dem zweiten Quartal 2020.

Zu den größten Emissionären gehörten wiederum die chinesischen Firmen Tongwei Co Ltd. (Stromerzeuger, 1,9 Milliarden Dollar), Jinko Solar (Photovoltaik, 1,6 Milliarden Dollar) sowie Sany Heavy Energy Co Ltd. (Windkraftanlagen, 837 Millionen Dollar).

Nachfrage nach Erneuerbaren steigt trotz der Probleme bei den Lieferketten

„Trotz des Gegenwinds durch die anhaltende Kosteninflation und die Herausforderungen in der Lieferkette war die Nachfrage nach sauberen Energiequellen noch nie so hoch“, resümiert Albert Cheung, Leiter der Analyseabteilung bei BloombergNEF. Er erwarte, dass die globale Energiekrise den Übergang zu sauberer Energie weiter beschleunigen werde: „Die politischen Entscheidungsträger erkennen zunehmend, dass erneuerbare Energien der Schlüssel zur Erreichung von Energiesicherheitszielen und zur Verringerung der Abhängigkeit von volatilen Energierohstoffen sind.“

BNEF: „Renewable Energy Investment Tracker 2H 2022“. Eine kostenfreie Kurzfassung gibt es unter diesem Link.

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Investitionen in Wind und PV steigen weltweit auf neue Rekorde. © Internationale Energie Agentur

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Bei den Investitionen schlägt der Wirtschaftsraum Asien ganz klar Amerika und EMEA (Europa, Naher Osten, Afrika). © BloombergNEF